Buchgeplauder 13

Diesmal wieder Lyrik

Es ist wieder mal Zeit für Lyrikgeplauder. Um die Gedichte von H. C. Artmann habe ich bereits vor sehr vielen Jahren einen großen Bogen gemacht, denn in Wien ging es natürlich vor allem um seine sprachspielenden Mundartgedichte und die sind – meine Meinung – extrem mühsam zu lesen.

Vor wenigen Tagen brachte der Suhrkamp Verlag als Freitagsgedicht ein Gedicht von H. C. Artmann aus einem bei Insel Verlag erschienen Gedichtband „Übrig blieb ein moosgrüner Apfel, und ich wurde in meiner bisherigen Unwissenheit überrascht. Der kleine, ansprechend gestaltete illustrierte Gedichtband kam nicht auf meine Wunschliste, sondern sofort in mein Regal – und ist bereits gelesen.

Ja, auch die wenigen Mundartgedichte in diesem Band, hier konnte ich feststellen, dass es hilft, sie öfter und vor allem laut und mit unterschiedlichen Betonungen zu lesen, dann folgt großteils die geistige Erleuchtung.

Eine Rezension folgt, aber jetzt schon eine Art Fazit: Wer die Worte „mit himbeer fingern schrieb der abend / seinen vers“ (Zitat Seite 34) so wie ich begeistert und immer wieder lesen kann und immer wieder neue Bilder dazu in den Gedanken hat, der wird von diesem eigenwilligen, sprachlich unendlich kreativen und neugierigen österreichischen Schriftsteller und Lyriker so wie ich überrascht und inspiriert werden

Jenny Erpenbeck über Christine Lavant – Jenny Erpenbeck

AutorJenny Erpenbeck
Verlag Kiepenheuer&Witsch
Herausgegeben vonVolker Weidermann
Erscheinungsdatum 17. August 2023
FormatGebundene Ausgabe
Seiten160
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3462004687

„Das eigene Leben bewahren, ohne den eigenen Willen aufzugeben, Kompromisse eingehen, die einen nicht die Seele kosten – wie das gelingen kann, und auch, wie manche ihrer Figuren tragisch daran scheitern, hat Christine Lavant in ihren Texten beschrieben.“ (Zitat Pos. 817)

Thema und Inhalt

Dieses Buch ist der fünfte Band der Serie „Bücher des Lebens“, herausgegeben von Volker Weidermann. Es geht um Bücher, welche die Schriftstellerin Jenny Erpenbeck besonders beeindruckt und geprägt haben. Erpenbeck ist dreißig Jahre alt, als sie zum ersten Mal ein Gedicht von Christine Lavant liest. „Dreißig Jahre alt musste ich werden, bevor ich zum ersten Mal ein Gedicht von Christine Lavant gelesen habe. Bevor sich mir diese fremde Welt aufgetan hat, die ich nicht kannte und dich im ersten Moment wiedererkannt habe.“ (Zitat Pos. 284) Seither folgt sie den Spuren und dem Leben dieser ungewöhnlichen Frau, der einfachen Strickerin und Schriftstellerin und vertieft die biografischen Geschichten mit den Themen Bücher, Lyrik, das Leben als Schriftstellerin.

Umsetzung

Nach einem kurzen Vorwort von Volker Weidermann beginnt Jenny Erpenbeck ihr Essay mit der Frage, wann der richtige Moment sei, um ein Gedicht zu lesen, gibt sich selbst in Gedanken verschiedene Antworten, die ebenfalls Fragen bleiben. Im zweiten Kapitel schreibt sie, was Christine Lavant in ihren biografischen Notizen über das Lesen von Gedichten geschrieben hat und tritt so mit dieser österreichischen Lyrikerin aus Kärnten in einen inneren Dialog. Diesen führt sie in allen weiteren Kapiteln abwechselnd fort, Jenny Erpenbeck berichtet über ihre Erlebnisse während der fünf Jahre, die sie in Graz gelebt hat und beginnt danach mit der Kindheit von Christine Lavant, mit bürgerlichem Namen Christine Habernig, geb. Thonhauser. Erpenbeck folgt einerseits dem von Selbstzweifeln geprägten Leben von Christine Lavant, sucht in den vielen vorhandenen Aufzeichnungen, besonders Briefen, in den Archiven und Museen nach dem Menschen und der Künstlerin. Besondere Aussagen ergänzt Erpenbeck mit entsprechenden Gedichten von Christine Lavant.

