Belmonte: Eine deutsch-italienische Familiensaga – Antonia Riepp

AutorAntonia Riepp
Verlag Piper Paperback
Erscheinungsdatum 2. Juni 2020
FormatBroschiert
Seiten496
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3492062015

„Ihren ersten Kaffee trank sie auf der Steinbank neben dem Kücheneingang im Schatten des Moro und beobachtete eine Eidechse, die sich auf dem Mäuerchen der Terrasse sonnte.“ (Zitat Pos. 952)

Inhalt

Simona, demnächst dreißig Jahre alt, hat Landschaftsgärtnerei studiert und ist in Kempten im Allgäu freiberuflich tätig. An dem Tag, an dem sie ihren Job verliert, stirbt auch ihre Großmutter, Nonna Franca, bei der sie aufgewachsen ist. Simona wusste nicht, dass Franca ein Haus in der Region Marche in Mittelitalien besaß. Dieses Haus in Belmonte ist das renovierte Elternhaus von Franca, mit einem wunderbaren Obst- und Gemüsegarten, das Simona nun erbt. Da sie ohnedies auch Abstand von ihrem Lebensgefährten Sebastian braucht, fährt sie nach Italien. Als sie mehrere Kuverts ohne Absender erhält, auf denen ihre Großmutter ihr Leben erzählt, beginnt sie nachzuforschen.

Thema und Genre

Im Mittelpunkt dieses deutsch-italienischen Familienromans stehen die Frauen. Themen sind Familie und ihr Zusammenhalt, die eigenen Wurzeln, Heimat und Auswanderer, eine noch ursprüngliche italienische Gegend und die Liebe. Es geht auch um schwierige Mutter-Tochter-Beziehungen, die sich durch vier Generationen ziehen.

Charaktere

Teresa und ihre Freundin Marta, Franca und ihre Freundin Irma, Marina und ihre Tochter Simona: unterschiedliche Frauen, deren Leben durch vergangene Ereignisse geprägt ist. Es sind einprägsame Figuren und die sympathisch gestalteten Charaktere stehen im Mittelpunkt dieser Geschichte.

Handlung und Schreibstil

Die Familiengeschichte wird in zwei Handlungssträngen erzählt, Simona in der Jetztzeit, unterbrochen immer wieder durch Teresas und Francas Geschichte in der Vergangenheit. Franca erzählt ihr Leben in der Ich-Form. Jedes Kapitel ist mit Zeit- und Namensangabe versehen, das macht die Handlung übersichtlich. Italienisches Flair erhält der Roman vor allem durch die Charaktere und die Schilderungen des Alltags in Belmonte. Denn obwohl auch Landschaft und Natur beschrieben werden, fehlte mir beim Lesen etwas von diesem lebendigen, typischen Italien der Marche, wie ich es kenne. Überraschende Wendungen sorgen für Spannung, allerdings trifft Simona im Laufe der Handlung eine Entscheidung, die für mich im Zusammenhang mit dem Charakter dieser Figur und Details der Ausgangssituation nicht stimmig und nicht nachvollziehbar ist.

Fazit

Ein Generationenroman mit starken Frauen, der von Ereignissen und Schicksalen erzählt, die ein Leben völlig verändern können. Ernste, traurige Erfahrungen wechseln mit humorvollen Episoden ab und Mut, Hoffnung und Liebe machen dieses Buch zu einer angenehmen Lektüre für entspannte Lesestunden.

Die Schatten der Ideen – Klaus Modick

AutorKlaus Modick
Verlag Piper Taschenbuch
Erscheinungsdatum 10. August 2015
FormatTaschenbuch
Seiten464
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3492308724

„Das College sei ein Zauberberg, der unter seiner akademischen Käseglocke dahindämmere, und damit werde das Abgeschiedene des Städtchens noch isolierter, die Puppenstubenidylle noch hinterwälderischer, der Elfenbeinturm noch weltentrückter.“ (Zitat Seite 55)

Inhalt

Moritz Carlsen, Schriftsteller und Übersetzer, wird von seinem früheren Studienkollegen Hocki eingeladen, am Centerville College in Vermont als Gastprofessor zwei Seminare in deutscher Sprache zu halten. Da ihm gerade die Ideen für einen neuen Roman fehlen und er daher das Geld benötigt, sagt er zu. Er bezieht ein altes Gästehaus, das zum College gehört. Im Keller entdeckt er durch Zufall eine Korrespondenz zwischen Carl Zuckmayer und Julius Steinberg, sowie die Tagebücher von Julius Steinberg, der zwischen 1939 und 1950 Assistenzprofessor für Geschichte am Centerville gewesen war. Neugierig geworden, beginnt er zu recherchieren. Doch in den Archiven findet sich kein Hinweis auf Steinberg und einige einflussreiche Personen sind sehr daran interessiert, dass dies auch so bleibt.

