Der Roman des Jahres 2005 – 2024 – Deutscher Buchpreis

HerausgeberDeutscher Buchpreis
Börsenblatt MVB GmbH
Erscheinungsdatum 5. November 2024
FormatTaschenbuch
Seitenca. 135
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3-7657-3441-0

„Welche sind in besonderer Erinnerung geblieben? Welches möchten Sie vielleicht noch einmal lesen und für welches, das Sie noch nicht kennen, ist genau jetzt der richtige Moment?“ (Zitat Pos. 31-35, Einleitung)

Thema und Inhalt

Der Deutsche Buchpreis wurde in diesem Jahr 2024 zum zwanzigsten Mal vergeben. Die vorliegende Jubiläumsausgabe stellt nochmals alle mit dem deutschen Buchpreis ausgezeichneten Romane von 2005 bis 2024 vor.

Gestaltung

Auf die Titelseite folgen Seiten mit Collagen aller Buchcover und ein Inhaltsverzeichnis mit Autor, Buchtitel, Seitenangabe. Nach dem Vorwort werden die zwanzig Romane einzeln vorgestellt. Die Reihung erfolgt chronologisch nach dem Jahr der Auszeichnung, beginnend mit dem Roman des Jahres 2005, Arno Geiger: Es geht uns gut, und endend mit dem Roman des Jahres 2024, Martina Hefter: Hey guten Morgen, wie geht es dir?. Jede Präsentation beginnt mit einem Foto des Autors oder der Autorin bei der Preisverleihung. Daran schließt die ausführliche Leseprobe an, gefolgt von der Inhaltsbeschreibung des Verlages, einer kurzen Biografie, dem Buchcover, und den Informatonen wie Verlag, ISBN, Seitenzahl und Preis.

Fazit

Auch diese Jubiläumsbroschüre liegt in vielen Buchhandlungen auf und ist kostenlos. Es ist ein spannender Rückblick, eine Erinnerung für alle Lesebegeisterten, die tatsächlich die jährlichen Nominierungen und Preisträger bereits seit 2005 verfolgen. Es ist aber auch eine  interessante Möglichkeit, alle Titel kennenzulernen und durch die ausführlichen Auszüge das eine oder andere Buch zu finden, das man bisher nicht beachtet hatte.

Über nichts schreiben, als was meine Augen sehen – Aurelia Wyleżyńska

AutorAurelia Wyleżyńska
Verlag Ch. Links Verlag
HerausgeberBernhard Hartmann
Erscheinungsdatum 15. Oktober 2024
FormatGebundene Ausgabe
Seiten336
ÜbersetzerBernhard Hartmann
SpracheDeutsch
ISBN-13 978-3962892258

„Erst schien es mir meine Aufgabe zu sein, Material zu sammeln, um ein Zeugnis der Zeit, der traurigen Wahrheit zu schaffen, dann suchte ich im Schreiben Halt, inzwischen ist es mir zur Gewohnheit geworden.“ (Zitat Pos. 1160)

Thema und Inhalt

Die polnische Schriftstellerin und Journalistin fühlt sich verpflichtet, diese Tagebuch-Aufzeichnungen als Chronistin des Besetzungsalltags in Warschau zu führen.

Als die deutsche Wehrmacht am 1. September 1939  Polen überfällt, macht Aurelia Wyleżyńska gerade Urlaub in der malerischen Landschaft am Fluss Dnister, nahe der rumänischen Grenze, weit weg von der Hauptstadt. Doch während die Menschen aus dem besetzten Warschau fliehen, entscheidet sie sich für das Gegenteil. Sie kehrt am 3. September 1939 bewusst in ihre Warschauer Wohnung zurück und beginnt, Tagebuch über ihre täglichen Eindrücke in der besetzten Stadt zu führen. Wiederholt besucht sie nun auch wieder das Landgut der Familie in Wielgolas, genießt die Ruhe, um zu schreiben, sich zu erholen. Die Aufzeichnungen in der vorliegenden deutschsprachigen Ausgabe beginnen am 10. August 1939 und enden mit einem letzten Eintrag am 29. Juni 1944. Aurelia Wyleżyńska erlebt die Vorbereitungen zum Warschauer Aufstand noch mit und stirbt am 3. August 1944 an einer Schussverletzung.

Umsetzung

Aurelia Wyleżyńska berichtet von ihren täglichen Spaziergängen und Streifzügen durch Warschau, erlebt die Entstehung des Warschauer Ghettos mit, die Verfolgung und Deportationen. Sie hilft, furchtlos, unermüdlich und wo sie kann, bleibt Anlaufstelle für alle, die Hilfe benötigen, stellt aber die wachsende Angst im Bekanntenkreis fest, wenn es darum geht, zu helfen und Menschen zu verstecken. Sie schreibt über ihre Erfahrungen und Eindrücke, beobachtet auch, wie sich die nicht-jüdische polnische Bevölkerung mit den Monaten verändert, den polnischen Antisemitismus, Denunziantentum und die gegenseitige Hetze. Immer wieder fragt sie sich, wie dieses Polen aussehen wird, wenn der Krieg zu Ende ist. Für Ereignisse, von denen sie gehört oder gelesen, die sie jedoch nicht selbst erlebt hat, verwendet sie bewusst so viele unterschiedliche Quellen wie möglich und spricht mit verschiedenen Personen.

Aurelia Wyleżyńska führt ihre Notizen und Aufzeichnungen handschriftlich und zunächst ungeordnet, um sie für mögliche spätere Artikel festzuhalten. Auch wenn ein Teil der Texte bereits mit der Schreibmaschine abgetippt wurde, hat sie eine Fülle von handschriftlichen Notizen und Artikeln hinterlassen, teilweise unleserlich. Die Aufzeichnungen mussten zunächst in mühevoller Kleinarbeit gesichtet, geordnet und, soweit möglich, in eine chronologische Reihenfolge gebracht werden. Die vorliegende, gekürzte Ausgabe ist eine Übersetzung auf Basis der 2022 erschienenen zweibändigen polnischen Ausgabe.

Fazit

Ein auf Grund der Authentizität der Berichte und Erfahrungen, der Einfühlsamkeit, der genauen Beobachtungsgabe und auch der sprachlichen Ausdruckskraft der Schriftstellerin und Reporterin Aurelia Wyleżyńska ein beeindruckendes, packendes Zeitdokument.