Im Anhang finden sich die Lebensdaten von Christine Lavant und die Erklärungen zu den durchnummerierten Fußnoten.

Fazit

Dieses Buch berichtet über das Leben der österreichischen Schriftstellerin Christine Lavant, deren literarisches Werk in der breiten Öffentlichkeit nicht allzu bekannt ist, und in deren Würdigung seit 2016 ein eigener Literaturpreis, der Christine Lavant Preis, verliehen wird.

Ein Vogelruf trägt Fensterlicht: Gedichte – Christine Langer

AutorChristine Langer
NachwortMirko Bonné
Verlag Alfred Kröner Verlag-
Edition Klöpfer
Erscheinungsdatum 17. März 2022
FormatGebundene Ausgabe
Seiten104
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3520765017

„Den Schatten, die nunmehr alle Winkel schlucken, / Stelle ich einen Zeilenanfang entgegen. / Das Gegenteil von Verzicht? / Das Licht fällt ein, bricht sich / Im Fensterglas“ (Zitat aus „Innere Ordnung“, Seite 13)

Inhalt

Dieser Gedichtband ist in fünf Abschnitte geteilt, jeder trägt als Überschrift einen vertiefenden Gedanken, ein einleitendes Gedicht, bereits auf die Themen der nachfolgenden Gedichte verweisend. Auch diese poetische Einleitung öffnet schon ein eigenes Gedankenbild. „Doch auch, wenn du Gedanken vorauseilst, / Ziehst du deinen Körper hinter dir her“ (Titel Abschnitt III., Seite 41)  

Themen und Sprache

Jedes der Gedichte der Abschnitte I bis IV ist eine poetische Momentaufnahme, ein Dialog mit der Natur, mit dem Umfeld, mit einer Situation an irgend einem Tag. Daraus ergeben sich Fragen, Gedanken, Erinnerungen, Ausblicke oder auch Schlussforderungen für diesen einen, speziellen Moment. Manchmal wendet sich das lyrische Ich in seinem Dialog auch an ein fiktives Du. Die Sprache malt und vertieft die Farben der Natur, das Gelb des Rapsfeldes, immer wieder das Grün der Blätter, der Bäume. Bewegung bringen die Wolken und das Blau des Himmels, auch noch in der Dämmerung „Ins Blau fallende Sterne“ (Zitat Seite 8, aus Tage wie dieser). Immer wieder finden wir das Kernthema, Licht und Schatten, Schatten und Licht. Der Abschnitt V. trägt die Überschrift „Traumnuancen – Übungen im poetischen Sprechen“. Hier führt uns Christine Langer in vierzig unterschiedlichen Eindrücken, Beobachtungen, Gedankenflügen durch den Tag, immer in Bewegung, Leichtigkeit in Worte gefasst, in poetische, eindrückliche Bilder zum Nachfühlen, Mitempfinden, Mitdenken. Ein ebenfalls poetisches, interessantes Nachwort des Schriftstellers Mirko Bonné lädt am Ende dieses Gedichtbandes nochmals zum Nachdenken ein.

Fazit

„Schließ die Augen, ich lese dich auf“ (aus Traumnuancen 11, Seite 75). Dieser einfache Satz beschreibt besser als noch mehr Worte von mir, warum es immer wieder ein Erlebnis ist, Lyrik zu lesen. Es sind die Phantasie, Schönheit und innere Ruheräume, die wir in den mit leiser, poetischer Sprache eindrücklich gemalten Gedankenbildern finden.

Blick ins Regal – Lyrik

Zum heutigen Tag der Lyrik ein Blick in einen Teil meines Lyrikregals.

