Übrig blieb ein moosgrüner Apfel – H. C. Artmann

AutorH. C. Artmann
Verlag Insel Verlag
Erscheinungsdatum 7. März 2021
FormatGebundene Ausgabe
Seiten97
IllustratorChristian Thanhäuser
NachwortClemens J. Setz
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3458194934

„die bienen im hof / vom erblühten löwenzahn / löffeln sie honig“ (aus: Nachtwindsucher, Zitat Seite 67)

Inhalt

Dieser ansprechend gestaltete Band Nr. 1493 der Insel-Bücherei enthält achtunddreißig Gedichte und Prosatexte aus den Jahren 1950 bis 1993 des österreichischen Schriftstellers und Lyrikers H. C. Artmann. Illustrationen ergänzen die Texte, es sind Holzschnitte des Künstlers Christian Thanhäuser, die zu diesen Gedichten entstanden sind.

Themen und Sprache

Das Thema aller hier gesammelten Gedichte und Texte ist, wie schon der Titel erahnen lässt, die Natur in allen ihren Varianten. H. C. Artmann war immer neugierig, hörte nie auf, immer neue Möglichkeiten der Sprache zu suchen, zu probieren, von alten Strophenformen und Mythen bis zu der ihm eigenen, modernen Ausdrucksweise, und in seinen Gedichten anzuwenden. Er lädt zum Nachdenken ein, zum Schmunzeln und laut Auflachen, und überrascht immer wieder mit seinen Wendungen. In einem der Prosatexte lernen wir, was eine Gstättn ist und ein paar Gedichte sind Mundarttexte, die mich vor vielen Jahren abgeschreckt haben. Jetzt habe ich für mich endlich einen Weg gefunden: laut, oft und mit unterschiedlichen Betonungen lesen, dann erschließt sich hier die Wiener Seele.

Unvergleichlich ist Artmanns Version der klassischen, heimatlichen Naturlyrik „die sonn gleißt durch die äste,/es ist ein stiller tag,/die rinder muhn aufs beste/und schafe blöken zag.“ (Aus: ich hör den tosbach rauschen, Zitat Seite 62)

Der bekannte Schriftsteller Clemens J. Setz, ebenfalls ein neugieriger Sprachvirtuose, verfasste im September 2020 das Nachwort zu diesem Buch.

Fazit

Die klugen und vielseitigen Sprachspiele mit ihren oft paradoxen Wendungen, die dennoch vertraut, geerdet bleiben, verzaubern zeitlos. Worte wie „mit himbeer fingern schrieb der abend/seinen Vers“ (Zitat Seite 34) malen immer neue Gedankenbilder – Lesevergnügen.

Nichts als Himmel – Peter Henisch

AutorPeter Henisch
VerlagResidenz Verlag
Datum14. August 2023
AusgabeGebundene Ausgabe
Seiten232
SpracheDeutsch
ISBN-13 978-3701717767

„Als ich hier angekommen bin, auf dem Parkplatz vor der Stadtmauer, hat die Luft über dem Asphalt gezittert. Jetzt fallen schon die Blätter von den Platanen.“ (Zitat Seite 7)

Inhalt

Paul Spielmann hat nach seiner Scheidung, fünfundfünfzig Jahre alt, auch seine feste Stelle als Lehrer für Mathematik und Musik gekündigt. Schon mehrmals haben ihm seine Therapeutin Julia und deren Ehemann Marco angeboten, in ihrer italienischen Ferienwohnung in San Vito eine Auszeit zu nehmen. Als Pauls Comeback als Liedermacher scheitert, nimmt er das Angebot an. Obwohl er rasch bemerkt, dass es nicht mehr das verträumte San Vito ist, von dem Julia und Marco schwärmen, sondern ein von italienischen Touristen überlaufenes Städtchen, findet er auf der Terrasse über den Dächern Ruhe, beobachtet die Vögel, besonders ein Taubenpaar, und die Wolken. Bis eines Tages Abdallah vom Dach auf die Terrasse springt, auf der Suche nach einem sicheren Unterschlupf.

Thema und Genre

In diesem Roman geht es um eine Lebenskrise, Stillstand, eine Auszeit, um die Suche nach einer möglichen persönlichen Zukunft. Themen sind der italienische Sommer nach der Pandemie, Freundschaft, der politische Rechtsruck in Italien und das Leben der Flüchtlinge, die über das Meer nach Italien kommen.

Charactere

„Wer bist / DU?, wiederholen sie, wer bist / DU? Wer bist / DU? Ich bin Paul, sage ich, aber sie scheinen mir nicht zu glauben.“ (Zitat Seite 22) Nicht nur die Tauben fragen Paul, wer er ist, auch er selbst stellt sich diese Frage während der Wochen, die er auf dieser Terrasse mit dem Blick über die Dächer in die Weite der Landschaft verbringt.

Erzählform und Sprache

Paul selbst schildert diese Zeit in San Vito als Ich-Erzähler in der Gegenwart, etwa Sommerende, und beginnt chronologisch mit seiner Ankunft Ende Mai. Er lässt uns an seinen Begegnungen mit besonderen Menschen teilhaben, die er in San Vito trifft, und vor allem an seinen genauen Beobachtungen der Natur, die ihn mit immer neuen Facetten erstaunt und fasziniert. Durch seine Gedanken, Sorgen, sein Verhalten und seine Entscheidungen erfahren auch wir immer neue Details über ihn. Die Sprache erzählt leise, einfühlsam, in den Beschreibungen lebhaft und anregend.

Fazit

Eine aktuelle Geschichte über einen Stillstand im Lebenslauf, nachvollziehbar und wohl vielen von uns bekannt, dazu italienisches Lebensgefühl und brisante politische Themen.