Léon und Louise – Alex Capus

AutorAlex Capus
VerlagCarl Hanser
Datum7. Februar 2011
AusgabeKindle-Ausgabe
Seiten320 (Print-Ausgabe)
SpracheDeutsch
ASINB004W2JWZG

„Da haben wir uns ein paar Jahre lang ziemlich nah beieinander die Hintern plattgesessen. Das nennt man Pech.“ (Zitat Seite 135)

Inhalt

Der junge Morseassistent Léon Le Gall ist siebzehn Jahre alt, als er Louise Janvier im Frühling 1918 kennenlernt. Pfingsten 1918 hat er drei Tage dienstfrei und er fährt mit ihr an den Ozean. Auf der Heimfahrt geraden sie in einen Angriff der Deutschen, Léon wird schwer verletzt und er erhält die Nachricht, Louise habe nicht überlebt. Auch Louise sagt man, dass Léon tot sei. 1928 begegnen sie einander zufällig in Paris wieder, doch Léon ist inzwischen mit Yvonne verheiratet und Vater, obwohl er nie aufgehört hat, an Louise zu denken.

Thema und Genre

In diesem Roman geht es um eine große Liebe, die sich durch ein ganzes Menschenleben zieht, die durch schicksalshafte Ereignisse jedoch nur heimlich gelebt werden kann, mit jeweils jahrelangen Unterbrechungen. Es geht um Familie, Verantwortung und Entscheidungen. Gleichzeitig ist dies die Geschichte Frankreichs während der beiden Weltkriege.

Erzählform und Sprache

Es ist der Enkel von Léon Le Gall, der die Lebensgeschichte seines Großvaters schildert, aktuell beginnend mit den Ereignissen vom 16. April 1986, an dem eine Frau eine Fahrradklingel in den Sarg seines Großvaters legt.  Von hier aus schwenkt die Geschichte direkt in die Vergangenheit und beginnt mit dem Tag, an dem der junge Léon dieses besondere Mädchen mit der gepunkteten Bluse zum ersten Mal sieht. Von da an zieht sich diese besondere Liebesgeschichte durch das ganze Leben von Léon und Louise und wird durch Details aus der großen Familie Le Gall auch zu einer Generationengeschichte. Die fiktiven Ereignisse fügen sich in die historischen Fakten ein, besonders in die Zeit der beiden Weltkriege und damit verbunden, das Leben in Paris während der deutschen Besatzung. Die Sprache erzählt eindrücklich, einfühlsam, doch immer mit leichtem Humor und niemals kitschig.

Fazit

Eine ungewöhnliche, mit charmanter Leichtigkeit erzählte Liebes- und Lebensgeschichte, deren Ereignisse eingebettet sind in den realen historischen Hintergrund Frankreichs im 20. Jahrhundert.

Sisi – Karen Duve

AutorKaren Duve
Verlag Galiani-Berlin
Erscheinungsdatum 22. September 2022
FormatGebundene Ausgabe
Seiten416
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3869712109

„Der krumme Weg ist hier doch immer der bequemere. Warum etwas direkt sagen, wenn man es auch hintenherum erledigen kann.“ (Zitat Pos. 1327)

Inhalt

So oft als möglich flieht Elisabeth, Kaiserin von Österreich, dem anstrengenden, intriganten Wiener Hofleben, das sie nicht nur einengt, sondern auch langweilt. Auf dem ungarischen Landsitz des Kaiserpaares, Schloss Gödöllö, kann sie sich freier bewegen und ihrer großen Leidenschaft, dem Reiten, nachgehen, so oft und lange sie will. Bei der Eröffnung der Wiener Weltausstellung 1873 erzählen ihr englische Würdenträger begeistert von den englischen Parforcejagden. Nach einem ersten Besuch im Jahr 1874 reist sie 1876 wieder nach England und nimmt dort an den schwierigsten Parforcejagden teil, während ihre bevorzugte Hofdame und Vertraute, Gräfin Marie Festetics, sorgenvoll auf ihre Rückkehr wartet, denn Elisabeth ist eine hervorragende Reiterin, aber gleichzeitig draufgängerisch und durch kein Hindernis aufzuhalten. Die Kaiserin ist der Mittelpunkt im Leben der Gräfin Festetics. Doch als die Kaiserin ihre junge Nichte Marie Louise Wallersee auf Schloss Gödöllö einlädt und diese, ebenfalls eine hervorragende Reiterin, bald zur Vertrauten der Kaiserin wird, fürchtet die Hofdame um Position bei der Kaiserin und schmiedet entsprechende Pläne.