Thema und Genre

Es handelt sich hier um einen Roman auf zwei Zeitebenen, Hauptbezugsort der Handlung ist ist das Centerville College in Vermont, USA. Die Ereignisse, in deren Mittelpunkt Moritz Carlsen steht, spielen in der Gegenwart, während der Leser die Geschichte von Julius Steinberg aus dessen Briefen und Aufzeichnungen erfährt. Themen sind das Leben der vor den Nazis geflohenen Juden in Amerika, die Wirtschaftskrise, Gewerkschaften und die McCarthy-Ära.

Charaktere

Die Hauptprotagonisten sind Julius und Moritz. Beide zeigen Zivilcourage und lassen sich von politischem Druck nicht einschüchtern. Sehr gut beschrieben ist die Situation in diesem kleinen College, sowohl in der Gegenwart, als auch in der Vergangenheit.

Handlung und Schreibstil

Die aktuelle Geschichte ist in der personalen Erzählform geschrieben, Steinbergs Tagebücher in der Ich-Form. Beide Handlungsstränge sind sehr spannend aufgebaut und in sich geschlossen, wobei die Gegenwart die Vergangenheit gleichsam umschließt. Sehr anschaulich beschrieben ist das politische Umfeld im Amerika zur Zeit des WKII und danach. Auch diesmal verwöhnt uns der Autor mit sprachlich großartigen Schilderungen.

Fazit

Eine spannende Handlung, ein Roman mit interessanten Themen und eine gelungene, glaubhafte Idee. Wer schon Romane von Klaus Modick gelesen hat, wird auch diesmal begeistert sein und wer diesen Autor erst mit diesem Buch kennen lernt, wird sicher weitere Bücher von ihm lesen.

Innere Sicherheit – Christa Bernuth

AutorChrista Bernuth
Verlag Piper Taschenbuch
Erscheinungsdatum 1. Oktober 2009
FormatTaschenbuch
Seiten416
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3492263375

„Nicht wir haben das System im Griff, das System hat uns im Griff.“ (Zitat Seite 74)

Inhalt

An einem kalten Sonntag im November wird eine tote Frau, getötet durch einen Schuss in den Hinterkopf, an Rügens Küste angeschwemmt. ABV Martin Beck, Volkspolizist, beginnt zu ermitteln und klärt die Identität der Toten: Johanna Schön, loyal, hilfsbereit – und es war nicht die DDR Küstenbrigade, die geschossen hat. Da erhält Beck die Weisung von oben, die Ermittlungen unverzüglich einzustellen. Doch es gibt zu viele Ungereimtheiten und Martin Beck recherchiert heimlich weiter, obwohl er sich in eine Gefahr begibt, deren Dimensionen er nicht abschätzen kann. Kann er überhaupt noch jemandem vertrauen?  

Thema und Genre

Die Geschichte spielt in der DDR, auf der Insel Rügen und in Berlin. Thematik sind die unterschiedlichen Akteure und Auswirkungen des Kalten Krieges, aber auch eine kritische Auseinandersetzung mit den einzelnen Staatsformen:  westliche Demokratie gegen DDR, Machtgefüge und die Haltung einzelner Protagonisten auf beiden Seiten. Es ist jedoch kein reines Hinterfragen des Systems DDR, sondern es geht vor allem darum, wie die Menschen damit umgehen.

Charaktere

Der Hauptprotagonist Martin Beck sieht den Sinn der DDR auf Ideale begründet, Ideale, welche gerade die jungen Menschen mittragen. Man ist bereit, Opfer zu bringen für das, was noch im Aufbau ist, auf manche Annehmlichkeiten zu verzichten. Auch er teilt diese Ideale, kann jedoch die Augen nicht vor den Entwicklungen verschließen, kritisch nimmt er wahr, was um ihn vorgeht, was vor allem in den Menschen vorgeht. Schon vor Jahren ist seine Mutter in den Westen geflohen, während er und sein Bruder in der DDR geblieben sind. Dadurch hat Martin Beck kaum Chancen auf Beförderungen. Dies kann er nachvollziehen, doch die Dinge, die er im Laufe seiner heimlichen Recherchen herausfindet, führen dazu, dass er umzudenken muss. Ein sympathischer Hauptcharakter, um den man sich als Leser Sorgen macht.

