American Dirt – Jeanine Cummins

AutorJeanine Cummins
Verlag Rowohlt Taschenbuch
Erscheinungsdatum 21. April 2020
FormatTaschenbuch
Seiten560
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3499276828

„Was auch immer geschieht, niemand anders in ihrem Leben wird je die Qualen dieser Pilgerreise verstehen, die Menschen, die sie kennengelernt haben, die Angst, die immer mit ihnen reist, die Trauer und die Müdigkeit, die an ihnen nagen.“ (Pos. 3828)

Inhalt

Sebastián Pérez Delgado ist Journalist und seit zehn Jahren mit der Buchhändlerin Lydia verheiratet. Mit ihrem achtjährigen Sohn Luca führen sie ein glückliches Leben in Acapulco. Bis Sebastián in einem Artikel umfassend über Javier Crespo Fuentes berichtet, einem charmanten, belesenen Mann, der gleichzeitig als Boss des mächtigen Drogenkartells Los Jardineros für unzählige, grausame Morde verantwortlich ist. Was folgt, ist ein Blutbad bei einem großen Fest von Sebastiáns Familie, nur Lydia und Luca können entkommen. Lydia weiß, dass sie so rasch wie möglich so viele Tausende Kilometer wie möglich zwischen sich und Javier bringen muss. Ihre einzige Chance ist der Norden, die US-Mexikanische Grenze.

Thema und Genre

Ausgehend von der Schilderung des mexikanischen Alltags im Schatten der mächtigen Drogenkartelle, ist das Hauptthema dieser Mischung aus Roman und Thriller mit realem Hintergrund die Situation der Migranten aus Zentralamerika. Beschrieben werden die Ursachen und die extrem gefährliche Reise durch Mexiko auf dem berüchtigten Güterzug La Bestia bis zur beinahe unmöglichen illegalen Überschreitung der amerikanischen Grenze. Doch gleichzeitig geht es auch um Menschlichkeit, Hoffnung, Freundschaft und Liebe.

Charaktere

Lydia war glücklich mit ihrem Leben und ihrer gemütlichen Buchhandlung, doch als sie sich der neuen Situation stellen muss, ist sie mutig, erfinderisch, selbstlos und bereit, das Leben ihres Sohnes um jeden Preis zu schützen. Die Flucht lässt dem kleinen Luce keine Zeit, das Erlebte irgendwie zu verarbeiten, dennoch bleibt er auch Kind, lebhaft, hilfsbereit, neugierig, andererseits fühlt er sich als tapferer Beschützer seiner Mutter. Alle Personen der Handlung sind, obwohl fiktiv, glaubwürdig und realistisch beschrieben. In einzelnen Erlebnissen zeigen sich beide Seiten, Menschen in den Dörfern und Städten auf der Route die helfen, und Menschen, die auch auf diesem Weg nicht vor Verbrechen zurückschrecken.  

Handlung und Schreibstil

Das Buch ist ein spannender Roman und Thriller, eine authentische Schilderung der gefährlichen, oft tödlichen Reise der Migranten, die hoffen, auf den Waggondächern von Güterzügen nach el Norte zu kommen, um von dort aus auf ebenso lebensgefährlichen Schleichwegen nach Amerika zu gelangen. Die Geschichte wird in einer personalen Erzählform geschildert, aus der Sicht von Lydia oder auch aus der Sicht von Luca. Die Zeit drängt, dieser straffe Zeitrahmen der Flucht macht die Handlung intensiv, dicht und packend. Die Sprache ist auch in der Übersetzung beeindruckend zu lesen.

Fazit

Die Flucht von Lydia und Luca ist das Kernstück für eine weit größere Geschichte, die verzweifelte, beinahe aussichtslose Reise von Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen ihre Heimat verlassen und auf ein besseres, sicheres Leben in Amerika hoffen, ein Land, das gerade Menschen wie sie nicht haben will. Ein intensiv recherchierter, packender, eindrücklicher und einfühlsamer Roman zwischen Angst, Brutalität, Willkür und Freundschaft, Menschlichkeit, Liebe.

