Die Zeit der Zikaden – Moritz Heger

AutorMoritz Heger
VerlagDiogenes Verlag
Datum26. Juni 2024
AusgabeGebundene Ausgabe
Seiten304
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3257072747

„Ihr Tinyhouse, nicht breiter als eine Fahrspur, wird sie nicht beengen, davon ist sie überzeugt. Vielmehr ihren Raum ins nahezu Grenzenlose öffnen.“ (Zitat Pos. 47)

Inhalt

Alex, etwas über sechzig Jahre alt, war sechsunddreißig Jahre lang als Lehrerin tätig, nun geht sie in Pension. Für sie ist es ein neugieriger Aufbruch in eine neue Freiheit. Ein Auto und ein Tinyhouse auf Rädern, nach ihren Wünschen geplant und sorgfältig eingerichtet, damit beginnt ihr Abenteuer. Auf der Hochzeit ihrer Lieblingsschülerin Wibke lernt sie auch deren Schwiegervater Johann kennen. Dieser, bald sechsundfünfzig Jahre alt, übergibt das Familienunternehmen, ein Bestattungsunternehmen, an seinen Sohn. Auch Johann braucht eine Auszeit, er will wieder malen. Das von seinem Onkel Renat geerbte, alte Rustico in Ligurien bietet sich dafür an. Als er Alex dorthin einlädt, nimmt sie die Einladung an und bald steht ihr Tinyhouse im Garten des Rusticos. Gemeinsam erkunden sie die Gegend, lauschen dem Gesang der Zikaden und spüren bald, dass dies mehr ist, als nur ein Besuch.

Thema und Genre

In diesem Roman geht es um das Altern als Chance, mit dem Ende des aktiven Berufslebens aus dem bisherigen Alltag aus- und aufzubrechen. Damit verbunden ist eine persönliche Freiheit, etwas völlig Neues zu tun. Weitere Themen sind Familie, Freundschaft und die wilde Schönheit Liguriens.

Erzählform und Sprache

Die Geschichte wird chronologisch erzählt, Erinnerungen und Gespräche ergänzen die Handlung mit vergangenen Ereignissen aus dem Leben der beiden Hauptfiguren Alex und Johann, die im personalen Mittelpunkt stehen. Es sind die kleinen Erlebnisse des Alltags, die in diesem Roman geschildert werden, zwei ältere Menschen auf der Suche danach, wie sie ihr weiteres Leben gestalten wollen. Durch diese Kernthemen dominieren die Gespräche und persönlichen Gedanken die Handlung, die ebenso ruhig fließt, wie die Sprache, in der die Geschichte von Alex und Johann erzählt wird.

Fazit

Ein Roman über das Altern und die Suche nach neuen Möglichkeiten als Ausbruch aus dem Alltagstrott des bisherigen, durch den Beruf geprägten Lebens. Der Handlungsort Ligurien verbreitet südliches Flair und eine Wohlfühlatmosphäre

Eine Frau – Sibilla Aleramo

AutorSibilla Aleramo
VerlagEisele Verlag
Datum25. April 2024
AusgabeGebundenes Buch
Seiten288
SpracheDeutsch
NachwortElke Heidenreich
ÜbersetzungIngrid Ickler
ISBN-13978-3961611850

„Denken, denken! Wie war ich nur so lange ohne das Nachdenken ausgekommen? Menschen und Dinge, Bücher und Landschaften, alles bot Stoff zum Nachdenken für mich.“ (Zitat Pos. 1645)

