„Du heißt nicht umsonst José. Du wirst die Sonne sein, und die Sterne werden um dich leuchten.“ (Zitat Seite 21)
Inhalt
Als José, genannt Sesé, fünf Jahre alt ist, kann er lesen. Er hat es sich selbst heimlich beigebracht. Er ist neugierig auf das Leben, steckt voller Geschichten und hat ständig neue Ideen für Streiche, die er lustig findet. So wird er oft streng bestraft, auch für Dinge, die nicht er getan hat. Als sie in ein kleineres Haus ziehen müssen, weil der Vater arbeitslos ist, steht dort im Garten ein sehr kleiner Orangenbaum. Dieses Bäumchen, Sesé nennt es „Knirps“, wird sein bester Freund. Mit ihm erlebt er seine Phantasieabenteuer und ihm erzählt er alle seine Sorgen. Bis zur Sache mit der Glasscherbe, denn nun hat er wirklich einen Freund, Manuel „Portuga“ Valadares und wenn man sich seinen Vater hätte aussuchen können, dann hätte Sesé sich Portuga gewünscht.
Thema und Genre
In diesem autobiografischen Roman geht es um einen Jungen, der in sehr einfachen Verhältnissen in Brasilien aufwächst. Themen sind Kinderarmut, Kinderwelt und Erwachsenenwelt, Phantasie, die Natur, Zuwendung und Liebe.
Erzählform und Sprache
Der Zeitrahmen umfasst nur ein Jahr und es ist die Hauptfigur Sesé, der die Geschichte als Ich-Erzähler schildert. Er nimmt uns mit in seine eigene Welt, teilt mit uns die phantasievollen Geschichten, die er sich ausdenkt, seine Gedanken und seine eigene Auslegung für Geschehnisse aus der Welt der Erwachsenen, die durch Erklärungen in Form von Gesprächen ergänzt werden. Es sind Details und Alltagsereignisse, die sich so mit seinen Träumen, Wünschen, aber auch Ängsten verbinden. Die poetische Sprache beeindruckt durch ihre sanfte Intensität.
Fazit
Eine sehr zärtliche, gefühlvolle Geschichte, die sich mit der Traurigkeit der Realität verbindet und dennoch positiv nachklingt.
„Ich glaubte an die Zukunft, an die Kreativwirtschaft und an die Kraft des Kapitalismus, mit den eigenen Widersprüchen klarzukommen, einschließlich der Apokalypsen.“ (Zitat Seite 106)
Inhalt
Ende der 90er Jahre in Brasilien eroberten sie die digitale Welt mit ihrem kontroversiellen Online-Magazin „Orangotango“. Vier Freunde – Aurora, Emiliano, Antero und Andrei Dukelsky, genannt „Duke“. Ihr Leben war wild, immer bereit, die bekannten Strukturen aufzubrechen, kulturelles Neuland zu betreten. Ihre Wege trennten sich. Emiliano war weiterhin als Journalist tätig, während Antero eine sehr erfolgreiche Werbefirma aufgebaut hat. Aurora hat sich für ein Biologiestudium entschieden und arbeitet an ihrer Dissertation über den Biorhythmus von Zuckerrohr. Duke wurde ein erfolgreicher Schriftsteller mit einer großen Fangemeinde – doch 2014 wird er bei einem Raubüberfall ermordet. Bei seinem Begräbnis beginnen sich die drei Freunde zu fragen, was aus ihnen und ihren Träumen geworden ist und vor allem, wer war Duke wirklich und was bedeutet sein Vermächtnis?