Schecks Bestsellerbibel: Schätze und Schund aus 20 Jahren – Denis Scheck

AutorDenis Scheck
Verlag Piper Verlag
Erscheinungsdatum 29. August 2024
FormatGebundene Ausgabe
IllustratorTorben Kuhlmann
Seiten432
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3492072946

„Gute Literaturkritiker müssen genau wie gute Buchhändler und gute Bibliothekare auch über dieses intuitive Einschätzungsvermögen verfügen, welches Buch zu welcher Leserin, zu welchem Leser passt.“ (Zitat Seite 33)

Thema und Inhalt

Dieses Buch ist ein literarischer und zeitgeschichtlicher Rückblick auf die vergangenen zwanzig Jahre und zugleich eine fundierte Auseinandersetzung des Literaturkritikers Denis Scheck mit den monatlichen Spiegel-Bestsellerlisten Belletristik und Sachbuch.

Umsetzung

Schecks Bestsellerbibel beginnt treffend mit den zehn Geboten des Lesens, gefolgt von einem Vorwort, ein persönlicher literarischer Rückblick des Lesers Denis Scheck. Interessant ist die Liste der zehn meistverkauften Bücher aller Sprachen und Zeiten, erstellt im Jahr 2013, wobei alle religiösen Schriften und Comics  ausgenommen wurden.

Daran schließt der Hauptteil dieses Buches an. Jeder große Abschnitt umfasst ein Jahr von 2023 bis 2003, und beginnt mit einem Essay zu einem bestimmten Thema. Weit gefächert geht es um Literaturkritiker, Bücher als mögliche Therapie, Leser und das Lesen.

Alle Artikel, einer pro Jahr, schließen mit einem kurzen Überblick über die wichtigsten Ereignisse des betreffenden Jahres, einer Aufstellung der Preisträger aller Literaturpreise, der im jeweiligen Jahr verstorbenen literarischen Persönlichkeiten und kurzen Statements von Denis Scheck zur Situation auf dem Büchermarkt.

Die detailliert besprochenen Spiegel-Bestsellerlisten beginnen mit der Sachbuch-Liste Februar 2023, der Belletristik-Liste März 2023 und schließen mit der Belletristik-Liste Juni 2003 und der Sachbuchliste November 2003 ab. Am Ende des Buches findet sich ein alphabetisches Namensregister alle genannten Autoren und Autorinnen.

Fazit

„Literatur ist Zauberei. Wortmagie. Für mich die größte Kunstleistung der Menschheit.“ (Zitat Seite 13) So ist auch dieses Buch eine magische, literarische Fundgrube mit vielen interessanten Informationen, eine kritische, und dennoch unterhaltsame, Auseinandersetzung mit dem wirtschaftlich erfolgreichen belletristischen Massenmarkt der letzten zwanzig Jahre. Man muss mit Denis Scheck nicht immer einer Meinung sein, entdeckt durch ihn aber auf jeden Fall Bücher für die persönliche Wunsch-Leseliste, die man in der Vielfalt des Buchmarktes übersehen hatte.

Daniel Kehlmann über Leo Perutz – Daniel Kehlmann

AutorDaniel Kehlmann
HerausgeberVolker Weidermann
Verlag Kiepenheuer&Witsch
Erscheinungsdatum 5. September 2024
FormatGebundene Ausgabe
Seiten112
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3462004069

„Handlung ist das, was in einer Geschichte passiert – nicht Sprache, nicht Form, nicht Gestaltung, sondern das, was tatsächlich vor sich geht. Handlung ist also das in der Literatur, was selbst nicht Literatur ist.“ (Zitat Pos. 83)

Thema und Inhalt

Dieses Buch ist das sechste Buch aus der Serie „Bücher meines Lebens“, herausgegeben von Volker Weidermann. Daniel Kehlmann schreibt über den österreichischen Schriftsteller Leo Perutz, der ihn begeistert und geprägt hat. Im Vorwort, verfasst von Volker Weidermann, erfahren wir, dass Daniel Kehlmann in seinem Roman „Ruhm“ einer seiner Figuren bewusst den Namen Leo gegeben hat und diesen Roman in der Form des Werkes „Nachts unter der steinernen Brücke“ von Leo Perutz verfasst hat.

Umsetzung

Leo Perutz wollte nicht durch die Biografie seines Lebens bekannt sein, sondern durch sein literarisches Werk. Dieser Einstellung folgt Daniel Kehlmann auch in diesem Buch. In neun Kapiteln bringt er uns Leo Perutz über vier seiner Romane wie „Der schwedische Reiter“ und vor allem „Nachts unter der steinernen Brücke“ näher, ein Roman, den Daniel Kehlmann als metaphysisches Puzzle bezeichnet. Daniel Kehlmann schildert, wie Leo Perutz an den einzelnen Romanen gearbeitet hat, definiert dessen Herangehensweise an die Stoffe, Handlung, Erzählformen und sprachliche Umsetzung. Punktuelle Besprechungen und Erläuterungen der Inhalte werden durch kurze Auszüge präzisiert und ergänzt. Eine Aufstellung der Lebensdaten von Leo Perutz, das Quellenverzeichnis und die Angaben zu den Fußnoten im Text finden sich am Ende dieses Buches.

Fazit

Ein Schriftsteller schreibt über einen Schriftsteller. Dies bedeutet nicht nur viel interessantes, neues Wissen, das dazu anregt, die Romane von Leo Perutz zu lesen, sondern auch sprachliches Lesevergnügen.

Bücher sind Klamotten fürs Hirn – Hrsg. ‎Ulrike Helmer

AutorenDiverse
Verlag Ulrike Helmer Verlag
Erscheinungsdatum 14. Mai 2012
FormatTaschenbuch
Seiten152
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3897413221

„Bücher sind wie Zeitmaschinen: Sie sind historische Dokumente ihrer Entstehungszeit. Wir können heute nachlesen, was die Menschen früher bewegt hat, und aus ihren Erfahrungen für unser eigenes Leben lernen.“ (Zitat Seite 20, 21, aus: Angela Pfeiffer „Was ist ein Buch“)

Thema und Inhalt

In diesem Buch geht es um Einblicke in Buchhandlungen und Bücher, Lesestoff als Text und gleichzeitig als Gewebe, aus dem Geschichten gesponnen sind. Es ist eine bunte, vielseitige Mischung aus nachdenklichen, kritischen, aber auch sehr unterhaltsamen Beiträgen.

Umsetzung

Ulrike Helmer und ihr Verlag haben wieder Buchhändlerinnen und Buchhändler eingeladen, eigene Texte als Einblicke ins Buchhändlerische zu senden. Dieses Buch umfasst neben dem Vorwort und ersten Beitrag von Ulrike Helmer noch fünfundzwanzig weitere Beiträge von unterschiedlichen Autorinnen und Autoren. Es sind Essays, eigene Erfahrungen, kritische Artikel, lustige Erlebnisse mit Kunden auf der Suche nach einem Buch, und auch Textauszüge aus Romanen, wie zum Beispiel Elizabeth Stoddard „Die Morgensons“. Jeder Beitrag schließt mit einer Kurzbiografie der jeweiligen Verfasserin, des jeweiligen Verfassers, ab.