Inhalt

Die Ich-Erzählerin, die Älteste von vier Kindern, verbringt ihre Kindheit in Mailand. Als sie zwölf Jahre alt ist, nimmt ihr Vater eine neue Stellung als Direktor einer Fabrik in einem Dorf in Süditalien an. Damit nimmt ihr Leben eine völlig neue Richtung, denn in diesem Dorf gibt es zwar das Meer inmitten einer lichtdurchfluteten Landschaft, aber keine weiterführenden Schulen. Mit fünfzehn Jahren arbeitet sie schon als Assistentin im Büro ihres Vaters. Sie ist erst sechzehn Jahre alt, als sie einen zehn Jahre älteren, einfachen Mann heiratet, obwohl sie bereits berechtigte Zweifel hat. Als ihr Sohn geboren ist, wird das Kind für sie zum Mittelpunkt ihres Lebens. Dies ändert sich auch nicht, als sie das Dorf verlassen und nach Rom ziehen. Doch in dieser lebhaften Stadt findet sie gleichzeitig eine völlig neue Freiheit, Kultur, Bildung und die intellektuelle Herausforderungen, die sie so lange vermisst hat. Dann wird ihrem Mann die Direktorenstelle in der Fabrik im Dorf angeboten, die bisher ihr Vater innegehabt hatte.

Thema und Genre

In diesem stark autobiografischen Roman, der 1906 erschienen ist, geht es um Gesellschafts- und Sozialstrukturen, die Situation der Frauen besonders in einem von Traditionen geprägten Umfeld und die Anfänge der Frauenbewegung.

Erzählform und Sprache

Die Geschichte schildert chronologisch die ersten fünfundzwanzig Jahre im Leben einer Frau zwischen Städten wie Mailand und Rom und einem Dorf im Süden Italiens. Die Erzählform in der ersten Person schildert neben den Erlebnissen und Ereignissen vor allem die eigenen Bewusstseinsströme, die Gedanken, heftigen Zweifel, Auflehnung, aber auch Hoffnungen der Ich-Erzählerin. Dies wird dadurch verstärkt, dass diese zu schreiben beginnt, aufschreibt, wie sie sich fühlt und gleichzeitig beginnt, ihr Verhalten zu analysieren. Mit einer neuen Aufmerksamkeit beobachtet sie die Welt um sich herum, besonders das Leben der Frauen, das soziale Gefüge der Gesellschaft und die neue Arbeiterbewegung, die nun auch ihr Land erreicht hat. Die Sprache der engagierten italienischen Journalistin, Schriftstellerin und überzeugten Feministin ist lebhaft und wortreich, in den intensiven eigenen Gedankenströmen teilweise etwas überbordend, was sicher der Ausdrucksweise der damaligen Zeit entspricht. Ein ihrem Nachwort verweist Elke Heidenreich auf viele Fakten aus dem Leben der Schriftstellerin Sibilla Aleramo, die sich bis ins Detail in diesem Roman wiederfinden.

Fazit

Ein authentisches Zeitbild, das sich mit den Lebensumständen der Frauen um die Jahrhundertwende 19./20. Jahrhundert in Italien auseinandersetzt. Diese deutlich autobiografische Geschichte beschreibt eindringlich und intensiv die schwierige Suche der Protagonistin nach einem freien, selbstbestimmten Leben. Ein Roman der zum Nachdenken anregt, auch über die Situation in unserer modernen Zeit, in der Frauen weltweit immer noch in patriarchalischen, traditionellen Strukturen leben, fern von Gleichberechtigung und persönlicher Freiheit.

Der Tintenfischer: Commissario Morello ermittelt in Venedig – Wolfgang Schorlau und Claudio Caiolo

AutorWolfgang Schorlau
AutorClaudio Caiolo
Verlag KiWi-Paperback
Erscheinungsdatum 10. Juni 2021
FormatBroschiert
Seiten304
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3462001013

„Die Niuri stellen den Transport auf einer sicheren und günstigen Route zur Verfügung. Der kürzeste Weg ist der nach Sizilien. Das Ganze ist Big Business.“ (Zitat Seite 58)