Es lohnt sich immer, sich auf Gedichte einzulassen, besonders auf die moderne Lyrik, die poetisch mit Gedanken und Bildern spielt, ohne die klassischen Zwänge von Vers und Reim. Denn damit begeben sich die Gedanken auf den Flügeln der Phantasie auf die Reise und bringen Momente des Innehaltens in unser Leben.

Alltagslyrik einer Vielleserin

Alltagslyrik

Ein kurzer Blick auf diesen Korb
Kunststoff blau gefüllt
die Bügelwäsche wartet
Kann sie nicht selbst
sich glätten drehen falten
denn Falten sagt die Werbung
glätten sich von selbst
mit Creme X und Serum Ypsilon
auf den Versuch verzichte ich

und daher wartet immer noch
der Wäschekorb voll Arbeit

Doch jetzt gehört der Tag
dem Buch dem Mann den Hunden
die Hunde liegen neben mir
Herrchen mäht den Rasen
und fassoniert Ligusterhecken
oh das lässt mich schlecht aussehen
ich ändere rasch das Bild

Jetzt sitzt der Mann mit Buch
ebenfalls im Gartenstuhl
und ich versinke wieder
in Lyrik von Wisława Szymborska
Es lächelt gerade im Irgendwo
nachsichtig erheitert hoffentlich
der Geist der großen Dichterin
(mos 06 2021)

Gedichte von Wisława Szymborska

Blick ins Regal – Neuzugänge

Gegenwartsliteratur in Hardcover als Mängelexemplar, wer könnte da widerstehen? Ich wurde mit diesen interessanten drei Titeln fündig (gut, ich hätte noch mehr gefunden …)

Der Tag an dem die Möwen zweistimmig sangen: Gedichte 2001-2008 von Silke Scheuermann, Gebundene Ausgabe – 13. März 2013, Herausgeber: Schöffling & Co.; Gebundene Ausgabe: 216 Seiten, ISBN-13: 978-3895613753

Silke Scheuermann debütierte 2001 mit dem von Presse und Publikum hochgelobten Gedichtband DER TAG AN DEM DIE MÖWEN ZWEISTIMMIG SANGEN, dem »wohl erfolgreichsten Debüt einer neuen lyrischen Stimme in den letzten Jahren« (Joachim Sartorius, Süddeutsche Zeitung). DER TAG AN DEM DIE MÖWEN ZWEISTIMMIG SANGEN. GEDICHTE 2001 2009 versammelt die beiden ersten Gedichtbücher von Silke Scheuermann, die bisher nur als Sonderdruck erschienenen Sonette VOGELFLÜGE sowie eine Auswahl unveröffentlichter Gedichte.

Elf Arten, das Eis zu brechen von Hans Christoph Buch, Gebundene Ausgabe – 28. Juli 2016,  Herausgeber: Frankfurter Verlagsanstalt, Gebundene Ausgabe : 256 Seiten, ISBN-13 : 978-3627002305

H.C. Buch ist der große Reisende unter den deutschen Schriftstellern. Seine Bücher sind Schatzkisten, prall gefüllt mit Geschichten aus fernen Ländern, Zeugen seiner ungezähmten Fabulierlust. Mit seinem neuen Roman betritt er unbekanntes Terrain. Zum ersten Mal im literarischen Kosmos von H.C. Buch steht die Familie des Autors im Mittelpunkt: sein Vater, der Diplomat, der Shakespeare und das Neue Testament im Original las, seine Mutter Rut, die nach einer Kopfoperation zu malen begann und im Jahr 1958 Picasso besuchte, sein Großvater, der Ende des 19. Jahrhunderts nach Haiti auswanderte, die Pharmacie Buch gründete und eine Haitianerin heiratete. Doch damit nicht genug, denn »jede Familie birgt ein dunkles Geheimnis, das nicht besprochen, sondern beschwiegen werden soll«.