Thema und Genre

In diesem Roman geht es um Episoden aus dem Leben von Elisabeth, Kaiserin von Österreich. Der knappe Zeitrahmen umfasst die Jahre 1874 bis 1877, ergänzt durch Rückblicke. Themen sind Pferde, Jagden, Liebe, Klatsch und Intrigen.

Charaktere

„Bis ins kleinste Detail recherchiert und gnadenlos seziert: Karen Duve über eine Kaiserin, die ihrer Zeit oft weit voraus war und trotzdem bis heute unterschätzt wird.“ So steht es in der Beschreibung des Verlages. Doch leider zeigt dieser Roman nur einige Facetten ihrer vielschichtigen Persönlichkeit: wir erfahren viel über die außergewöhnliche begabte Reiterin und begeisterte Sportlerin Elisabeth, über die große Disziplin, mit der sie ihre Schönheit pflegte, über Skandale und Gerüchte über angebliche Affären, die bekannten, realen Liaisonen des Kaisers, aber wir erfahren nichts über die wesentlich spannenderen intellektuellen Seiten dieser vielseitig interessierten, gebildeten, außergewöhnlichen  Frau, die in ihren modernen Ansichten ihrer Zeit weit voraus war und durch ihren Freiheitsdrang und Wunsch nach Selbstbestimmung der Frauen eine frühe Vorreiterin für ein verändertes Frauenbild war.

Handlung und Schreibstil

Diese Jahre zwischen 1874 und 1877, die das Kernstück der Geschichte bilden, sind bereits geprägt durch Reisen und Aufenthalte fern vom Wiener Hof. Doch während ihr bevorzugter Rückzugsort bald darauf Korfu wurde, sind es in diesen Jahren noch Gödöllö, ihr Elternhaus in Possenhofen und, als neues Reiseziel, England. Es sind die Jahre, in denen die großartige, begeisterte, ehrgeizige Reiterin ihre Jagdleidenschaft auslebt. Geschildert werden einzelne Episoden und prägende Ereignisse, und auch die längst bekannten Anekdoten, Gerüchte und Intrigen am kaiserlichen Hof in Wien fehlen nicht. Doch dies alles findet sich bereits in der großartigen, umfassenden Elisabeth-Biografie von Brigitte Hamann. Wie vom Verlag angekündigt, wurde „gnadenlos seziert“, was in diesem Fall bedeutet, dass jene vorhin genannten Abschnitte so ausgesucht wurden, dass sie in das einseitige Bild der Kaiserin passen, das die Autorin mit diesem Roman vermitteln will. Daran ändert auch das ausführliche Literaturverzeichnis im Anhang nichts. Ein typischer Roman des in den letzten Jahren beliebten Genre „Berühmte Frauen, starke Frauen und die Liebe“. Auch die Sprache entspricht dem Genre Unterhaltungsroman.

Fazit

Ich hatte nicht mit diesem engen Zeitrahmen von wenigen Jahren, zugeschnitten auf den Schwerpunkt Pferde, Treibjagd und Skandälchen gerechnet. Viele andere wichtige Facetten werden nur gestreift und in meinen Augen sehr selektiv zusammengesetzt. Wer sich bereits mit dieser interessanten, facettenreichen, aber auch schwierigen und ambivalenten Persönlichkeit der berühmten österreichischen Kaiserin auseinandergesetzt hat, findet in diesem Roman nichts Neues. Mich konnte dieser Roman nicht überzeugen, aber ich bin sicher, er wird begeisterte Leserinnen finden.