Fazit

Eine unterhaltsame Lektüre, nicht nur für in der Buchbranche aktive Menschen, sondern auch für alle Leserinnen und Leser.

Österreichischer Buchpreis 2024

RedaktionRamona Geng
HerausgeberHauptverbund des
Österreichischen Buchhandels
Erscheinungsdatum 5. September 2024
Broschüre
Seitenca. 135
SpracheDeutsch

„Er verfolgt das Ziel, die Qualität und die Eigenständigkeit der österreichischen Literatur zu würdigen und ihr im deutschsprachigen Raum erhöhte Aufmerksamkeit zu verschaffen.“ (Zitat Pos. 1055, über den Österreichischen Buchpreis)

Thema und Inhalt

Der Österreichische Buchpreis wurde 2016 zum ersten Mal vergeben. 2024 wurden für den Österreichischen Buchpreis von 56 Verlagen aus Österreich, Deutschland und der Schweiz 84 Titel eingereicht, für den Debütpreis waren es 21 Verlage mit 26 Titeln. Es sind Werke aus den Bereichen Belletristik, Lyrik, Drama und Essay mit einem Erscheinungsdatum zwischen 11. Oktober 2023 und 9. Oktober 2024. Die Longlist umfasst 20 Titel, die Shortlist Debüt 3 Titel.

Umsetzung

Die Broschüre, die ich in der elektronischen Ausgabe auf dem Kindle lesen konnte, beginnt mit umfangreichen Leseproben aus allen nominierten Büchern. Es folgen ab Seite 114 Informationen über die Nominierten, die Jury, und ab Seite 130 die Coverabbildungen der Bücher mit nochmaliger Angabe von Autorin oder Autor, Titel, Verlag, Seitenzahl und Preis. Die jeweilige Einteilung erfolgt in alphabetischer Reihenfolge der Namen der Nominierten, beginnt immer mit der Longlist, daran schließt jeweils die Shortlist Debüt an.

Fazit

Auch 2024 ist es wieder eine interessante, spannende Mischung, die Leseproben machen neugierig auf die nominierten Bücher.

Deutscher Buchpreis 2024

InhaltLonglist 2024
HerausgeberFachmagazin Börsenblatt
Erscheinungsdatum 20. August 2024
FormatKindle und Taschenbuch
Seiten134 (Kindle-Ausgabe)
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3-7657-3445-8

„In den vergangenen zwei Jahrzehnten hat die Auswahl der Jurys immer wieder zielsicher und abseits der ausgetretenen Literatur-Pfade zu Neuerscheinungen geführt, von denen wir noch gar nicht wussten, dass wir sie unbedingt lesen möchten.“ (Zitat Pos. 21, Vorwort von Karin Schmidt-Friderichs, Vorsteherin des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels)

Thema und Inhalt

Das Taschenbuch „Deutscher Buchpreis 2024. Die Nominierten“ stellt jene zwanzig Titel vor, die in diesem Jahr für den Deutschen Buchpreis nominiert sind und die Longlist bilden, aus welcher in der Folge die Titel der Shortlist ausgewählt werden, die am 17. September 2024 veröffentlicht wird. Der aus dieser Shortlist ausgewählte Siegertitel wird am 14. Oktober 2024 am Beginn der Frankfurter Buchmesse präsentiert. In diesem Jahr waren 180 Romane von 106 Verlagen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz eingereicht worden.

Gestaltung

Die zwanzig Autoren und Autorinnen werden in alphabetischer Reihenfolge vorgestellt, beginnend jeweils mit einem Foto, gefolgt von einem kurzen Lebenslauf und dem künstlerischen Werdegang. Daran schließt eine Beschreibung des Themas des jeweiligen Romans an, gefolgt von einer ausführlichen Leseprobe. Ein Bild der Titelseite mit den Angaben über Verlag, Erscheinungsdatum, Seitenzahl und Preis schließt die jeweilige Präsentation ab.

Fazit

In Buchhandlungen liegt die Broschüre in gedruckter Form auf, doch sie ist nicht in allen Buchhandlungen erhältlich und rasch vergriffen. NetGalley Deutschland stellt die Broschüre in elektronische Form, herausgegeben vom „Börsenblatt“, kostenlos zum Download bereit, in dieser Form habe ich sie gelesen. Es ist ein interessanter Überblick über die nominierten Romane. Die Leseproben sind definitiv eine Entscheidungshilfe und man bekommt Lust, das eine oder andere Buch, an das man bisher nicht gedacht hatte, doch zu lesen. Die großartigen „Lichtungen“ von Iris Wolff habe ich bereits gelesen, „Das Wohlbefinden“ von Ulla Lenze lese ich gerade und als nächstes wage ich mich an die eintausend Seiten „Die Projektoren“ von Clemens Meyer. Die deutsche Longlist 2024 umfasst neben der schon vorher vermuteten Titel auch wieder einige Überraschungen.

Lausanne – Sherzad Hassan

AutorSherzad Hassan
Verlag Klingenberg Verlag
Erscheinungsdatum 24. Juli 2023
FormatTaschenbuch
Seiten66
SpracheDeutsch
ÜbersetzerRawezh Salim
Raphael Urweider
ISBN-13978-3903284210

„Ich weiß, es ist seltsam, aber ich fühlte mich wie ein Land, das in unzählige Teile zerrissen war, genau wie Kurdistan.“ (Zitat Seite 13)

Thema und Inhalt

Die Erzählung Lausanne ist eine Metapher auf das Schicksal des kurdischen Volkes, als ihr Land Kurdistan durch den Vertrag von Lausanne am 24. Juli 1923 in vier Teile aufgeteilt wurde, die an vier unterschiedliche Länder gingen.

Der Kurde Kawa studiert an der Sorbonne und ist geprägt von dem Schmerz, der Melancholie und Trauer über die Spaltung seines Landes. So kann aus einer möglichen Liebesgeschichte mit der Schweizer Studentin Lausanne schon auf Grund ihres Namens nur etwas Bitteres, zutiefst Trauriges und Verstörendes werden.

Die Erzählung wird ergänzt durch ein Interview mit dem Sherzad Hassan, seinen Vortrag „Zu Sprache und Person eines Autors“ und einen Beitrag von Sherko Kirmanj über den Vertrag von Lausanne.

