Karpathia – Mathias Menegoz

AutorMathias Menegoz
Verlag Frankfurter Verlagsanstalt
Erscheinungsdatum 30. August 2017
FormatGebundene Ausgabe
Seiten680
SpracheDeutsch
ÜbersetzerinSina de Malafosse
ISBN-13978-3627002381

„Außerhalb des Fürstentums Transsilvanien hinterließ das Geschehnis nur in den seltsamen Berichten Spuren, die von Klausenburg nach Wien geschickt wurden und, weit im Osten, in den noch seltsameren Berichten der zaristischen Geheimdienste.“ (Zitat Seite 623)

Inhalt

Hauptmann Graf Alexander Korvanyi sieht das Duell, das er beinahe mit Absicht provoziert, als perfekte Möglichkeit, die kaiserliche Armee in Ehren verlassen zu können. Denn schon als er Cara von Amprecht kennengelernt hatte, hatte ihm diese erklärt, sie würde niemals eine Offiziersgattin in dauernd wechselnden Garnisonen werden. Nun jedoch nimmt sie seinen Antrag an. Die freiheitsliebende Cara ist froh, den strengen Regeln der Wiener Gesellschaft zu entkommen und freut sich auf den Neubeginn, auf dieses Abenteuer, als Alexanders Ehefrau mit ihm auf seiner Burg inmitten der weitläufigen Ländereien in der wilden Korvanya in Transsilvanien zu leben. Doch der junge Graf kennt diesen weithin unbekannten Teil des habsburgischen Reiches nur aus den Familiengeschichten. Niemand hatte das junge Paar auf die Realität vorbereitet. 1784 war ein blutiger Aufstand der Walachen von den adeligen Magyaren ebenso blutig niedergeschlagen worden. Die Leibeigenschaft auf Alexanders Gütern, der bewusst geschürte Aberglaube an Vampire und die Armut der Menschen machen das Zusammenleben von Magyaren, Siebenbürger Sachsen und Walachen auch jetzt, im Jahr 1833, unberechenbar, eine trügerischen Ruhe vor einem gefährlichen Sturm, der jederzeit ausbrechen kann.

Thema und Genre

Dieser historische Abenteuerroman spielt während der österreichischen Kaiserzeit im weit von Wien entfernten Fürstentum Transsilvanien. Ein buntes, unterschiedliches und untereinander verfeindetes Völkergemisch, die gesellschaftliche Hierarchie, aber auch die Lebensumstände der armen Bauern, die vom magyarischen Adel aus selbstverständlich angesehene Leibeigenschaft sind die Kernthemen dieser Geschichte. Natürlich geht es auch um gefährliche Abenteuer, Ehre, Verrat und mutige Einzelkämpfer. Obwohl auch Vlad, Aberglaube und die Furcht vor Vampiren Themen sind, ist dies kein typischer Vampirroman.

Charaktere

Dieser Roman überzeugt durch die vielen unterschiedlichen Figuren, auf die wir im Laufe der Geschichte treffen. Ihre Eigenheiten und Charaktere zeigen auch im historisch realen Kontext, wie gut der Autor recherchiert hat.

Handlung und Schreibstil

Die Geschichte beginnt im Jahr 1833, ergänzende Details aus der historischen Vorgeschichte werden in erinnerten Gesprächen geschildert. Die Handlung verläuft chronologisch, rasant und abwechslungsreich, was aus diesem Buch einen packenden Abenteuerroman macht. Gleichzeitig sorgen die interessanten Schilderungen der rauen Landschaft, der Lebensumstände der unterschiedlichen Völker, die damals in Transsilvanien lebten, und auch der kritische Blick auf die in dieser Zeit selbstverständlichen Herrschaftsverhältnisse innerhalb der Gesellschaftskreise dafür, dass dieser Roman wesentlich mehr ist, als nur eine Abenteuergeschichte. Auch die lebhafte, vielseitige Erzählsprache, die sich sogar die Zeit nimmt, die Kampfszenen episch und bildintensiv zu beschreiben, überzeugt.