Die Buchhandlung in der Amalienstraße – Heidi Rehn

AutorHeidi Rehn
Verlag Ullstein eBooks
Erscheinungsdatum 28. April 2022
FormatKindle Ausgabe
Seiten464 Seiten (Printversion)
SpracheDeutsch
ASINB09LNTD11X

„Die Zeiten ändern sich gerade grundlegend, und wir beide stecken mittendrin. Im letzten Herbst wurde hier in München der Schriftstellerinnen-Verein gegründet, jetzt waren wir auf einer Versammlung mit Rosa Luxemburg, was erwartet uns wohl als Nächstes?“ (Zitat Pos. 1853)

Inhalt

1910 ist Elly (Eleonore) Grafenstetter sechzehn Jahre alt, doch sie weiß genau, was sie will: sie will Buchhändlerin werden, nicht von einem Ehemann versorgt werden, sondern auf eigenen Beinen stehen. 1913 tritt Elly in der Buchhandlung von Theres und Ruth Lämmle in Münchner Amalienstraße ihre Lehrstelle an und auch ihre beste Freundin Henni wird dort als Ladenhilfe eingestellt. Diese Buchhandlung bietet als Schwerpunkt Münchner Literatur an, vor allem aber auch Literatur von Frauen für Frauen, und so kommen Elly und Henni bald mit der modernen Frauenbewegung in Kontakt. Doch dann beginnt der Krieg, ihre Freunde Leo und Zacherl melden sich freiwillig, und wer soll noch Bücher kaufen, wenn das Geld nicht für das nötigste Essen reicht? Es gibt kaum Papier und Zensur und Spitzel kontrollieren genau, ob verbotene Bücher angeboten werden, besonders in einer von Frauen geführten Buchhandlung. Doch Aufgeben kommt für die Buchhändlerinnen nicht in Frage.

Thema und Genre

In diesem historischen Roman geht es um München während der ersten zwanzig Jahre des 20. Jahrhunderts,  Freundschaft, den Wandel des Frauenbildes in der Gesellschaft, die Kriegsjahre, um Literatur und eine Buchhandlung.

Charaktere

Dieser Roman vereint fiktive und reale Personen. Die fiktiven Hauptfiguren sind Elly und Henni. Elly will Buchhändlerin werden und setzt dies auch zielstrebig um. Gegenüber ihrer Freundin Henni ist sie etwas besitzergreifend, egoistisch. Henni träumt davon, eines Tages einen eigenen Roman zu schreiben. Da sie aus einfachen Verhältnissen stammt, hat sie es schwieriger als Elly, geht aber selbstbewusst ihren Weg. Im Zusammenhang mit den tatsächlichen Ereignissen in diesen Jahren sind auch die entsprechenden Personen aus Politik, Kultur und Gesellschaft real, sowie die erwähnten Schriftsteller und Schriftstellerinnen und ihre Werke.

Handlung und Schreibstil

Die Handlung spielt zwischen Mitte März 1910 und Mitte Juni 1919 und wird chronologisch erzählt, wobei die einzelnen Kapitel mit dem jeweiligen Datum versehen sind. Ort des Geschehens ist die Münchner Marxervorstadt und die Buchhandlung in der dortigen Amalienstraße. Die Ereignisse schildern die Zeit vor dem ersten Weltkrieg, die Kriegsjahre und die politischen Aufstände nach Kriegsende. Gleichzeitig geht es um die Anfänge der Frauenbewegung und das Schicksal von vier eng befreundeten Menschen, Elly, Henni, deren zwei Jahre älteren Bruder Zacherl, und Leo, ebenfalls Buchhändler. Die Sprache ist leicht zu lesen, was dem Genre Unterhaltungsliteratur entspricht. Die realen Konflikte und Probleme dieser schwierigen Jahre werden im Rahmen der Handlung erwähnt, ohne allerdings in die Tiefe zu gehen. Bücher und die Buchhandlung stehen weniger im Mittelpunkt, als ich es auf Grund des Titels erwartet hatte.