Kamnik: Roman von Felix Kucher, Gebundene Ausgabe – 26. Februar 2018, Herausgeber: Picus Verlag; Gebundene Ausgabe: 304 Seiten, ISBN-13: 978-3711720580

Im südlichen Kärnten in den zwanziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts fasst Anton den Plan, sein Glück im fernen Amerika zu suchen. Auch Kamnik, der 1945 mit dem Schiff nach Südamerika kommt, stammt aus Südkärnten. Bald freundet er sich mit Anton an doch sein finsteres Geheimnis behält er für sich… Ein Auswandererroman voll kräftiger Bilder aus der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts und zwingender Dramatik, die die Lebensläufe der Protagonisten auf zwei Kontinenten schicksalhaft verknüpft.

Blick ins Regal – der Juli beginnt mit Neuerwerbungen

Neues für das Lyrik-Regal

Beim Stöbern kam ich vor einigen Tagen auf die „PODIUM“Seite, dort dah ich die Lyrik-Sammlung „dicht auf den versen“ Spontan dachte ich an Norbert Silberbauer, ob er wohl in dieser Sammlung von österreichischer Lyrik in drei Jahrzehnten vertreten ist, natürlich ist er das. Dann las ich ein Gedicht von Christian Futscher und mir war klar, das muss unbedingt in meine Lyrik-Sammlung. Den Mirko Bonné habe ich schon lange auf meiner Wunschliste, also kam dieses Buch auch noch mit.

Stille Quellen – Norbert Hummelt

AutorNorbert Hummelt
Verlag Sammlung Luchterhand
Erscheinungsdatum 1. März 2004
FormatTaschenbuch
Seiten112
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3630620749

 „die tropfkerzen brannten gefährlich herunter

du hingst nur da u. drücktest auf repeat

kein blick nach draußen, keine fremdwahrnehmung

für eine weile, die sich endlos zieht“

(Zitat, Ausschnitt aus „entfernte musik ..“, Seite 81)

Inhalt

Dieser Gedichtband ist vier übergeordnete Abschnitte gegliedert, und endet mit einem Epilog. Der erste Abschnitt, „stille quellen“ gibt dem Buch den Titel. Die meisten Gedichte dieser Sammlung sind zwischen Dezember 2000 und September 2003 entstanden.

Themen und Sprache

Es geht um Erinnerungen, die eigenen Wurzeln, Momentbilder aus der Kindheit, ins Heute versetzt, um Liebe, Einsamkeit, Alter. Es sind besondere Augenblicke, ein Naturerlebnis, ein Alltagsgegenstand, welche die Gedanken auf die Reise schicken, die dann oft ernüchtert wieder in die Situation im Jetzt zurückkehren.

Die besondere Sprache dieser Gedichte malt Bilder, verknüpft Dinge, Eindrücke, Gefühle völlig unerwartet neu, interpretiert mit einem oft überraschenden Schlussgedanken.

Fazit

Gedichte in einer modernen lyrischen Sprache, in der nicht die bekannten Vers- und Reimformen zählen, sondern die freie Entfaltung der Worte in einer besonderen Melodie der Sprache. Nachdenklich, mit einer leisen Melancholie, führen diese Gedichte auch in die eigene Erinnerung.

Sonnengesang – Norbert Hummelt

AutorNorbert Hummelt
Verlag Luchterhand Literaturverlag
Erscheinungsdatum 24. Februar 2020
FormatGebundene Ausgabe
Seiten96
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3630876306

„immer geht du bei den kreidefelsen,

verschränkst die arme hinter deinem rücken,

hast deinen leichten linken fuß erhoben

u. an der Sohle ist der gleiche weiße staub.“

(Zitat aus „immer gehst du ..“, Seite 70)

Inhalt

Dieser Gedichtband ist sechs übergeordnete Abschnitte gegliedert. Die sechzig Gedichte dieser Sammlung sind in den Jahren zwischen 2016 und 2019 entstanden.

Themen und Sprache

Es geht um das Leben, Natur, Erinnerungen, Beziehung, Liebe, Sehnsucht, Verlust. Worte, die Bilder von Momentaufnahmen malen, Augenblicke während eines Spazierganges in der Natur, Sonne, Licht, Wind und die Erinnerungen daran, wie man diese Situation früher erlebt hat, damals zu zweit, heute allein. Thema im Abschnitt IV sind Kindheitserinnerungen, die Freiheit in der Natur, die so anders war als in der Welt der Erwachsenen. Manches wiederholt sich, wenn der damalige Sohn inzwischen selbst Vater ist. Es sind Themen, die uns zum Nachdenken bringen, Alltagssituationen, die wir selbst ähnlich erleben. Wer kennt nicht den Spaziergang, oder die Reise, die man zuvor mit lieben Menschen unternommen hat und nun alleine geht, und die leise Wehmut der Erinnerung in den Gedanken.