Umsetzung

Die  Erzählung umfasst 26 Seiten und wurde im Jahr 2000 geschrieben. Im daran anschließenden Interview mit dem Autor, welches im Juli 2023 von Raphael Urweiler, Laura Schuler und Paul Klingenberg geführt wurde, erklärt dieser den politischen, aber auch traumatisierenden psychologischen Hintergrund seiner Erzählung und die Bedeutung seiner Figuren.

Daran schließt ein Beitrag von Prof. Sherko Kirmanj „Der Vertrag von Lausanne und das Los der Kurden“ an. Hier erklärt Sherko Kirmanj die weitreichenden Auswirkungen des Vertrages von Lausanne auf die Kurden. Denn hier wurden die im alten Vertrag von Sèvres festgeschriebenen Artikel 62 – 64 gestrichen, welche die Bildung eines eigenständigen, unabhängigen Kurdistan vorsahen und anderen politischen Zielen, vor allem den Interessen Großbritanniens, geopfert.

Den Abschluss dieses Buches bildet ab Seite 45 die Niederschrift eines Vortrags von Sherzad Hassan, gehalten am 18. Juni 1997 auf einer PEN Literaturkonferenz zum Thema „Zu Sprache und Person eines Autors“.

Fazit

„Es geht nicht um Schwarzmalerei, aber ich gehe davon aus, dass uns im Mittleren Osten in politischer, sozialer und wirtschaftlicher Hinsicht das denkbar erbärmlichste Schicksal der nächsten Jahrhunderte ereilen wird.“ (Zitat Seite 48) Dieses Zitat stammt aus dem PEN-Vortrag von Sherzad Hassan vom 18. Juni 1997 und die zeitlos gültige Aktualität und neue erschütternde Brisanz seit 2023 sind mit ein Grund, diese ungewöhnliche Erzählung und auch die interessanten, in ihrer Vielseitigkeit das Thema mit weiterem Wissen vertiefenden Anhänge zu lesen.

Fenster ohne Aussicht: Tagebuch aus Tel Aviv – Dror Mishani

AutorDror Mishani
Verlag Diogenes Verlag
Erscheinungsdatum 24. Juli 2024
FormatGebundene Ausgabe
Seiten224
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3257073089

 „Nichts rechtfertigt das furchtbare Morden am 7. Oktober, aber ich denke, was wir vorher getan haben und auch jetzt noch tun, hilft uns ganz bestimmt nicht, die nächste Katastrophe zu verhindern. Und die Grausamkeit der Hamas am Schwarzen Schabbat rechtfertigt nicht retroaktiv die langen Jahre drakonischer Kontrolle über das Leben der Palästinenser.“ (Zitat Pos. 742)

Thema und Inhalt

Dror Mishani nimmt am 7. Oktober 2023 gerade an einem Krimifestival in Toulouse teil, als seine Ehefrau Martha ihn anruft und ihm die Luftangriffe aus Gaza schildert. Raketen auf Tel Aviv sind nichts Ungewöhnliches, doch diesmal ist es anders und bald ist klar, das ist keiner der üblichen Angriffe, das ist wieder Krieg. Soll Mishani in Frankreich bleiben und Flugtickets für seine Familie besorgen, er überlegt nur kurz, entscheidet sich, nach Israel zurückzukehren. Zu Hause beginnt er, ein Tagebuch zu schreiben, schildert die aktuelle Situation, die Versuche, dennoch den Alltag zu leben. Mishani schreibt über die Gespräche und Diskussionen innerhalb seiner Familie. Einfühlsam, aber teilweise auch ratlos, beschreibt er am Beispiel seiner beiden Kinder, wie Jugendliche versuchen zu vestehen, was gerade passiert und ihre unterschiedliche Art, mit der Situation umzugehen. Er beobachtet, schaut nicht weg, sieht das große Leid auf beiden Seiten. Auch die Spaltung, die durch israelische Gesellschaft geht, ist für ihn ein wichtiges Thema. Gerade von Kulturschaffenden wird erwartet, dass sie nicht nur die Angriffe der Hamas verurteilen, sondern die israelischen Gegenschläge befürworten, eine Meinung, die Dror Mishani nicht teilen kann.

Aus den Berichten über einzelne Schicksale erwachsen in seiner Vorstellung Themen, Figuren und Ideen für neue Artikel und der Stoff für einen neuen Kriminalroman, der während dieses Krieges spielen soll. Er liest, sammelt Artikel, recherchiert. Sein Tagebuch endet mit dem Abgabetermin des Verlages und so ist es eine Geschichte mit einem offenen Ende.

Umsetzung

Das Tagebuch ist in sechs Abschnitte gegliedert, die jeweils mit einer Überschrift und einer Datumsangabe versehen sind. Teil I beginnt am 7.10.2023 und Teil VI endet am 10.03.2024. Die Einträge umfassen neben den jeweiligen Episoden mit persönlichen Erlebnissen auch Gedanken, Notizen und Ausschnitte aus Medienberichten. Am Ende das Buches finden sich ein kurzer Epilog, ein Zitatnachweis und eine kurze Biografie von Dror Mishani.

Fazit

Dror Mishani schreibt authentisch aus dem Alltag in Tel Aviv, der dem Angriff der Hamas am 7. Oktober 2023 folgt. Er ist ein genauer Beobachter, informiert sich umfassend über das Geschehen auf beiden Seiten und so ist dieses Buch auch ein eindringliches Plädoyer für den Frieden, damit dieses kaum in Worte zu fassende Leid aller Betroffenen ein Ende hat.

Mein Weg über die Pyrenäen. Erinnerungen 1940/41 – Lisa Fittko

AutorLisa Fittko
Verlag dtv Verlagsgesellschaft
Erscheinungsdatum 1. Oktober 2004
FormatTaschenbuch
Seiten336
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3423621892

„Doch hätte keiner von uns überleben können ohne die Hilfe von Franzosen in jedem Winkel des Landes – Franzosen, deren Menschlichkeit ihnen den Mut gab, diese verbliebenen Fremden aufzunehmen, zu verstecken, zu ernähren.“ (Zitat Seite 108)

Thema und Inhalt

Ihren späteren Ehemann, den Journalisten Hans Fittko, lernt Lisa bereits in Prag kennen, wohin die junge jüdische Widerstandskämpferin 1933 geflohen ist. 1939/1940 werden sie in Frankreich getrennt in Internierungslager gesperrt, sie können entkommen. Auf vielen Umwegen erreichen sie Marseille, ein wichtiger Schritt, um Frankreich schnellstmöglich verlassen zu können. Sie haben die benötigten Papiere, doch es fehlt ihnen, wie vielen anderen Flüchtlingen, das französische Ausreisevisum, das nur in Vichy ausgestellt wird, welches jedoch unter deutscher Kontrolle steht. Daher kommt nur ein illegaler Grenzübertritt in Frage, von Banyuls-sur-Meraus über die Pyrenäen nach Spanien. Walter Benjamin ist der erste von vielen Menschen, den sie über diesen Weg führen. Gerade als sie selbst aufbrechen wollen, tritt Varian Fry vom Emergency Rescue Committee an sie heran. Er benötigt eine erfahrene Anlaufstelle vor Ort. Sie überlegen nur kurz, riskieren es, bleiben, und aus der Route Lister wird die F-Route, Rettung für Tausende von Menschen.