Inhalt

An diesem Freitag, dem dreizehnten Mai, gehört Venedig noch den Einheimischen, denn die Corona-Ausgangssperre endet erst einige Tage später. Commissario Antonio Morello ist gemeinsam mit seiner Kollegin Anna Klotze unterwegs, da springt ein junger Mann von der Rialtobrücke in den Canal Grande. Anna rettet ihn. Er heißt David,  kommt aus Nigeria und ist nicht der erste Asylsuchende, der durch Selbstmord auf die Situation der Flüchtlinge aufmerksam machen will. Am Ende einer gefährlichen Flucht vor zwei Jahren wurden ihm und seiner Freundin in Sizilien die Reisepässe abgenommen und seine Freundin entführt. Doch nicht von der sizilianischen Mafia, sondern von der ebenso gefährlichen „Black Axe“, einer Gruppe der nigerianischen Mafia. Für Commissario Morello ist klar, dass er nach Sizilien zurückkehren muss, um die junge Frau zu suchen. Als sein Antrag auf Urlaub abgelehnt wird, fordert er seine Suspendierung heraus und macht sich sofort heimlich mit dem Segelboot eines Freundes auf den Weg nach Sizilien. Anna Klotz begleitet ihn, zunächst gegen seinen Willen, denn Morello weiß, dass damit auch sie in Sizilien in Lebensgefahr gerät, sollte er entdeckt werden. Doch wie gefährlich ihre Recherchen in diesem Bereich der lukrativen Geschäfte mit Menschen und anderen Waren sind, erkennen sie erst, als sie beginnen, dieses weit verzweigte Netz aufzudecken.

Thema und Genre

Dieser Kriminalroman, Band zwei einer Serie, spielt in Venedig und auf Sizilien. Themen sind illegale Einwanderung, Menschenschmuggel und die damit verbundene Ausbeutung durch Prostitution und Vermietung von Arbeitssklaven und natürlich die kriminellen Netzwerke der Mafia.

Charaktere

Der sympathische, hartnäckige Commissario Antonio Morello führt seinen heimlichen Kampf gegen die Mafia fort. Obwohl Morello das zur Zeit touristenfreie Venedig weiter schätzen lernt, sehnt er sich nach seiner Heimat Sizilien. Anna Klotze lernt während dieser Zusammenarbeit als Team den Commissario besser kennen und schätzen. Gleichzeitig passt sie auf, dass er tatsächlich vor allem die junge Frau aus Nigeria sucht, und sich nicht nur der intensiven Suche nach dem Capo dei capi der Mafia und seiner Vergangenheit widmet.

Handlung und Schreibstil

Auch in diesem zweiten Band der Serie im den sizilianischen Commissario in Venedig ist der Zeitrahmen der Handlung straff und damit sehr spannend. Die rasante Geschichte spielt innerhalb von wenigen Tagen zwischen dem 15. Mai und dem 1. Juni, diesmal vor allem auf Sizilien, und wird ergänzt durch lebhafte, authentische Schilderungen der Landschaft und der Menschen. Die italienischen Lieblingsrezepte des Commissario im Anhang machen sofort Lust, sie nachzukochen.

Fazit

Spannung, Action, Humor und brisante Themen mit genau recherchierten Fakten ergeben, zusammen mit den interessanten, vielschichtigen Figuren, einen packenden Pageturner, den man mit großem Vergnügen liest.

Schilf im Wind – Grazia Deledda

AutorGrazia Deledda
Verlag Manesse Verlag
Erscheinungsdatum 13. April 2021, Neuausgabe
FormatGebundene Ausgabe
Seiten448
SpracheDeutsch
AnmerkungenJochen Reichel
ÜbersetzungBruno Goetz
ISBN-13978-3717525240

„Und mit einem Mal hatte Efix das Gefühl, dass seine unglückseligen Herrinnen endlich eine Stütze, einen Beschützer gefunden hatten, der mehr wert war als er selbst.“ (Zitat Seite 229)

