Die Schrift – Simon Sailer

AutorSimon Sailer
IllustrationenJorghi Poll
Verlag Edition Atelier
Erscheinungsdatum 3. September 2020
FormatGebundene Ausgabe
Seiten120
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3990650394

„Wer sich vor zehn Jahren für alte ägyptische Schriften interessierte, kannte Leo Buri. Heute will sich niemand mehr erinnern. Das heißt: abgesehen von mir.“ (Zitat Seite 7)

Inhalt

Dr. Leo Buri ist Ägyptologe und arbeitet im Archiv des Instituts für Ägyptologie in Wien. Alte Schriften faszinieren ihn, aber nicht wegen der Inhalte, sondern wegen der Schrift selbst. Er ist ein hervorragender Zeichner, vereinfacht Motive zu eigenen Symbolen, arbeitet an einer universell einsetzbaren Schrift. Eines Tages erhält er ein Kuvert mit einem vergilbten Blatt Papier, das von Zeichen einer geheimnisvollen, ihm völlig unbekannten Schrift bedeckt ist. Damit ist sein bisher beschauliches Leben in Wien abrupt zu Ende: seine Ehefrau verlässt ihn plötzlich, er muss Wien verlassen, landet in Brüssel, später in London und danach in den USA. Menschen wenden sich plötzlich von ihm ab, nur das Blatt Papier mit der unbekannten Schrift und das Rätsel um diese geheimnisvollen Zeichen und die Botschaft dahinter lassen ihn nicht mehr los.

Thema und Genre

In diesem modernen Schauerroman geht es um Sprache, Schriftzeichen, Zufälle, geheimnisvolle Botschaften und menschliches Verhalten.

Charaktere

Der Ägyptologe Leo Buri ist von Schriften und Schriftzeichen fasziniert. Sein zuvor ruhiges, zufriedenes Leben wird zur Obsession, als er in den Bann einer für ihn nicht deutbaren unbekannten Schrift gerät.

Handlung und Schreibstil

Die Geschichte von Leo Buri wird von einem Bekannten seines Freundes Peter erzählt und der Ich-Erzähler hält schon zu Beginn seiner Geschichte fest, dass sich außer Peter in Wien niemand mehr an den Ägyptologen erinnern kann. Peter war es auch, der dem Ich-Erzähler von Leos Verschwinden berichtete, Fragen nach Details jedoch nicht beantworten konnte oder wollte. Nach Peters Tod findet der Ich-Erzähler weitere Dokumente in dessen Nachlass und fügt diese Fragmente zu der vorliegenden Geschichte zusammen. Nicht nur die Geschichte wirft Fragen auf, auch der Ich-Erzähler selbst ist geheimnisvoll, denn wir wissen nichts von ihm, hat er die Geschichte erfunden, mit eigenen Gedanken und Vermutungen ergänzt, oder hat sie sich tatsächlich so ähnlich zugetragen. Greifbar und real ist jedoch die von diesem Verlag gewohnte, qualitativ und handwerklich hochwertige Gestaltung dieses Buches, gebunden, mit Lesebändchen. Jorghi Poll ergänzt den Text perfekt mit seinen aussagekräftigen, ganzseitigen Illustrationen.

Fazit

Eine rätselhafte, geheimnisvolle Geschichte über eine ebenso rätselhafte, geheimnisvolle Schrift mit viel Raum für einige Ideen, Interpretationen und Fragen, wie: was wäre eigentlich passiert, wenn … .

DUNKEL – Ragnar Jónasson

AutorRagnar Jónasson
Verlag btb Verlag
Erscheinungsdatum 25. Mai 2020
FormatBroschiert
Seiten384
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3442758609

„Dabei musste Hulda in Wahrheit nicht mal überlegen: Es gab einen unaufgeklärten Todesfall, der förmlich danach schrie, ihn sich wieder vorzunehmen.“ (Zitat Seite 36)

Inhalt

Hulda Hermannsdóttir ist bekannt dafür, im Job kompetent, präzise und freundlich zu sein. Privat ist die Kommissarin bei der Polizei Reykjavík in diesem Monat Mai erschöpft und deprimiert, denn sie wird demnächst fünfundsechzig Jahre alt und dies bedeutet, dass sie Ende des Jahres in Pension gehen muss. Doch nun wird sie sogar frühzeitig in den Ruhestand geschickt, innerhalb von zwei Wochen muss sie ihren Schreibtisch räumen. Während dieser Zeit darf sie einen unaufgeklärten Altfall bearbeiten. Sofort denkt sie an den Fall der jungen Elena, eine russische Asylsuchende, die tot in einer felsigen Bucht gefunden worden war. Weder der ermittelnde Kollege noch die Medien interessierten sich für das Schicksal dieser Frau, die in Island ein besseres Leben gesucht und den Tod gefunden hatte. Hulda beginnt zu ermitteln. Doch die Suche nach der Wahrheit ist schwierig und gefährlicher, als sie es sich vorstellen konnte.

Thema und Genre

In diesem packenden isländischen Thriller geht es um die schwierige Situation von Asylsuchenden zwischen Hoffnung und Abschiebung, besonders, wenn es sich um junge Frauen handelt. Wichtige Themen sind Kindheitserlebnisse, die prägend für das weitere Leben sind, problematische Mutter-Tochter-Beziehungen, Verlust, Enttäuschung, Einsamkeit.

Charaktere

Hulda Hermannsdóttir ist eine Frau, in deren Leben der Beruf im Mittelpunkt steht. Die plötzliche, vorgezogene Pensionierung, das Gefühl, in dieser von Männern dominierten Polizeiarbeit für zu alt und nicht mehr kompetent gehalten zu werden, beschäftigt und blockiert sie und führt zu Fehleinschätzungen bei ihren Ermittlungen. Privat lebt sie in selbst gewählter Zurückgezogenheit, denkt aber über eine mögliche neue Beziehung nach. Doch zuvor will sie unbedingt diesen cold case lösen.

Handlung und Schreibstil

Der Zeitraum der aktuellen Handlung umfasst nur drei Tage, drei in Kapitel unterteilte Hauptteile. Parallel zur Haupthandlung verlaufen zwei weitere Geschichten, die ebenfalls chronologisch geschildert werden. Sie haben einen direkten Bezug zum aktuellen Geschehen und legen in kleinen Abschnitten immer mehr Hintergrundinformationen offen. Unvorhersehbare Wendungen überraschen und erhöhen die Spannung. Diese wird durch die Sprache verstärkt und der Autor schildert so gekonnt das Leben der Menschen und beschreibt so eindrücklich die raue Natur in Island, dass man beim Lesen sofort in diese düstere, beklemmende Welt eintaucht. Genial ist die Idee, die Hidden Iceland Trilogie mit einem ersten Band zu beginnen, der inhaltlich der letzte ist.

Fazit

Ein düsterer, packender und sehr komplexer Thriller mit einer facettenreichen, ungewöhnlichen Ermittlerin, die man gerade deshalb sofort ins Herz schließt. Eine großartige Geschichte, wenn man das Genre Nordic Noir zu schätzen weiß.