Das Vermächtnis der Spione (Ein George-Smiley-Roman, Band 9) – John le Carré

AutorJohn le Carré
Verlag Ullstein Hardcover
Erscheinungsdatum 13. Oktober 2017
FormatGebundene Ausgabe
Seiten320
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3550050121

„Das Vermächtnis der Spione“ von John le Carré ist ein klassischer Spionageroman aus der Welt der Geheimdienste während der Zeit des Kalten Krieges und nimmt direkten Bezug zu seinem Roman „Der Spion, der aus der Kälte kam“.

Inhalt

Der Roman beginnt im Jahr 2017. Peter Guillam, der ehemalige Assistent von George Smiley, einem der wichtigsten Spione des „Service“, des britischen Geheimdienstes, ist längst im Ruhestand und lebt auf seinem Bauernhof in der Bretagne. Da erhält er einen Brief aus London, er möge in einer wichtigen Angelegenheit und zum Zweck einer Stellungnahme sofort in die Zentrale des Service nach London kommen.

Was mit einem höflichen Gespräch beginnt, ist eine versuchte Aufdeckung der Operation Windfall. Damals, im Jahr 1961, war Alec Leamas, ein britischer Meisterspion,  zusammen mit seiner Freundin Elizabeth Gold bei einem angeblichen Fluchtversuch vor der Berliner Mauer erschossen worden.

 Auch wenn die Akten leer bis lückenhaft sind, versuchen Bunny und Laura, die Anwälte des Service, Peter Guillam dazu zu bewegen, ihnen die Wahrheit über diese Operation zu erzählen. Guillam war als Assistent von George Smiley in diese Operation mit einbezogen und außerdem war Alec Leamas nicht nur ein Kollege, sondern Peters Freund. Der britischen Regierung droht eine öffentliche Anklage samt Untersuchungsausschuss, veranlasst vom Sohn von Alec Leamas und der Tochter von Liz Gold. Da George Smiley selbst nicht auffindbar ist, soll Peter Guillam als Hauptschuldiger angeklagt werden.

Wird es gelingen, die in der Vergangenheit begrabene Operation Windfall und die wahren Hintergründe aufzuklären? Was ist damals wirklich geschehen – zu viele Fragen sind noch offen …

Thema, Handlung und Schreibstil

Der Roman „Das Vermächtnis der Spione“ erweckt die Ereignisse der Zeit des Kalten Krieges und insbesondere die Einsätze der britischen Spione in der damaligen DDR nochmals zum Leben. Der Zeitrahmen liegt zwischen 1957 und 1961. Erzählt wird aus Sicht von Peter Guillam in der Ich-Form. Da er natürlich viele Dinge in diesem Geflecht der Geheimdienste, sich konkurrierender Abteilungen und Personen, nicht wissen konnte, werden seine Erinnerungen durch Berichte, Akten, Briefe ergänzt. Dieser Wechsel der Perspektive wird vom Autor gekonnt als Spannungsmittel eingesetzt, aber auch, um viele menschliche Zwischennuancen zu erfassen.

„Wie weit können wir in der Verteidigung unserer westlichen Werte gehen, ohne diese Werte preiszugeben?“ Diese Grundfrage der Menschlichkeit in der grausamen, gefährlichen Welt der Spionage zieht sich durch alle Geschehnisse und Handlungen dieses Romans, der Operation Windfall.

Dem Autor John le Carré ging es nie darum, nur seine Erfahrungen aus seiner eigenen Zeit beim britischen Geheimdienst in spannende Thriller zu fassen, sondern er ist ein Meister der Zwischentöne, der Hintergründe seiner Geschichten, darauf bedacht, dass die komplexen Zusammenhänge ein realitätsnahes Gesamtbild eines möglichen Vorfalls ergeben. Spione werden hier nicht verherrlicht, sondern folgen ihren Aufträgen, müssen oft improvisieren und sind definitiv keine James-Bond-artigen Helden.

Der Hauptprotagonist ist diesmal eindeutig Peter Guillam, auch wenn George Smiley, der „rundliche, bebrillte, stets bekümmerte“ Spion, den ganzen Roman hindurch im Hintergrund präsent ist, bzw. durch die Rückblenden, Briefe, Akten, Erinnerungen immer wieder in den Vordergrund geholt wird. Zu Peter Guillam sagt er: „Sie waren ein loyaler Gefolgsmann. Es gehörte nicht zu Ihrem Job zu fragen, warum jeden Morgen die Sonne aufgeht.“

Das Coverbild weist auf eine weitere Hauptprotagonistin hin, Doris Gamp. Sie lebt in Ostberlin und gibt Informationen an den britischen Geheimdienst weiter, meistens über Peter Guillam. Ihr Codename ist TULIP.