Umsetzung

Unaufgeregt, ohne ihren immer gefährlichen, unermüdlichen Einsatz (oft gehen sie und Hans den Weg drei Mal pro Woche) zu glorifizieren, schildert Lisa Fittko die Ereignisse dieser Zeit. Sie beginnt mir einer kurzen Vorgeschichte, ihre Jugendzeit in Wien und Berlin, dann Prag. Es folgt der Sommer 1940 im berüchtigten Lager Gurs, immer unter der Gefahr, an die Deutschen ausgeliefert zu werden. Die Zeit in Banyuls-sur-Mer 1940/1941 wird in Tagebucheinträgen vom 12. Oktober 1940 bis zum 26. März 1940 geschildert. Daran schließt die endgültige Reise nach Kuba im Herbst 1941 an und eine kurze Zusammenfassung der darauffolgenden vierzig Jahre. Am Buchende findet sich eine Zeittafel, je ein Artikel über die Internierungspraxis in Frankreich, das Emergency Rescue Committee, ein Namensregister mit kurzen Lebensläufen und ein Verzeichnis der französischen Bezeichnungen und Redewendungen.

Die Sprache von Lisa Fittko ist persönlich, lebhaft und interessant. Sie schildert detailgenau und präzise, wie sie die F-Route immer wieder anpassen müssen, neue Möglichkeiten suchen, ein Netzwerk aufbauen, erzählt von hilfsbereiten Menschen auf beiden Seiten der Pyrenäen, aber auch von dem Gegenteil davon. Es ist immer spannend und für alle Beteiligten lebensgefährlich, manche Ereignisse sind besonders problematisch, andere skurril-komisch und hier zeigt sich Lisa Fittkos Humor.

Fazit

Dieses Buch ist eine Mischung aus autobiografischen Erinnerungen und Tagebuch, und ist gleichzeitig ein authentischer Tatsachenbericht dieser Zeit. Es sind zeitlos aktuelle Ereignisse, die hier erzählt werden und die durchgehend packende Spannung lässt zeitweise beinahe vergessen, dass es sich hier um die lebensbedrohliche Realität in einer furchtbaren Zeit handelt. Das vorliegende Buch ist auch eine empfehlenswerte, wichtige Ergänzung zu dem im Februar 2024 erschienenen, ebenso empfehlenswerten Buch „Marseille 1940“ von Uwe Wittstock.

Auslieferung auf Verlangen: Die Rettung deutscher Emigranten in Marseille 1940/41 – Varian Fry

AutorVarian Fry
Verlag FISCHER Taschenbuch
Erscheinungsdatum 1. August 2009
FormatTaschenbuch
Seiten352
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3596183760

„Ich verließ Amerika, die Taschen vollgestopft mit den Listen der Namen von Männern und Frauen, die ich retten müßte, und den Kopf voller Ideen, wie ich das bewerkstelligen wollte. Es waren mehr als zweihundert Namen, und viele Hundert kamen später dazu.“ (Zitat Seite 11)

Thema und Inhalt

1935 besucht Varian Fry Deutschland und erlebt in Berlin bereits die ersten großen Judenverfolgungen mit. Als daher vergeblich jemand gesucht wird, der die neu gegründete amerikanische Hilfsorganisation Emergency Rescue Committee (ERC) vor Ort leitet, ist es für Varian Fry selbstverständlich, im August 1940 selbst nach Marseille zu reisen. Denn die Zeit drängt und die Gefahr wurde mit dem Waffenstillstandsabkommen vom Juni 1940 zwischen Frankreich und Deutschland besonders für deutsche Emigranten, die auf den Listen der Gestapo standen, täglich größer. Eine Klausel besagt, dass sich die französische Vichy-Regierung verpflichtet, Deutsche auf Verlangen der Gestapo an diese auszuliefern. Auf den Listen stehen die Namen von bekannten jüdischen Intellektuellen, Schriftstellern, bildenden Künstlern, aber auch von Widerstandskämpfern und politischen Flüchtlingen. Aus den geplanten wenigen Wochen werden dreizehn Monate, in denen Fry und sein Team sich immer neuen Situationen und Hindernissen stellen müssen, neue Wege suchen, Länder, die noch bereit waren, Flüchtlinge aufzunehmen, oder zumindest Visa auszustellen. Bald werden auch Fry und das ERC genau beobachtet, bis er im August 1941 unter Zwang nach Amerika zurückkehren muss.

Umsetzung

Chronologisch erzählt der Journalist Varian Fry die Geschichte des Emergency Rescue Committee in Marseille, schildert die Entwicklung von immer neuen kreativen Fluchtwegen, die Probleme mit den Behörden, falsche Hoffnungen, Rückschläge, plötzliche Lichtblicke und erfolgreich durchgeführte Aktionen. Manche Flüchtlinge müssen erst aus französischen Konzentrationslagern befreit werden und immer wieder müssen fehlende Dokumente, Passierscheine, Reisepässe beschafft werden, oder sichere Fälschungen dieser Unterlagen. Doch es geht auch um die Weiterreise, bald gibt es kaum mehr Schiffe und gerade Amerika prüft die politische Gewinnung genau, bevor ein Einreisevisum erteilt wird, stringent bereits bei Mitgliedern von sozialistischen Parteien. Spanien und Portugal dagegen bestehen auf Visa von Übersee-Ländern, aus Sorge, die Flüchtlinge könnten im Land bleiben. Es sind bekannte Namen wie  Lion Feuchtwanger, Heinrich und Golo Mann, Franz Werfel und Max Ernst, deren illegale Flucht aus Frankreich Fry, seine engen Mitarbeiter und heimlichen Helfer ermöglicht haben. Fry schildert unaufgeregt, sachlich, ohne sich selbst in den Mittelpunkt zu stellen, dies macht seinen Tatsachenbericht nicht nur von der ersten Seite an extrem packend, sondern auch sehr sympathisch.