Die Besonderheit der Sprache, das scheinbar rasch hingeworfene Spiel der Sätze, begleitet diese Gedichte, bei aller Nachdenklichkeit, manchmal Trauer, mit einer fühlbaren Leichtigkeit. Jede Zeile birgt eine Überraschung durch ungewohnte Umbrüche, man fragt sich in einem Sekundenbruchteil „was kommt, was geschieht jetzt, was macht er da“? Ein Beispiel der Beginn des Gedichtes „der geist von locarno“

„der eine stuhl an ihrem tisch war frei ich passierte

die seepromenade warf einen blick u. ging vorbei“ (Zitat Seite 77)

Der schräge Humor in „echo“ brachte mich dazu, laut aufzulachen, denn das Gedicht beginnt so

„abends bei cosenza liegen

zwei zerbeulte turnschuhe,

wo es über die treppe runter

zum busento geht. ..“ (Zitat Seite 82)

Wer denkt da nicht sofort an August von Platen, den edlen Alarich und die Goten. Im Kopf die Ballade, dazu das Bild von den Turnschuhen und die vom Autor erfasste aktuelle Stimmung, diese Mischung ist ein Leseerlebnis, das man so nur schwer beschreiben kann.

Fazit

Wer Gedichte noch immer mit Vers- und Reimformen, mit Hebungen und Senkungen verbindet, wird hier eine völlig andere Form der Lyrik entdecken, wer interessante, neue Möglichkeiten des Ausdrucks sucht, wer Sprache liebt, die gleichzeitig auch Bilder malt, Impressionen, verstärkt durch Gedanken und Gefühle, der sollte sich für diesen Autor Zeit nehmen.

Favoriten – Erich Fried, Liebesgedichte

Dieses Buch steht seit 1995 in meinem Regal und es ist und bleibt eines meiner Lieblingsbücher. Erich Fried malt mit seiner Lyrik Bilder, seine Gedichte sind nicht durch starre Reime und Formen eingeengt, er spielt mit der Sprache, der Sprachmelodie und den Emotionen, die wir beim Lesen empfinden.

Ein Buch, das man immer wieder zur Hand nehmen wird und das ich allen empfehle, auch Menschen, die sich nicht vorstellen können, Gedichte zu lesen.

Lassen wir Erich Fried es selbst formulieren, in der letzten Strophe von „Reine und angewandte Dichtung“

Was immer man also versteht
unter einem reinen Gedicht
ein Liebesgedicht an dich
ist so etwas hoffentlich nicht.

Erich Fried

Liebesgedichte

Alltagsperlen – Antonia Löschner

AutorAntonia Löschner
Verlag lulu.com
Erscheinungsdatum 21. Juni 2017
FormatTaschenbuch
Seiten122
SpracheDeutsch
ISBN-13978-1365999932

Kurzgeschichten und Gedichte

 „Es geht um Verantwortung, nicht um Schuld, egal wie es ausgeht.“ (Zitat Seite 34)

Inhalt

Dieses kleine Buch ist eine Sammlung von kurzen Geschichten und Gedichten. Sie handeln von Situationen, wie sie uns allen im täglichen Leben begegnen, Verhaltensweisen, die uns beeinflussen. Die Gedichte fangen Stimmungen ein und schildern sie im Kontext mit der Natur.