Fazit

Ein facettenreiches, interessantes Bild dieser Zeit, ein historischer Abenteuerroman, den man mit Spannung und Vergnügen liest

Das mangelnde Licht – Nino Haratischwili

AutorNino Haratischwili
Verlag Frankfurter Verlagsanstalt
Erscheinungsdatum 25. Februar 2022
FormatGebundene Ausgabe
Hörbuch gelesen vonSimone Kabst
Seiten832
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3627002930

„Ich spürte, dass dieser Moment magisch war, und das nicht, weil etwas im eigentlichen Sinne Besonderes geschah, sondern weil wir in unserem Zusammenhalt eine unzerstörbare Kraft bildeten, eine Gemeinschaft, die vor keiner Herausforderung mehr zurückschrecken würde.“ (Zitat Seite 10)

Inhalt

Die Fotografie aus dem Jahr 1987 ist das einzige Bild, auf dem sie zusammen zu sehen sind, jung, voller Hoffnung auf die Zukunft. Es ist der Nachmittag vor ihrem großen Abenteuer, denn in der Nacht brechen sie durch ein Loch im Zaun in den Botanischen Garten ein. Damit ist die Freundschaft Dina, Keto, Ira und Nene, vier Mädchen aus dem Sololaki-Viertel, einem der buntesten Stadtteile von Tbilissi, endgültig besiegelt und die Lebensgeschichten scheinen untrennbar miteinander verbunden, bis Dinge passieren, die auch ihre Freundschaft zerstören. Erst 2019, viele Jahre später, treffen drei von ihnen in Brüssel wieder zusammen, als eine Retrospektive des fotografischen Gesamtwerkes von Dina eröffnet wird. Dina, die bekannte Fotografin, Ketos beste Freundin, fehlt. Sie ist tot, doch in ihren Bildern lebt sie weiter. Für Keto, Nene und Ira wird dieser Abend ein langer Weg zurück in die Vergangenheit, durch die Erinnerungen an ihre Kindheit und Jugend, an Dina, zurück zu den Ereignissen, die ihr Leben für immer geprägt haben, verbunden mit der wechselvollen Geschichte von Georgien. Zu viel ist geschehen, mit diesen Erinnerungen ist keine intakte Gegenwart möglich, oder doch?

Thema und Genre

Dieser Roman ist die Geschichte Georgiens in den politisch unsicheren Jahren der Umbrüche, Aufstände, Gewalt. Gleichzeitig ist es die Geschichte einer Generation, deren Leben durch diese Jugendjahre für immer geprägt wird. Themen sind Freundschaft, Träume und Liebe, aber auch Macht, Gewalt und Verlust. Es geht um traditionelle gesellschaftliche Strukturen, das Patriarchat der Vätergeneration, das von den Brüdern der vier Freundinnen in Bezug auf das Wertesystem übernommen wird, obwohl die jungen Männer selbst, zornig und selbstbewusst, aus genau diesem System ausbrechen wollen.

Charaktere

Dina war schon als Kind unangepasst und rebellisch, Ira dagegen vernünftig und pragmatisch, besorgt, die vorsichtige, romantische Nene zu beschützen. Keto, als Kind angepasst und zurückhaltend, war schon immer die ausgleichende Schlichterin zwischen Dinas Freiheitsdrang, Iras Vernunft und Nenes Träumereien. Die Autorin hat ein unglaubliches Einfühlungsvermögen für jede einzelne der zahlreichen Figuren, die in dieser Geschichte leben, für ihre Konflikte, Überzeugungen, Zweifel und Gefühle.

Handlung und Schreibstil

Die Handlung beginnt im Jahr 1987 in Tbilissi, verläuft jedoch nicht chronologisch, sondern in Episoden, an die sich die Ich-Erzählerin Keto bei ihrem langsamen Rundgang durch die Austellung und beim Betrachten der einzelnen Fotografien erinnert. So erfahren wir die prägenden Erlebnisse und Ereignisse im Leben der vier Frauen, die, wie sie selbst feststellen, in den ersten fünfundzwanzig Jahren ihres Lebens mehr erlebt haben, als die meisten Menschen nicht einmal in einem gesamten, langen Menschenleben. Der zweite Handlungsstrang umfasst diesen einen langen Abend in Brüssel im Jahr 2019 und verläuft chronologisch. Nino Haratischwili ist eine wunderbare Erzählerin mit einem offenen, genauen Blick auf die Geschichte ihres Geburtslandes Georgien, vor allem aber auf die Menschen. Besonders ihre Frauenfiguren sind, bei allen Zweifeln, starke Frauen, die in einem von männlicher Gewalt und Konflikten dominierten Umfeld in den späten Jahren des 20. Jahrhunderts ihren eigenen Weg gegen alle Widerstände gehen.

Fazit

Ein großartiger Roman, bewegend, episch, facettenreich und packend, auch die Sprache zieht uns sofort in den Bann der Geschichte und lässt uns nicht mehr los. Ich habe mit dem Hörbuch begonnen, dann jedoch auf Grund der eindrücklichen Sprache und Komplexität der Geschichte diese im Buch weitergelesen. So kann ich auch das Hörbuch empfehlen, gelesen von Simone Kabst, deren angenehme Stimme und einfühlsame, lebhafte Art zu lesen ebenfalls überzeugen.