Fazit

Ein authentischer, geschichtlich sehr interessanter Bericht, spannend wie ein Thriller und man muss sich selbst beim Lesen in Erinnerung rufen, dass es hier ausschließlich um reale Schicksale, Gefahren und Erlebnisse von Menschen auf der Flucht vor der Ermordung in einem Konzentrationslager handelt. Es sind selbstlose und sehr mutige Menschen, die im ERC unermüdlich und unter Einsatz des eigenen Lebens tätig sind. Ein zeitlos brisantes Buch und eine wichtige Ergänzung zu dem im Februar 2024 erschienenen, ebenfalls großartigen Buch „Marseille 1940“ von Uwe Wittstock.

Kafka: Um sein Leben schreiben – Rüdiger Safranski

AutorRüdiger Safranski
Verlag Carl Hanser Verlag
Erscheinungsdatum 19. Februar 2024
FormatGebundene Ausgabe
Seiten256
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3446279728

„In diesen Monaten füllte Kafka seine Notizbücher mit Aufzeichnungen, in denen er sich Rechenschaft ablegt und sein Denken erkundet über Gott und die Welt, über die Kunst, über sich selbst und über seinen bisherigen Lebensweg.“ (Zitat Seite 154)

Thema und Inhalt

Immer wieder ist in den Briefen und Tagebucheintragungen von dem hohen Stellenwert zu lesen, den das Schreiben im Leben von Franz Kafka einnahm und dem er alles andere unterordnete. Das Thema dieser besonderen Biografie ist Franz Kafka als Schriftsteller, seine Probleme und Konflikte, seine Suche, die persönlichen Erfahrungen, die ihn geprägt haben und immer wieder neu prägen, schreibend in Texten zu verarbeiten.

Umsetzung

Rüdiger Safranski schildert das Leben von Franz Kafka in dreizehn Kapiteln zwar chronologisch, doch seine Herangehensweise unterscheidet dieses Buch deutlich von den bekannten Biografien. Safranski ergänzt jeden Abschnitt mit zahlreichen Auszügen aus Kafkas Briefen und Tagebüchern. Gleichzeitig verbinden sich die jeweiligen Ereignisse im Leben von Franz Kafka mit den Texten, die in der entsprechenden Zeit entstehen. Vertiefend sucht Rüdiger Safranski die gedanklichen Verbindungen, die wichtigen Themen, die Franz Kafka immer wieder beschäftigen, und begründet, wie und in welchen seiner Texte Kafka seine Zweifel, tiefe Konflikte, die immer wieder präsent sind, Fragen und Eindrücke verarbeitet. So ergibt sich eine Vielzahl von neuen Blickwinkeln für uns Leser, interessante Facetten und Aspekte, unter denen wir Franz Kafkas Werk neu erlesen und erleben können. Was die Sprache von Rüdiger Safranski auszeichnet, ist ihre trotz der komplexen Themen verständliche Lesbarkeit und Leichtigkeit. Auch der umfangreiche Anhang mit den Quellennachweisen zu den einzelnen zitierten Textstellen und dem Literaturverzeichnis ist klar und übersichtlich strukturiert.

Fazit

„Dieses Buch verfolgt eine einzige Spur im Leben Franz Kafkas, es ist die eigentlich naheliegende: Das Schreiben selbst und sein Kampf darum.“ (Zitat Seite 9, Vorbemerkung) Besser als Rüdiger Safranski selbst kann man nicht auf den Punkt bringen, was dieses interessante Buch zu einem beeindruckenden Leseereignis macht.

Über Palästina – Hannah Arendt

AutorHannah Arendt
Verlag Piper Verlag
Herausgeber, NachwortThomas Meyer
Erscheinungsdatum 27. Juni 2024
FormatGebundene Ausgabe
Seiten272
SpracheDeutsch
ÜbersetzungMike Hiegemann
ISBN-13978-3492073196

„Im Schatten dieses Konflikts wurde die Betrachtung des Flüchtlingsproblems von einer Reihe irrelevanter Streitpunkte und gewissermaßen ablenkender langfristiger Ziele überlagert, deren Diskussion sich in endlosen Komplikationen und gegenseitigen Schuldzuweisungen verlor.“ (Zitat Pos. 582)

Thema und Inhalt

Die beiden Texte aus den Jahren 1944 und 1958 stehen in einem direkten Zusammenhang mit der Situation in Israel und Palästina in den jeweiligen Jahren. Der erste Text ist ein Essay von Hannah Arendt, „Amerikanische Außenpolitik und Palästina“. Dieser Essay wurde von Thomas Meyer erst jetzt in einem Archiv entdeckt.

Der zweite Text ist ein Bericht mit dem Titel  „Das palästinensische Flüchtlingsproblem“. Dieser umfassende Bericht schildert die Situation der aus Israel vertriebenen und geflüchteten Palästinenser und schlägt Lösungsansätze für deren Rückkehr nach Israel vor. Verfasst wurde dieser zweite Text von einem eigens dafür eingerichteten Gremium zum palästinensischen Flüchtlingsproblem, dem Institute für Mediterranean Affairs. Diesem Gremium aus unterschiedlichen Fachleuten gehörte auch Hannah Arendt an, was Thomas Meyer ebenfalls erst jetzt, während seiner Recherchen, herausgefunden hat.

In beiden Texten geht es um die Situation im Nahen Osten, um Israel, Palästina und die Suche nach einer Lösung. Interessant ist vor allem die Herangehensweise des Expertengremiums, denn der Bericht listet nach einer Einleitung sechs nicht relevante Aspekte auf, die nicht geeignet sind, in dieser emotional extrem kritischen Konfliktsituation diskutiert zu werden. Dies sind vor allem die Fragen nach der Schuld, historischen Ansprüchen und die Frage, wer recht hat. Erst dann folgen die Daten, Statistiken, Fakten, eine kritische Beleuchtung der Problematik aus unterschiedlichen Blickwinkeln und die Lösungsvorschläge.

Gestaltung

Das Buch beginnt mit einem Vorwort von Thomas Meyer. Es folgt der Essay von Hannah Arendt. Daran schließen Texte und Kurzfassungen einzelner Gremiumsmitglieder an, dann der gesamte Text „Das Palästinensische Flüchtlingsproblem. Ein neuer Ansatz und ein Plan für eine Lösung“, der auch eine Chronologie der Ereignisse zwischen November 1947 und August 1958 enthält. Beide Texte werden durch Fußnoten mit erklärenden Details, vertiefenden Hinweisen und Anmerkungen des Übersetzers ergänzt. Mit von Thomas Meyer verfassten Kurzbiografien der Gremiumsmitglieder und einem ausführlichen Nachwort, ebenfalls von Thomas Meyer, mit ergänzenden Informationen zu Hannah Arendt und zu den beiden Texten, ebenfalls mit Fußnoten und Anmerkungen, endet das Buch.