Der Attentäter – Ulf Schiewe

AutorUlf Schiewe
Verlag Bastei Lübbe
Erscheinungsdatum 27. November 2019
FormatTaschenbuch
Seiten512
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3404179039

„Ich danke Ihnen für die Besorgnis um unseren Thronfolger. Aber wegen ein paar Gerüchten können wir nicht die Reise absagen.“ (Zitat Seite 230)

Inhalt

Mlada Bosna ist eine serbisch-nationalistische Organisation junger bosnischer Serben, die mit allen Mitteln für ein vereinigtes Großserbien kämpfen. Auch der neunzehnjährige Gavrilo Princip und seine beiden gleichaltrigen Freunde Nedeljko und Trifko gehören zu dieser Vereinigung. Intensiv geschult und ausgebildet durch Mitglieder des serbischen Geheimbundes Schwarze Hand, bereiten sie ab März 1914 einen Anschlag auf das österreichische Thronfolgerpaar vor. Ausgerechnet am 28. Juni, dem serbischen Gedenktag an die Schlacht auf dem Amselfeld, werden Erzherzog Franz Ferdinand und seine Gattin Sophie Sarajevo besuchen. Immer wieder hört Major Rudolf Markovic vom österreichischen Geheimdienst Gerüchte über ein geplantes Attentat, doch ein Thronfolger lässt sich nicht durch Gerüchte beeinflussen. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt…

Thema und Genre

Dieser historische Thriller handelt von dem Anschlag am 28. Juni 1914 auf das österreichische Thronfolgerpaar, auf die politischen Zusammenhänge und die massiven Fehleinschätzungen, die dazu geführt haben, dass dieses Attentat nicht verhindert wurde.

Charaktere

Ein Ereignis, das bereits ob seiner geschichtlichen Tragweite in zahlreichen Biografien, Sachbüchern und Dokumentationen geschildert und im Jahr 2014 nochmals intensiv diskutiert wurde. Ein Anschlag, bei dem Tatzeit, Täter, Opfer, Tathergang und Hintergründe bekannt sind, wir Leser wissen schon vorab, was passieren wird. Dennoch entwickelt der Autor aus diesen Tatsachen eine intensive, packende, neue Geschichte.  Unterschiedliche Perspektiven, eine personale Erzählweise, die abwechselnd Gavrilo Princip und die Vorbereitungen des Attentats, Erzherzog Franz Ferdinand und die Reise, sowie Rudolf Markovic und seine Recherchen in den Mittelpunkt stellt, sowie die straffen Zeitangaben mit teilweise minütlich gleichzeitigen Geschehnissen machen aus diesem Roman der Fakten, vermischt mit etwas Fiktion, ein Leseerlebnis, das man am besten mit „Geschichte lebt“ beschreiben kann.

Handlung und Schreibstil

Ein Ereignis, das bereits ob seiner geschichtlichen Tragweite in zahlreichen Biografien, Sachbüchern und Dokumentationen geschildert und im Jahr 2014 nochmals intensiv diskutiert wurde. Ein Anschlag, bei dem Tatzeit, Täter, Opfer, Tathergang und Hintergründe bekannt sind, wir Leser wissen schon vorab, was passieren wird. Dennoch entwickelt der Autor aus diesen Tatsachen eine intensive, packende, neue Geschichte.  Unterschiedliche Perspektiven, eine personale Erzählweise, die abwechselnd Gavrilo Princip und die Vorbereitungen des Attentats, Erzherzog Franz Ferdinand und die Reise, sowie Rudolf Markovic und seine Recherchen in den Mittelpunkt stellt, sowie die straffen Zeitangaben mit teilweise minütlich gleichzeitigen Geschehnissen machen aus diesem Roman der Fakten, vermischt mit etwas Fiktion, ein Leseerlebnis, das man am besten mit „Geschichte lebt“ beschreiben kann.