Handlung und Schreibstil

Die Autorin verpackt die zeitgeschichtlichen Themen in einen aufregenden Politik- und Spionagethriller in dem kaum etwas so ist, wie es scheint. Immer wieder neue Wendungen halten die Spannung aufrecht und doch sind alle Entwicklungen realistisch. Dennoch nimmt sich die Autorin auch Zeit für Beschreibungen der Örtlichkeiten, der Natur und der einzelnen Personen. Der Schreibstil und die flüssige Sprache erzeugen ein positives Leseerlebnis.

Fazit

Ein spannender Politthriller, den man nicht aus der Hand legen will, bis die letzte Seite gelesen ist. Hier wird leise gemordet, um der Ziele willen, nicht aus gewaltbereiter Brutalität. Ein Buch für Fans von Spionagethrillern mit zeitgeschichtlichem Hintergrund und für alle, die mehr über die Insel Rügen zu DDR Zeiten erfahren wollen, verpackt in eine packende Geschichte. Wer leichte Regionalkrimis sucht, wird von dieser dichten, intensiven Geschichte eventuell enttäuscht sein.

Ein ganz besonderes Jahr – Thomas Montasser

AutorThomas Montasser
Verlag Piper Taschenbuch
Erscheinungsdatum 14. Januar 2016
FormatTaschenbuch
Seiten192
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3492306898

„Der Wetterumschwung hatte sich durch nichts angekündigt.“ (Zitat)

Inhalt

Mit diesem Satz beginnt ein kleines Buch, das Valerie in der kleinen Buchhandlung ihrer Tante Charlotte findet. Valerie wundert sich noch darüber, dass Tante Charlotte dieses Buch überhaupt ins Regal gestellt hat, hört die Geschichte doch nach einigen Seiten auf und es folgen viele leere, weiße Seiten – eindeutig ein Fehldruck. Noch eigenartiger ist, dass eines Tages ein junger Mann die Buchhandlung betritt, einige Bücher kauft und begeistert ist, als er genau dieses Buch „Ein ganz besonderes Jahr“ entdeckt.

Thema und Genre

Dieser Roman handelt von einer alten, kleinen Buchhandlung, vor allem aber von Büchern und den Menschen, die sich für Bücher begeistern und die uns im Laufe der Handlung begegnen.

Charaktere

Valerie, Mitte 20, hat gerade ihr BW Studium abgeschlossen, wollte noch den Master machen und ihre Karriere planen, als ihre Tante Charlotte im Alter von beinahe 80 Jahren plötzlich verschwindet und in einer Nachricht mitteilt, dass Valerie sich um das Geschäft kümmern soll. Für Valerie beginnt eine Reise in die Welt der Bücher, aber auch der Überlegungen, was sie mit einer Buchhandlung tun soll, die seit den 50er Jahren existiert, aber kaum mehr Kunden hat. Doch sie unterschätzt die Kraft der Literatur und der Bücher.

Handlung und Schreibstil

Der Autor schreibt in der dritten Person, allerdings nahe an einer personalen Erzählform, sein Hauptcharakter ist Valerie. Sie und die Buchhandlung stehen im Mittelpunkt der Handlung, die sich über ein Jahr erstreckt. Für den Spannungsbogen sorgt die Frage nach dem Verschwinden von Tante Charlotte und die Auflösung. Dennoch ist nicht Spannung das Hauptanliegen des Autors, sondern es geht um Literatur, Bücher, die Sprache und die Freude daran. Vor allem aber geht es um die kleine Buchhandlung, die versucht, neben den Einkaufszentren und großen Buchhandelsketten zu bestehen. Jeder von uns kennt wohl noch so eine Buchhandlung.

Fazit

Valerie, die Hauptprotagonistin, wächst dem Leser ans Herz und ihre Veränderung im Laufe dieses Jahres, als sie sich teilweise durch die Bestände der Buchhandlung liest.

„Es ist ein Unterhaltungsroman. Aber er ist so erzählt, wie man Geschichten erzählen sollte.“ (Zitat, Seite 84). Dieses Zitat aus der Handlung trifft auch auf diesen Roman zu.

Ein Buch für einen unterhaltsamen, angenehmen, entspannten Lesenachmittag, das ich allen Lesern empfehle, die nie an einer Buchhandlung vorbei gehen können, ohne sie zu betreten und „sich nur umzusehen“ – und diese nie mit leeren Händen wieder verlassen.