Thema und Genre
Der Autor legt uns hier einen Generationenroman vor, das Dilemma einer mit allen Möglichkeiten der neuen digitalen Welt aufgewachsenen, intellektuellen Jugend, die sich selbst jedoch mit den Jahren irgendwie verloren hat, in der Realität verunsichert, vereinsamt, aber sich gleichzeitig den intensiven Lebenshunger erhalten hat. Er siedelt seine Geschichte mitten in den chaotischen Zuständen der Proteste und Streiks 2014 an, in den Städten Porto Alegre und Sao Paulo. Thema dieses Romans ist natürlich auch die wirtschaftliche Situation in Brasilien, die Demonstrationen der unzufriedenen Bevölkerung, doch das Kernthema sind die vernetzte Konsumwelt und die schillernde Welt der sozialen Medien, der sich niemand entziehen kann. Selbst die sexuellen schnellen Bedürfnisse lassen sich einfacher in der virtuellen Welt ausleben, als in persönlichen Begegnungen.
Handlung, Charaktere und Schreibstil
Der sprachgewaltige Roman ist in der Ich-Form geschrieben, jedoch mehrmals zwischen den Personen Aurora, Emiliano, Antero wechselnd. Duke als Hauptprotagonist tritt, da der Roman mit der Nachricht von seinem Tod beginnt, nur in den Rückblicken und Erinnerungen seiner Freunde und Partnerin gleichsam aus dem Schatten in den Vordergrund. Ein nach wie vor kreativer, erfolgreicher Schriftsteller, gibt er in seinen Büchern und in den sozialen Medien immer ein perfektes Bild ab, wer er wirklich ist, weiß niemand. Er bringt das Dilemma der Generation Internet am besten auf den Punkt, indem er sich selbst plötzlich vollkommen zurückzieht und schon in jungen Jahren Vorkehrungen für sein virtuelles Erbe trifft.
Antero dagegen, das erwachsen gewordene Enfant terrible,
nützt sein Können und Wissen von der Wirkung der global vernetzten
Marketingstrategien gekonnt aus, obwohl er genau diese Mechanismen im Grunde
verachtet.
Aurora dagegen hat sich für die Wissenschaft entschieden,
sich macht sich Sorgen um die ökologische Zukunft der Menschen und der Erde,
forscht akribisch, um sich in einer Männer dominierten Welt der Wissenschaft
durchzusetzen. Natürlich will sie in ihrem Fachgebiet auch erfolgreich sein.
Nur Emiliano ist Journalist geblieben, er schreibt unabhängig
und kritisch und als er mit der Biografie von Duke beauftragt wird, weigert er
sich zunächst, sagt aber dann doch zu und beginnt zu recherchieren. Er will vor
allem den Menschen Duke zeigen.
In diesem modernen Roman zeigt Daniel Galera Probleme auf,
die im Grunde zeitlos sind. Wie viele ehemals stürmische, unangepasste 68er
sehen sich irgendwann um und müssen feststellen, dass sie bequem und zutiefst
bürgerlich geworden sind, in genau jenem Establishment, gegen das sie in ihrer
Jugend demonstriert haben. So ähnlich geht es nun der ebenfalls rebellierenden
Jugend der späten 90er, die sich der vielfältigen Möglichkeiten moderner
Informationstechnologien für eine völlig neue Art der Kultur einer globalen
Vernetzung ihrer gesellschaftskritischen Anliegen bediente und nun, erwachsen
im Alltag einer Karriere-orientierten Gesellschaft angekommen, resignierend
fragt, ob es das ist, wofür man mit jugendlichem Idealismus gekämpft hat. Es
sind Themen, über die wohl jeder Leser schon nachgedacht hat, die durch diesen
Roman vielleicht neue Sichtweisen bekommen und die sich sicher nicht mit der
letzten Seite dieses Buches abschließen lassen.
Fazit
Wer sich auf diesen Autor, seine Themen und seine Sprache einlässt, muss sich Zeit nehmen. Ein erster Test ist der allererste Satz dieses Romans, der über dreizehn gedruckte Zeilen geht und den man in einer Buchhandlung oder in einer Leseprobe lesen sollte. Man sollte auch bereit sein für eine manchmal harte, beinahe brutale Ausdruckweise und entsprechende Gedankenbilder. Dennoch ist der Autor nie wirklich destruktiv und er entlässt seine Protagonisten und Leser mit einem Ausblick in eine positive Zukunft, ein leises Bild, neue Erkenntnisse, neue Energien.
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