Fazit

Eine überzeugende Mischung aus Biografie und Roman, welche die Tage vor dem Attentat von Sarajevo und den Anschlag selbst facettenreich, straff und spannend schildert. Interessante, genau recherchierte Hintergrundinformationen ergänzen die packend und stimmig neu erzählte Geschichte.

Subliminal. Das Experiment – Thorsten Oliver Rehm

AutorThorsten Oliver Rehm
Verlag Ruhland
Erscheinungsdatum 1. Dezember 2019
FormatGebundene Ausgabe
Seiten472
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3920793467

„Und warum fiel es ihr, einer kleinen Journalistin, nach drei Wochen Recherche zur Entwicklung des Verhaltens der Menschen im Lande auf, entging aber offensichtlich allen anderen?“ (Zitat Seite 137)

Inhalt

Ein nächtlicher Tauchgang im Dunkel der Ostsee, ein Taucher, der etwas verbirgt und alle Spuren verwischt. Doch dies kann eine Gruppe Menschen, eine gefährliche Mischung aus Wissenschaft, Forschung und Macht nicht stoppen. Vier Jahre danach entdeckt die Investigativ-Journalistin Natascha Da Silva, der ein beängstigender Anstieg von Gewalt im Alltagsleben aufgefallen war, geheime wissenschaftliche Experimente, groß angelegte Feldversuche, die mit nichtsahnenden Probanden durchgeführt werden. Zunächst befürchtet sie, vielleicht in ihren Gedanken Realität und Phantasie zu vermengen, weil sie mit einer brisanten Story erfolgreich Karriere machen könnte. Doch rasch muss sie erkennen, dass die Realität weitaus bedrohlicher und erschreckender ist, als zunächst vermutet. Ihre Gegner sind skrupellos und gefährlich und unerklärbare Todesfälle begleiten bald ihre Recherchen.

Thema und Genre

Dieser Wissenschaftsthriller greift eine Reihe von brandaktuellen Themen auf, welche uns gerade beschäftigen. Es geht um wissenschaftliche Experimente an unwissenden Probanden, um technisch hochentwickelte Formen von subliminalen Reizen und totaler Beeinflussung. Es geht um neuronale Prozesse und die Philosophie des Transhumanismus. Daher ist auch die Frage nach dem ethischen Aspekt einer Forschung ohne jede Grenzen ein wichtiges Thema. „Manchmal müsse man auch Risiken eingehen, sonst gehe nichts vorwärts“, lässt der Autor es einen der Verantwortlichen definieren, und alles sei nur zum Wohle der Menschheit.

Charaktere

Natascha da Silva ist alleinerziehende Mutter einer Tochter und arbeitet als Journalistin bei einem Online-Nachrichtenmagazin. Als die Vorkommnisse ihre Neugierde wecken, recherchiert sie intensiv und mutig. Die einzelnen Protagonisten sind stimmig und realistisch geschildert, überraschendes Verhalten wird im Zuge der weiteren Handlung nachvollziehbar.

Handlung und Schreibstil

Hauptorte der Handlung sind Mallorca, München, Hamburg und die Ostsee. Die Sprache ist eine perfekte Mischung aus spannenden, rasch wechselnden Episoden, unvorhersehbaren Wendungen und den für das Verständnis erforderlichen wissenschaftlichen Erklärungen, die interessant und verständlich geschildert werden. Man erkennt beim Lesen rasch die intensive Recherchearbeit, die den detailliert aufgebauten Hintergrund für diesen Thriller ergeben hat. Die Handlung selbst wird durch einen kurzen Prolog in der Vergangenheit und einem Nachtrag sechs Monate nach den Ereignissen ergänzt.

Fazit

Subliminal ist ein packender, informativer Wissenschaftsthriller. Das aktuelle, vielschichtige Forschungsthema birgt Stoff und Anregungen für weitere eigene Überlegungen, „kann es sein“, „was wäre, wenn“, „was würde ich tun“. Ein Experiment unter transhumanistischen Aspekten, eine gut recherchierte, glaubhafte Handlung und stimmige Figuren ergeben einen spannenden, interessanten Pageturner.