Fazit

Diese beiden hochinteressanten Texte haben bis heute nichts von ihrer Brisanz und Aktualität verloren. Sie haben die Situation bereits 1944 und 1958 auf den Punkt gebracht und auch die Lösungsvorschläge sind zeitlos. „Doch auch wenn die Publikation vor über 65 Jahren erfolgte, lohnen die Lektüre und die Reflexion über die Ausführungen unbedingt. Es war noch nie klug, das Wissen und die Hoffnungen früherer Generationen zu ignorieren.“ (Zitat Pos. 4048) So formuliert es Thomas Meyer in seinem Nachwort, und besser kann man es nicht formulieren und begründen, warum dieses Buch gelesen werden sollte.

„Marseille 1940: Die große Flucht der Literatur“ – Uwe Wittstock

AutorUwe Wittstock
Verlag C. H. Beck
Erscheinungsdatum 28. Februar 2024
FormatGebundene Ausgabe
Seiten351
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3406814907

„Nun sind sie zwar privilegierte Besitzer amerikanischer Einreisevisa, doch im Grunde ändert das wenig an ihrer prekären Lage, denn die Franzosen erteilen keine Ausreisevisa.“ (Zitat Seite 248)

Thema und Inhalt

Viele Menschen, die seit 1933 aus Deutschland und vor Hitler geflohen sind, fühlen sich in Frankreich sicher. Dies ändert sich dramatisch, als die Deutschen im Juni 1940 Paris erreichen und am 22. Juni 1940 mit Frankreich einen Waffenstillstand schließen, denn nun sind sie wieder im Visier der Gestapo, auf deren Fahndungslisten ihre Namen weit oben zu finden sind: Schriftsteller, Künstler und linke Intellektuelle. Am 25. Juni 1940 wird in New York das Emergency Rescue Commitee gegründet, um die bedrohten Künstler zu retten, die sich teilweise bereits in Internierungslagern befinden. Eine geeignete Person soll in Marseille heimlich ein Büro des ERC aufbauen. Doch dies alles dauert dem Journalisten Varian Fry, einem der Gründer des ERC, zu lang und er übernimmt die Aufgabe in Marseille persönlich, für drei Wochen, denkt er, doch es werden schließlich fünfzehn Monate. Von ihm und seinen Mitstreitern, von abenteuerlichen Fluchtwegen, Künstlerschicksalen zwischen Hoffnung und Resignation, Erfolg und Scheitern, erzählt dieses Buch.

Umsetzung

Kurze Vorgeschichten im Juli 1935 leiten das Hauptthema, die Zeit zwischen Mai 1940 und Oktober 1941, ein. Ein Kapitel, welches die anschließenden und späteren Ereignisse im Leben der Hauptpersonen schildert, ein kurzes Nachwort, eine ausführliche Literaturangabe und ein Personenregister finden sich am Ende des Buches.

Uwe Wittstock erzählt die Ereignisse chronologisch und parallel, die jeweiligen Kapitel tragen Orts- und Datumsangabe, da sie oft gleichzeitig stattfinden. So beleuchtet er auch das politische Geschehen und fügt so erklärende Details und Wissen in die Handlung ein. Diese Handlung, das Kernstück dieses Buches, folgt Heinrich und Golo Mann, Lion Feuchtwanger, Anna Seghers, Walter Benjamin, Franz Werfel und Alma Mahler-Werfel, Hannah Arendt, den Malern Marc Chagall und Max Ernst. Die eindringlich und lebhaft geschilderten Einzelepisoden ergeben ein facettenreiches, anschauliches Bild dieser Zeit, der Menschen, ihrer Entscheidungen und Schicksale. Dieses Buch ist aus umfangreichen Recherchen entstanden und schildert Ereignisse, die tatsächlich in dieser Form stattgefunden haben.

Fazit

Dieses Sachbuch, eine Dokumentation und eine sehr spannende Geschichte dieses besonderen Jahres 1940 für Schriftsteller, Künstler und Intellektuelle, hat mich tief beeindruckt. Geschichte, mit bisher kaum bekannten Details und Informationen zeitlos erlebbar gemacht, eine Leseempfehlung aus Überzeugung.

Hölle und Paradies: Amsterdam, Querido und die deutsche Exilliteratur – Bettina Baltschev

AutorBettina Baltschev
VerlagBerenberg Verlag
Datum9. Februar 2024
AusgabeTaschenbuch
Seiten200
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3949203848

„Landshoff, der bisher gemeinsam mit Gustav Kiepenheuer den Berliner Gustav Kiepenheuer Verlag geleitet hatte, führt auch nur wenig Gepäck bei sich, weil er nicht weiß, wie lange sein Aufenthalt dauern wird.“ (Zitat Seite 17)

Inhalt

Im April 1933 reist der junge Verleger Fritz Landshoff von Berlin nach Amsterdam. Der Amsterdamer Verleger Emanuel Querido plant die Gründung eines deutschsprachigen Exilverlages und Landshoff sagt zu. Es bleibt ihm nur wenig Zeit, Autoren für ein Herbstprogramm zu finden, doch nach nur einer Woche hat er bereits neun Verträge abgeschlossen, weitere folgen rasch. Der größte menschliche Gewinn des Exils in Amsterdam wird für Landshoff jedoch die Freundschaft mit Klaus Mann.

Thema und Genre

In diesem Buch geht es um die Geschichte des 1933 in Amsterdam entstandenen Querido-Verlages, einer der wichtigsten deutschen Exilverlage, und die Autoren und Autorinnen der deutschen Exilliteratur.

Erzählform und Sprache

Bettina Baltschev folgt im heutigen Amsterdam den Spuren des Verlages und in diesen Rahmen fügt sie die Verlagsgeschichte zwischen 1933 und 1950 ein, die eng mit mit Emanuel Querido und Fritz Landshoff verbunden ist. Vor allem jedoch schildert die Autorin das Leben der bekannten deutschen Exilschriftsteller dieser Zeit. Zu den ersten, 1933 veröffentlichen Büchern gehören auch zwei Romane von Lion Feuchtwanger, 1950 erscheint das letzte Buch des Querido Verlages, „Klaus Mann zum Gedächtnis“, herausgegeben von Erika Mann. Bettina Baltschev geht es bei ihren Recherchen vor allem um das Leben im Exil und die damit verbundenen Unsicherheiten und Gefühle der Autoren und Autorinnen nach dem Verlust der Heimat. So ergibt sich ein beeindruckendes, interessantes Bild jener Jahre in Amsterdam, welches sich durch ihre Streifzüge mit der Gegenwart verbindet. Am Buchende findet sich eine nach Jahren geordnete Liste der im Querido-Verlag veröffentlichten Autoren und Autorinnen und die entsprechenden Titel ihrer Werke. Eine Zusammenstellung ausgewählter Literatur schließt das Buch ab.