Die handelnden Personen, sowohl in der Vergangenheit, als auch in der Gegenwart, sind schnörkellos beschrieben und ihre Handlungen sind nachvollziehbar.

Fazit

Ganz sicher ein Roman für Leser, die auch schon andere Bücher der Serien um den Spion George Smiley gelesen haben. Auf Grund der sich ohnedies aus den Rückblenden ergebenden Handlung kann „Das Vermächtnis der Spione“ natürlich auch von am Genre Spionage und Kalter Krieg Interessierten gelesen werden, die noch keinen anderen Roman von John le Carré kennen. Meiner Meinung nach sollte man jedoch zumindest „Der Spion, der aus der Kälte kam“ vorher lesen, einerseits um schneller mit der Geschichte vertraut zu werden, andererseits, weil diese völlig andere Sichtweise der damaligen Ereignisse dieses neue, finale Buch der Serie noch interessanter macht.

Durst (Ein Harry-Hole-Krimi, Band 11) – Jo Nesbø

AutorJo Nesbø
Verlag Ullstein Hardcover
Erscheinungsdatum 15. September 2017
FormatGebundene Ausgabe
Seiten624
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3550081729

„Der vielleicht beste, vielleicht schlechteste, aber auf jeden Fall berüchtigtste Mordermittler der Osloer Polizei“ (Zitat)

Inhalt

Harry Hole, ist nicht mehr aktiv, sondern führt ein ruhiges Leben mit seiner Frau Rakel. Er hält Vorlesungen an der Polizeihochschule Oslo.

Da geschieht ein Mord: eine Frau wird ermordet und kurz darauf eine zweite. Eine erste Spur führt zur mobilen-Dating-App Tinder; über diese App nimmt der Mörder mit seinen Opfern Kontakt auf. Die bewusste Inszenierung deutet auf einen Serienmörder hin, aus Sicht des Psychologen Hallstein Smith handelt es sich um eine Form von Vampirismus.

Mikael Bellmann, Polizeipräsident und früherer Chef von Harry Hole setzt diesen unter Druck, die Suche nach dem Täter aufzunehmen. Harry Hole soll eine eigene kleine Gruppe zusammenstellen, welche parallel zum großen Ermittlerteam der Osloer Polizei tätig ist. Hole lehnt zuerst ab, doch immer deutlicher zeichnet sich ab, dass der Gesuchte genau jener einzige Serientäter sein könnte, der nie gefasst werden konnte „der Mörder will spielen“. Harry Hole is back und stellt sein Team zusammen: er selbst, Bjorn Holm, Anders Wyller, und Hallstein Smith, Psychologe. Die Zeit drängt, der Mörder kann jederzeit sein nächstes Opfer suchen.

Handlung, Genre und Schreibstil

Jo Nesbø bleibt seinem Stil des literarischen Kriminalromans treu. Die Sprache ist erzählend und die Handlungsschauplätze sind präzise beschrieben, seine Figuren gut durchdacht. Der Handlungszeitraum ist knapp gefasst, die Kapitel sind nicht nur in Tage, sondern sogar in Tageszeiten geordnet, was die Spannung erhöht und die Handlung vorantreibt. Der Autor nimmt sich Zeit für Ruhemomente, steigert dann wieder die Spannung und setzt überraschende Wendungen ein; wir Leser müssen unsere eigenen Vermutungen deshalb mehrmals überdenken.

Viele der Charaktere sind den Lesern aus früheren Harry Hole Fällen bekannt und vertraut, doch sie sind so genau beschrieben, dass man die früheren Bücher dieser Serie nicht unbedingt gelesen haben muss. Neu ist der junge Ermittler Anders Wyller, dessen großes Vorbild Harry Hole ist. Harry Hole selbst scheint teilweise etwas zur inneren Ruhe gekommen zu sein, doch der Schein trügt – er bleibt er selbst.

„Durst“ ist ein Musterbeispiel für eine Erzählung, welche alle Prinzipien des Storytelling  kennt, perfekt einsetzt, gelungen umsetzt, die einzelnen Figuren bewusst auf ihre Plätze stellt – und hier liegt für mich das Problem – es ist alles so perfekt, dass die einzelnen Charaktere mich nicht wirklich berühren, auch sind mehrere Details nicht ganz logisch, müssen aber so sein, damit der Plot weitergehen kann.

Fazit

Ein spannender, auch sprachlich sehr gut gelungener Kriminalroman, lesenswert nicht nur für Harry Hole Fans, sondern für alle Freunde skandinavischer Kriminalliteratur.