Fazit

Ein Unterhaltungsroman mit geschichtlichem Hintergrund, der in einer Münchner Buchhandlung in der Zeit des Ersten Weltkrieges spielt.

Hexenweib: Ein Zeitreiseroman – Marie von Stein

AutorMarie von Stein
Verlag tredition
Erscheinungsdatum 1. November 2021
FormatGebundene Ausgabe
Seiten272
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3347406940

„Bis zu dieser unruhigen Zeit, in der die Kunst zu heilen und der Wunsch zu helfen schon mal voller Neid beobachtet wurde. Von denen, die solche Fähigkeiten nicht verstanden.“ (Zitat Seite 9)

Inhalt

Auch wenn Anna Callendorp nach einer verleumderischen Anklage auf ihren Adelstitel und weite Ländereien ihres verstorbenen Vaters verzichten musste – der Meierhof ihrer Großeltern ist ihr geblieben und sie baut nun auf den Rat ihrer Zofe und Freundin Juliette erfolgreich Raps an. Doch dann die Hiobsbotschaft: Juliette, die kräuterkundige Heilerin, wurde verhaftet und ist der Hexerei angeklagt. Im Jahr 1670 bedeutet dies den Scheiterhaufen.

Im Jahr 2020, mitten in der Pandemie, hat Inge Süvern, die Großtante von Susanna Kallens Freund Thomas, einen schweren Verkehrsunfall. Doch trotz dieser Sorgen zögert Susanna nicht, als sie plötzlich, wie schon ein Jahr zuvor, einen Wolf sieht. Sie folgt ihm zum Elfenborn, denn sie spürt, ihre Ahnin braucht wieder ihre Hilfe und die Zeit drängt!

Thema und Genre

Auch dieser zweite Roman der Zeitreise-Serie „RegenbogenReigen“ verbindet die Geschichte des Kalletals im 17. Jahrhundert mit Ereignissen in dieser schönen Region im Jahr 2020. Es geht um die historischen Hexenverfolgungen in einer Zeit, die geprägt ist von Aberglaube und Verleumdung. Es geht aber auch um die zeitlos aktuelle Unterdrückung von Frauen, und um Familiengeheimnisse, die ein Leben zerstören können.

Charaktere

Susanna Kallen ist eine moderne junge Frau. Ein magisches Band scheint sie mit ihrer Vorfahrin Anna Callendorp zu verbinden. Beide sind selbstbewusst, etwas eigensinnig und in Notsituationen sehr mutig und erfinderisch.

Handlung und Schreibstil

Die Geschichte spielt in unterschiedlichen Jahrhunderten, wobei die Ereignisse gleichzeitig stattfinden und abwechselnd oder vernetzt erzählt werden. Die einzelnen Kapitel tragen die jeweilige Jahreszahl als Überschrift, doch auch die Sprache ändert sich, passt perfekt zum historischen Hintergrund. Ein dritter Erzählstrang führt in die nähere Vergangenheit und erklärt die Hintergründe einer bestimmten Situation in der Gegenwart. So ergibt sich eine interessante, abwechslungsreiche Geschichte, in der man sich durch die lebhaften Beschreibungen beim Lesen rasch ebenso zu Hause fühlt, wie im Tal der Kalle mit den prächtigen Regenbogen, Wölfen und Wäldern, in denen auch magische Ereignisse möglich scheinen.

Fazit

Ein facettenreicher Roman mit Regionalbezug, der eine magische Landschaft und ihre Geschichte mit zeitlos aktuellen Themen verbindet.