Inhalt

Schon zu Lebzeiten ist der despotische Vater von Donna Ester, Donna Ruth und Donna Noemi gezwungen, nach und nach seine umfangreichen Ländereien zu verkaufen. Nach seinem Tod leben die unverheirateten Schwestern in ihrem längst restaurierungsbedürftigen Haus von dem Ertrag des einzigen sich noch in ihrem Besitz befindlichen kleinen Landgutes, das seit vielen Jahren von ihrem alten Knecht Efix bewirtschaftet wird. Als der Neffe Don Giacinto, der Sohn ihrer verstorbenen Schwester Lia, die einst aus dem strengen Vaterhaus geflüchtet war, seinen Besuch ankündigt, hat Efix große Hoffnung, dass sich nun alles zum Besseren wenden und der Neffe sich in Zukunft um seine Tanten kümmern wird. Doch so wie der Wind die Schilfrohre zu brechen versucht, bringt das Schicksal Ereignisse, denen sich Ester, Ruth, Noemi und auch Efix stellen müssen.

Thema und Genre

Dieser Roman, erschienen 1913, handelt von Schicksal, Schuld, Buße, Liebe, der Gesellschaftsstruktur auf der traditionsverhafteten Insel Sardinien am Beginn des 20. Jahrhunderts, Religion, Mythen, Aberglaube, und dem einfachen Leben in der herben, kargen Landschaft Sardiniens.

Charaktere

Efix lebt ein sehr genügsames Leben umgeben von der Natur seiner Heimat. Seinen langjährigen Dienst für die Schwestern Pintor sieht er als Sühne und selbst auferlegte Strafe für eine tief in der Vergangenheit liegende Schuld. Giacinto, der Neffe der Damen Pintor, ist ein junger Mann mit guten Vorsätzen, doch labil und korrumpierbar. Die einzelnen Figuren dieses Romans sind klar und naturalistisch geschildert und zeigen ein authentisches Gesellschaftsbild auf dieser in sich abgeschlossenen, fest in den alten Traditionen verankerten Insel am Beginn des 20. Jahrhunderts.

Handlung und Schreibstil

Es werden die Ereignisse im Leben der Damen Pintor und ihres treuen Knechts Efix in der Gegenwart, also zu Beginn des 20. Jahrhunderts, geschildert. Erklärende Rückblenden ergänzen die aktuelle Handlung, die aus dem personalen Blickpunkt von Efix geschildert wird. Die Beschreibung der Denkweise und Gefühle der einzelnen Charaktere, der unterschiedlichen Konflikte, erinnert in ihrem sprachlichen Überschwang an die Rührstücke, die im deutschen Sprachraum zu Beginn des 19. Jahrhunderts, also hundert Jahre früher, entstanden sind. Interessant machen diesen Roman die vielschichtigen Einblicke in das damalige Leben auf Sardinien, die Armut, die einfachen Lebensumstände, die Situation der Frauen, den Niedergang des Landadels verbunden mit dem Verlust der Güter, der Aufstieg der Kaufleute. Sehr treffend beschrieben ist auch die Geisteshaltung der Menschen zwischen der strengen katholischen Gläubigkeit mit vielen religiösen Festen und Pilgerfahrten, doch gleichzeitig tief in der alten Magie und dem Aberglauben verwurzelt, mit Kobolden und Geisterwesen. Zahlreiche Anmerkungen von Jochen Reichel erleichtern das Verständnis der einzelnen Begriffe. Dennoch zeigt auch die überarbeitete, sehr genaue Übersetzung meiner Meinung nach einige Schwachstellen, man hätte die damals typischen Bezeichnungen in der italienischen Originalform belassen sollen. Das älteren Menschen gegenüber als Zeichen des Respekts verwendete „Zio“ und „Zia“ ist keine verwandtschaftliche Bezeichnung und die Übersetzung mit „Onkel“ und „Tante“ mag in den vielen Fällen, wo es zum Beispiel nicht tatsächlich um die Tanten von Giacinto geht, verwirrend sein (ich habe beide Fassungen gelesen, die italienische und die deutsche).

Fazit

Ein interessantes Gesamtbild des Lebens auf der zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch immer abgeschiedenen und den eigenen Regeln folgenden Insel Sardinien. Besonders beeindruckend an diesem Roman der sardischen Nobelpreisträgerin sind vor allem die poetischen, einprägsamen Schilderungen der Natur und Landschaft ihrer Heimat.