Wie auf Sand – Valeska Reon

AutorValeska Reon
Verlag A.P.P. Verlag (Nova MD)
Erscheinungsdatum 14. Dezember 2019
FormatKindle-Ausgabe
Seiten300 (Print-Ausgabe
SpracheDeutsch
ASINB082RZ7P86

„Spätestens an diesem Tag musste ich lernen, dass es Dinge gibt, die nie mehr in Ordnung gebracht werden können.“ (Zitat Seite 197)

Inhalt

Sie kennen sich schon aus der gemeinsamen Schulzeit in Hamburg, Maren, Markus und Stefan. Nun treffen sie einander beim Begräbnis ihres gemeinsamen Freundes Andreas. In einer Woche wäre er dreißig Jahre alt geworden, doch er hatte sich in seinem Keller erhängt. Auch Robert, von dem sie seit vielen Jahren nichts mehr gehört hatten, ist mit seiner Frau Lea angereist. Gemeinsame Erinnerungen, besonders an eine Klassenfete kurz vor dem Abitur und an den Selbstmord ihres Klassenkameraden Michael nach dem Abitur, steigen wieder auf. Damals hatte man die Gründe vermutet, doch niemand kann verstehen, warum der beliebte, erfolgreiche Andreas Selbstmord begangen haben sollte und die Umstände seines Todes sind sehr eigenartig. War es wirklich ein Selbstmord?

Thema und Genre

In diesem Roman mit autobiografischem Hintergrund geht es um die Frage, wer man ist, wer man nach der Meinung anderer sein soll und wer man für sich selbst sein will. Wichtige Themen sind der gesellschaftlich gepflegte, schöne Schein vom perfekten Leben, Schuld und Mitschuld durch Wegschauen, und natürlich auch die Liebe in ihren Facetten.

Charaktere

Die unterschiedlichen Charaktere sind pointiert gezeichnet, aber dennoch einfühlsam und mit Verständnis. Wie im realen Leben, das in diesen Roman sehr präsent ist, geht es bei den Figuren nicht um gut und böse, sondern um die vielschichtigen, tief menschlichen Grautöne. Besonders Maren schließt man als Leser trotz einiger Unsicherheiten ins Herz und vor allem natürlich Lea, die sympathische erfolgreiche Kinderbuchautorin, die mutig ihren eigenen Weg geht.

Handlung und Schreibstil

Schon der Aufbau des Buches ist interessant gewählt, ein Prolog führt den Leser kurz mitten in ein Ereignis, das vor zwölf Jahren stattgefunden hatte. Es folgt Teil 1, der in der knappen Zeitspanne zwischen Montag und Freitag in der Gegenwart spielt. Teil 2 mit den Kapiteln 9 bis 17 zeigt die Jahre dazwischen, wobei unterschiedliche Protagonisten ihre Erlebnisse in der Ich-Form schildern, Teil 3 führt den Leser zurück zum Freitag in der Gegenwart. Ein Prolog schließt die Handlung ab. Diese Einteilung bringt Spannung, langsam fügen sich die einzelnen Puzzleteile zu einem Ganzen und auch die Antwort auf die Frage, Selbstmord oder Mord, kann lange nur vermutet werden. Als Geschichte in der Geschichte fügt die Autorin Ausschnitte und Bilder aus einem einfühlsamen Kinderbuch ein, „Charlotte Innendrin“, das innere Kind als beste Freundin der kleinen Charlotte. Die Sprache ist modern, mit einer guten Prise Humor und viel positiver Energie.

Fazit

Ein spannender autobiografischer Roman, der den Leser in den Bann zieht. Modern, nachdenklich, kritisch, mit einer guten Spur Romantik ist dies ein perfekter Roman für Frauen, aber kein typischer leichter „Wohlfühlroman“, dafür ist er zu dicht und intensiv.