Thema und Sprache

In den Themen ihrer Geschichten und Gedichte führt die Autorin uns durch das Jahr. Es geht um den Alltag, seine Probleme und auch um Situationen, wo Menschen durch diese Probleme blockiert werden, nicht mehr agieren, sondern nur mehr reagieren können, sich selbst verloren haben. Es gibt Geschichten über Beziehungen, zwischenmenschliche und partnerschaftliche, über Urlaubsplanung und wirkliche Entspannung in der Natur, über Schuldgefühle, immer verbunden mit dem eigenen „Ich“. Der Bogen des Jahres endet mit der Vorweihnachtszeit und regt auch hier Ideen zur Entschleunigung an und wir lernen einen Engel kennen, der rosa Elefanten liebt. Es sind positive Geschichten, Anregungen, die Autorin bietet Möglichkeiten an, tief verwurzelte Verhaltensweisen zu erkennen und zu verändern, wenn sie uns nicht gut tun. Die Sprache erzählt, ist aber niemals belehrend und verzichtet auf die bekannten Kalenderweisheiten. Dadurch wird dieses kleine Buch mit seinem großen Inhalt zum Lese- und Denkvergnügen.

Die Gedichte verzichten auf Reimformen, leben durch ihre Sprachmelodie und malen wunderbar entspannende Bilder in unsere Gedanken. Hier ist es ein Wald, dort ein Bach, der Strand, der Sand, Sommerwind, oder einfach eine Hängematte zwischen zwei knorrigen Apfelbäumen.

Fazit

„Sanft schaukelnd lullt sie ein, nimmt einen mit auf die Reise, in absolute Entspannung.“ (Zitat aus „Hängemattenträume“, Seite 40)

Wer bei diesen Zeilen sofort das entsprechende Bild vor Augen hat, die Wärme der Sonnenstrahlen spürt und die Beruhigung des eigenen Atems spürt, hat in diesen Alltagsperlen einen entspannendes, manchmal aus tröstliches Füllhorn von Gedanken und Anregungen gefunden, perfekt zum Nachdenken, zum immer wieder selbst Genießen und auch zum verschenkend Teilen.

Forschungspoesie: Gedichte über das Menschsein – Antonia Löschner

AutorAntonia Löschner
Verlag Independently published
Erscheinungsdatum 9. Februar 2018
FormatTaschenbuch
Seiten44
SpracheDeutsch
ISBN-13978-1973445708

„Ein Lyrikband, der kompakt enthält, worüber man sich Fragen stellt. (Zitat aus „Lyrische Einleitung“, Seite 1)

Inhalt

Die Autorin ist Ethnologin und schreibt ihre Gedanken über das Menschsein und seine unterschiedlichen Formen und Herausforderungen in Gedichtform nieder.

Thema und Sprache

Die Kernthemen dieser Lyrik sind Kultur, Gesellschaft und Psyche, wobei es sich um Gedanken zu Forschungsergebnissen aus Studien, Fachartikeln und Arbeiten handelt. Im ausführlichen Anhang sind diese Quellen angeführt und auch der Bezug zum jeweiligen Gedicht.

Es finden sich Themen wie Kunst und Kultur, Zugehörigkeit, soziale Aspekte und auch die damit verbundenen Konflikte.

Diese Gedichte wollen keine Lösungen anbieten, enthalten jedoch Vorschläge für mögliche Lösungen und regen zum weiteren Nachdenken an. Als Leser vergleicht man die eigenen Standpunkte und findet bekannte Denkmuster zum Bejahend-Nicken, aber auch neue Überlegungen und Betrachtungsweisen.

Als Lyrikform wählt die Autorin den Endreim, mit Hebungen und Senkungen geht sie eher unkonventionell um, was einerseits die Gedanken auf den Inhalt lenkt, andererseits manchmal auf Grund der etwas abrupten Sprachmelodie etwas ablenkt. Hier würde ich mir im nächsten Gedichtband eine Mischung aus sich reimenden Gedichten und freien, nur aus Gedankenbildern und Sprachmelodie entstandenen Gedichten wünschen.

Fazit

Ein besonderer, unkonventioneller Gedichtband zum Lesen und Nachdenken, der sich einmal nicht mit Liebe, Romantik und Natur beschäftigt, sondern mit dem Menschen als Individuum und doch Teil eines sozialen Ganzen und den damit verbundenen Herausforderungen, denen wir uns täglich stellen müssen.