Terror – Dan Simmons

AutorDan Simmons
Verlag Heyne Verlag
Erscheinungsdatum 1. Dezember 2008
FormatTaschenbuch
Seiten992
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3453406131

„Wenn wir also die Schiffe aufgeben und aufs Eis wollen in der Hoffnung, noch vor Wintereinbruch entweder den Großen Sklavensee oder die Ostküste der Somerset-Insel zu erreichen, dann müssen wir schon vor dem Juni aufbrechen.“ (Zitat Seite 522)

Inhalt

Ursprünglich hätte der erfahrende Antarktisforscher Sir James Clark Ross diese Expedition leiten sollen, die den Auftrag hat, die legendäre Nordwestpassage zu durchsegeln und zu kartieren. Doch er lehnt aus persönlichen Gründen ab. Kurz bevor die Schiffe am 19. Mai 1845 in See stechen, äußert er gegenüber dem nun ernannten Leiter der Expedition, Sir John Franklin, seine Bedenken, besonders über die Größe der Expedition. Die beiden Schiffe, die  „Terror“ und die „Erebus“, seien zwar modern, aber zu schwer und hätten für das Eis zu viel Tiefgang. Tatsächlich sind sie dann bereits im Spätsommer 1845 im Eis eingeschlossen und verbringen die Wintermonate vor der Beechey-Insel. Erst im Mai 1846 kommen die beiden Schiffe frei und schon Anfang September beginnt das Eis, sich wieder zu schließen. Bei einer Besprechung der Offiziere am 3. September 1846 wird vorgeschlagen, die schwer beschädigte „Erebus“ aufzugeben, denn mit den gesamten Kohlevorräten käme die wendigere „Terror“ wesentlich rascher voran, Platz sei für beide Mannschaften und Vorräte vorhanden. Doch Sir John Franklin ist sechzig Jahre alt und es ist seine letzte Chance auf eine ruhmreiche Entdeckung. Sein Schiff, die „Erebos“, aufzugeben, kommt nicht in Frage und er erteilt den verhängnisvollen Befehl, die Reise mit beiden Schiffen fortzusetzen.  Doch nur zehn Tage später stecken beide Schiffe wieder im Eis fest und nicht nicht nur Kälte und Dunkelheit bedrohen die Menschen.

Thema und Genre

In diesem packenden historischen Roman erzählt Dan Simmons die Geschichte der legendären Franklin-Expedition und der mutigen Männer, die im arktischen Eis um das Überleben kämpften.

Charaktere

Die Personen, ihr Rang und ihre Aufgaben entsprechen den Musterungsrollen aus dem Jahr 1845. Die nach umfangreichen Recherchen in diesen Roman eingeflossenen Fakten betreffend die einzelnen Charaktere, das Leben an Bord und den Weg über das Eis, das Verhalten der Offiziere und die damals gültige strenge Hierarchie und Befehlshoheit, sind sehr realistisch geschildert.

Handlung und Schreibstil

Der Autor schildert die Handlung annähernd chronologisch, abwechselnd aus Sicht bestimmter Personen. Eine Ausnahme machen die Kapitel um Kapitän Crozier, die im Oktober 1847 beginnen, während die Ereignisse aus Sicht von Sir John Franklin und auch im Tagebuch des Schiffsarztes Dr. Goodsir, die bereits im Mai 1845 beginnen, um sich dann 1847 mit dem aktuellen Geschehen zu verknüpfen. Jedes Kapitel trägt den Namen der jeweiligen Person, die im Mittelpunkt steht, Datum und Standort. Diese spezielle Art der personalen Erzählform und der eindringlichen Sprache führen den Leser, die Leserin sofort in die Handlung und in das Eis der Arktis und machen diesen Roman zu einem ungemein lebendigen, spannenden Leseerlebnis.

Fazit

Dieser historische Roman ist eine durch dunkle Mystik ergänzte Schilderung des möglichen Schicksals der Franklin-Expedition zwischen Mai 1845 und Oktober 1848. Packend und eindrücklich erzählte 962 Seiten machen dieses Buch zum unwiderstehlichen Pageturner.