Belmonte: Eine deutsch-italienische Familiensaga – Antonia Riepp

AutorAntonia Riepp
Verlag Piper Paperback
Erscheinungsdatum 2. Juni 2020
FormatBroschiert
Seiten496
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3492062015

„Ihren ersten Kaffee trank sie auf der Steinbank neben dem Kücheneingang im Schatten des Moro und beobachtete eine Eidechse, die sich auf dem Mäuerchen der Terrasse sonnte.“ (Zitat Pos. 952)

Inhalt

Simona, demnächst dreißig Jahre alt, hat Landschaftsgärtnerei studiert und ist in Kempten im Allgäu freiberuflich tätig. An dem Tag, an dem sie ihren Job verliert, stirbt auch ihre Großmutter, Nonna Franca, bei der sie aufgewachsen ist. Simona wusste nicht, dass Franca ein Haus in der Region Marche in Mittelitalien besaß. Dieses Haus in Belmonte ist das renovierte Elternhaus von Franca, mit einem wunderbaren Obst- und Gemüsegarten, das Simona nun erbt. Da sie ohnedies auch Abstand von ihrem Lebensgefährten Sebastian braucht, fährt sie nach Italien. Als sie mehrere Kuverts ohne Absender erhält, auf denen ihre Großmutter ihr Leben erzählt, beginnt sie nachzuforschen.

Thema und Genre

Im Mittelpunkt dieses deutsch-italienischen Familienromans stehen die Frauen. Themen sind Familie und ihr Zusammenhalt, die eigenen Wurzeln, Heimat und Auswanderer, eine noch ursprüngliche italienische Gegend und die Liebe. Es geht auch um schwierige Mutter-Tochter-Beziehungen, die sich durch vier Generationen ziehen.

Charaktere

Teresa und ihre Freundin Marta, Franca und ihre Freundin Irma, Marina und ihre Tochter Simona: unterschiedliche Frauen, deren Leben durch vergangene Ereignisse geprägt ist. Es sind einprägsame Figuren und die sympathisch gestalteten Charaktere stehen im Mittelpunkt dieser Geschichte.

Handlung und Schreibstil

Die Familiengeschichte wird in zwei Handlungssträngen erzählt, Simona in der Jetztzeit, unterbrochen immer wieder durch Teresas und Francas Geschichte in der Vergangenheit. Franca erzählt ihr Leben in der Ich-Form. Jedes Kapitel ist mit Zeit- und Namensangabe versehen, das macht die Handlung übersichtlich. Italienisches Flair erhält der Roman vor allem durch die Charaktere und die Schilderungen des Alltags in Belmonte. Denn obwohl auch Landschaft und Natur beschrieben werden, fehlte mir beim Lesen etwas von diesem lebendigen, typischen Italien der Marche, wie ich es kenne. Überraschende Wendungen sorgen für Spannung, allerdings trifft Simona im Laufe der Handlung eine Entscheidung, die für mich im Zusammenhang mit dem Charakter dieser Figur und Details der Ausgangssituation nicht stimmig und nicht nachvollziehbar ist.

Fazit

Ein Generationenroman mit starken Frauen, der von Ereignissen und Schicksalen erzählt, die ein Leben völlig verändern können. Ernste, traurige Erfahrungen wechseln mit humorvollen Episoden ab und Mut, Hoffnung und Liebe machen dieses Buch zu einer angenehmen Lektüre für entspannte Lesestunden.