Ich bleibe hier – Marco Balzano

Trina lebt in Graun, einem malerischen Südtiroler Bauerndorf. 1923 macht sie ihr Abitur und will Lehrerin werden. Doch dann kommt Mussolini und mit ihm ein Verbot der deutschen Sprache. Sie erhält keine Anstellung als Lehrerin, doch sie unterrichtet heimlich weiter. Die Nationalsozialisten mit ihrer Aufforderung, nach Deutschland auszuwandern, trennen das Dorf in die Optanten und die Dableiber. Erich, Trinas Ehemann, entscheidet sich zu bleiben, und sie bleibt mit ihm. Doch auch nach dem Krieg kommt ihre Heimat im oberen Vintschgau nicht zur Ruhe. Ein Stausee wird gebaut und sein Wasserpegel soll plötzlich viel höher werden, als ursprünglich geplant.
AutorMarco Balzano
Verlag Diogenes Verlag
Erscheinungsdatum 24. Juni 2020
FormatGebundene Ausgabe
Seiten288
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3257071214

„Unsere Häuser, die Kirche, die Straßen, alles lag innerhalb dieser Striche, von denen wir nicht sicher wussten, was sie bedeuteten. Jenseits gab es nur noch die Berge und die windschiefen Lärchen.“ (Zitat Seite 105)

Inhalt

Trina lebt in Graun, einem malerischen Südtiroler Bauerndorf. 1923 macht sie ihr Abitur und will Lehrerin werden. Doch dann kommt Mussolini und mit ihm ein Verbot der deutschen Sprache. Sie erhält keine Anstellung als Lehrerin, doch sie unterrichtet heimlich weiter. Die Nationalsozialisten mit ihrer Aufforderung, nach Deutschland auszuwandern, trennen das Dorf in die Optanten und die Dableiber. Erich, Trinas Ehemann, entscheidet sich zu bleiben, und sie bleibt mit ihm. Doch auch nach dem Krieg kommt ihre Heimat im oberen Vintschgau nicht zur Ruhe. Ein Stausee wird gebaut und sein Wasserpegel soll plötzlich viel höher werden, als ursprünglich geplant.

Thema und Genre

In diesem Roman geht es um die wechselvolle Geschichte der deutschsprachigen Bevölkerung Südtirols, um Heimatverlust, Erinnerung gegen das Vergessen, um Familie, persönlichen Mut, politische Willkür und die Flutung des Reschensees.

Charaktere

Trinas Vater ist Schreiner, doch sie will Lehrerin werden. Als junge Frau widersetzt sie sich als Katakombenlehrerin mutig den Faschisten. Nach ihrer Heirat trifft Erich die Entscheidungen, die sie mitträgt. Seine Hauptfiguren umgibt der Autor mit unterschiedlichen Dorfbewohnern, so erfasst er sehr authentisch die verschiedenen Sichtweisen und Entscheidungen, von denen viele in ein einfaches „wir bleiben, hier ist unser Leben“ münden.

Handlung und Schreibstil

Der Autor erzählt die Geschichte von Alt-Graun und Reschen chronologisch in Form von Trinas Aufzeichnungen für ihre Tochter. Dieser Erzählform passt der Autor auch die Sprache an und da die schreibende Trina keine sehr gefühlsbetonte Frau ist, bleibt auch die Sprache unaufgeregt, karg, beinahe sachlich berichtend. Nach einer kurzen Einleitung beginnt sie mit ihrer Jugend und den Vorbereitungen für das Abitur 1923 und endet in einer Zeit, in der Sommerurlauber den Turm im See fotografieren. Ergänzt wird die Geschichte mit Rückblicken in Form von persönlichen Erinnerungen. Denn darum geht es in diesem Buch, nicht nur um die Schilderung der ohnedies bekannten Fakten, sondern vor allem um die persönlichen Schicksale, die damit verbunden sind.

Fazit

Diese mit den historischen Tatsachen verknüpfte Geschichte einer fiktiven Familie erzählt von Widerstand, Verbundenheit mit der eigenen Heimat, von Hoffnung und schließlich vom Verlust. Die ruhige, manchmal beinahe karge Sprache lässt das Geschehen umso eindrücklicher wirken, ein Buch, das nachdenklich macht und beim Lesen ein völlig neues Bild vom Kirchturm im Reschensee ergibt.