Unter blutrotem Himmel – Mark Sullivan

AutorMark Sullivan
Verlag Tinte & Feder
Erscheinungsdatum 22. Mai 2018
FormatTaschenbuch
Seiten596
SpracheDeutsch
ISBN-13978-1503950085

„Das Beste ist, um die Menschen zu trauern, die man geliebt und verloren hat, und dann die neuen Menschen willkommen zu heißen und zu lieben, die dir das Leben vor die Nase setzt.“ (Zitat Seite 360)

Inhalt

1943 ist Pino (Giuseppino) Lella siebzehn Jahre alt, liebt Jazz und Mädchen und träumt von   Amerika. Seine Familie lebt in Mailand, das von den Deutschen besetzt ist. Als die ersten Bomben der Alliierten auf Mailand fallen, wird er, wie zuvor schon sein jüngerer Bruder, in ein Jugendlager in den Alpen, die Casa Alpina, geschickt. Dort hat Pater Re eine Aufgabe für ihn. Mehrmals in der Woche führt Pino jüdische Flüchtlinge über gefährliche Berg- und Kletterpfade an die Schweizer Grenze. Doch sein Vater ruft ihn zurück nach Mailand und Pino verpflichtet sich widerwillig zur deutschen Armee. Am 8. August 1944 wird er der persönliche Fahrer von Generalmajor Hans Leyers und dadurch eröffnen sich völlig neue Möglichkeiten. Er sieht auch Anna wieder, die er vor vierzehn Monaten ein Mal gesehen und nie vergessen hat. Doch der Krieg ist noch nicht zu Ende und seine Aufgaben sind gefährlich …

Thema und Genre

Dieser biografische, historische Roman erzählt eine wahre Geschichte und steht beispielhaft für die vielen noch immer unbekannten mutigen Menschen, die während des WKII unter Einsatz des eigenen Lebens einen täglichen heimlichen Kampf gegen die Nationalsozialisten führten, Menschenleben retteten, ohne sich jemals selbst als Helden zu präsentieren. In diesem Buch geht es um Norditalien unter deutscher Besatzung, von Juni 1943 bis Mai 1945. Der Roman handelt aber auch von persönlicher Verantwortung und Schuld und stellt die Frage, ob Mord, egal von welcher Seite, gerechtfertigt sein kann.

Charaktere

Die Hauptprotagonisten sind Pino Lella und Generalmajor Hans Leyers. Pino ist ein normaler siebzehnjähriger Teenager, als die Bomben der Alliierten auf Mailand zu fallen beginnen. Innerhalb weniger Wochen wird er erwachsen und übernimmt die Verantwortung für die Flüchtlinge, die er über steile Alpenwege führt. Obwohl er Angst hat, bleibt er spontan in seinen Entscheidungen und gibt nie auf. Er träumt vom Ende des Krieges und einem gemeinsamen Leben mit seiner großen Liebe Anna.

Hans Leyers hat gelernt, immer auf der richtigen Seite zu stehen. Befehle empfängt er direkt vom Führer, dennoch versucht er, eigene Wege zu gehen und seine Rolle blieb undurchschaubar, was auch dazu führte, dass er in den Jahren nach dem Krieg seine Verbrechen erfolgreich leugnen konnte.

Handlung und Schreibstil

Nicht nur durch die Geschichte, die ihm Pino Lella persönlich erzählt, sondern auch durch die nachfolgenden intensiven Recherchen gelingt dem Autor hier ein realistisches Portrait der Ereignisse während dieser für Norditalien prägenden Jahre vor Kriegsende.

Der Roman ist in 5 Teile eingeteilt und in insgesamt 34, fortlaufend nummerierte Kapitel.

Der Autor wählt die personale Erzählform, er erzählt die Ereignisse aus der Sicht von Pino, verzichtet jedoch auf die Ich-Form.

Die Geschichte ist sehr packend und sprachlich gekonnt erzählt. Der Spannungsbogen ergibt sich schon durch die tatsächlichen Ereignisse dieser Zeit, wobei die Spannung durch Pino Lellas Einsätze gesteigert wird.

Fazit

Ein großartiger Roman, den zu lesen sich wirklich lohnt, ein wichtiges Stück Zeitgeschichte, über die außerhalb Italiens relativ wenig bekannt ist, da man nach dem Krieg über diese Ereignisse geschwiegen hat. Der reale biographische Hintergrund macht dieses Buch ungemein spannend.