Fazit

Ein großartig erzählter Streifzug durch Amsterdam, durch die Geschichte der Verleger und Autoren in den Jahren 1933 bis 1950, lebhafte, packende Schilderungen, welche die Vergangenheit mit der Gegenwart verbinden.

„Zauber der Stille: Caspar David Friedrichs Reise durch die Zeiten – Florian Illies

AutorFlorian Illies
Verlag S. FISCHER
Erscheinungsdatum 25. Oktober 2023
FormatGebundene Ausgabe
Seiten256
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3103972528

„Denn der Himmel glüht wie Feuer, das Wasser steht majestätisch still, die Erde schweigt und die Luft flüstert uns ein Geheimnis zu. Friedrich lässt hier aus dem Tosen der vier Elemente plötzlich den Zauber der Stille entstehen.“ (Zitat Seite 38)

Thema und Inhalt

Dieses Buch ist keine Biografie, sondern ein breit angelegtes Bild einer Epoche, das uns nicht nur durch die Malerei, sondern gleichzeitig durch zweihundertfünfzig Jahre deutsche Zeitgeschichte führt. Im Mittelpunkt stehen Caspar David Friedrich, Episoden aus seinem Leben und seine Bilder. Doch der Weg führt weiter, zum Beginn des 20. Jahrhunderts, als seine Werke als altmodisch galten und niemanden interessierten, zu seiner Wiederentdeckung und die rasch erwachende Begeisterung und Faszination für seine Werke, die bis heute anhält.

Umsetzung

Im Mittelpunkt der ersten Geschichte „Auf dem Segler“, gleichsam eine Einleitung, steht seine Hochzeitsreise auf die Insel Rügen und die Überfahrt nach Stralsund, ein Ausschnitt des später dazu entstandenen Gemäldes bildet den Buchumschlag.

Es folgen vier große Abschnitte, die den vier Elementen entsprechen: Feuer, Wasser, Erde, Luft, eine Einteilung, die der Liebe zur Natur des Künstlers folgt. Episoden aus dem Leben Caspar David Friedrichs, werden mit der Entstehung von Bildern zum jeweiligen Thema, mit geschichtlichen Ereignissen und dem weiteren Weg der Bilder verbunden. Gleichzeitig erhalten wir einen tiefen Einblick in Caspar David Friedrichs Entwicklung als Künstler, von der Zeichnung zur Farbe, in seine Beweggründe und die Höhen und Tiefen seines Lebens. „Ich muß allein bleiben und wissen, dass ich allein bin, um die Natur vollständig zu schauen und zu fühlen. Ich muß mich dem hingeben, was mich umgibt, mich vereinigen mit meinen Wolken und Felsen, um das zu sein, was ich bin.“ (Zitat Seite 230, Aussage CDF)

Wir begegnen Weggefährten und späteren Bewunderern seiner Werke. Die vielen unterschiedlichen Blickwinkel, aus denen sich Florian Illies dem Künstler nähert, und die interessante Vielfalt der Themen sind das Resultat einer ausführlichen, genauen Recherche und machen dieses Buch zu einer literarischen Schatzkiste, die man neugierig öffnet und begeistert liest.

Am Buchende finden sich eine Zeittafel, Vorschläge für weiterführende Literatur und der Abbildungsnachweis zu den vier Bildern, die jeweils einen Abschnitt einleiten.

Fazit

Florian Illies erzählt die Geschichte Caspar David Friedrichs, indem er dem Spuren seiner Bilder folgt, von der Entstehung bis heute. Er spürt auch den Weg der nicht mehr vorhandenen Bilder auf, ergründet die Ursachen ihres Verschwindens. So ergibt sich ein breit gefächerter, poetischer und beeindruckender Spaziergang durch die Zeit.

„Der entmündigte Leser“ Für die Freiheit der Literatur – Melanie Möller

AutorMelanie Möller
Verlag Galiani-Berlin
Erscheinungsdatum 11. April 2024
FormatKindle-Ausgabe
Seiten240 (Print-Ausgabe)
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3869713021

„Also bitte gar keine Kompromisse, keine Änderungen an den Texten, schon gar nicht bei toten Autoren, die sich nicht wehren können. Wer etwas nicht lesen möchte, darf es gerne lassen oder entsprechend kommentieren.“ (Zitat Pos. 260)

Thema und Inhalt

Eine Streitschrift für die Freiheit der Literatur, so nennt die Autorin dieses Fachbuch. Schon das Cover zeigt aussagekräftig, worum es geht. Es ist ein eindringliches Plädoyer für die Freiheit der Kunst, hier die Freiheit der Literatur, und gegen alle zeitgeistigen Wokeness-Bestrebungen, Ecken und Kanten in aktuellen Texten zu entschärfen, klassische Texte nachträglich umzuschreiben. Derartige Eingriffe, die von den Lesern selbst nicht gewünscht werden, sind Versuche, so Marlies Möller, aus mündigen unmündige Leser zu machen. „In Sachen Kunst darf es keine Abstriche geben. Wer verwässert, entmündigt den Leser – und der ist schlauer, als man denkt.“ (Zitat Pos. 95)

Umsetzung

Melanie Möller ist Professorin für Latinistik an der Freien Universität Berlin. Daher stellt sie in neun Kapiteln jeweils einen griechischen oder römischen Autor der Antike einem klassischen oder modernen Autor oder Autorin gegenüber. Wobei das erste Kapitel hier eine Ausnahme macht, denn hier geht es um die großen Epen Homers einerseits und die Bibel andererseits. Es sind generell spannende und ungewöhnliche Gegenüberstellungen, wie zum Beispiel Catull und Casanova, Euripides und Annie Ernaux. Besonders interessant ist natürlich die jeweilige Begründung und Herleitung der Kombination und das Aufzeigen der literarischen und thematischen Gemeinsamkeiten. Mein persönliches Highlight ist das Kapitel 9: Sappho und Astrid Lindgren.

Mit Textbeispielen stellt Melanie Möller in allen Kapiteln, durchaus ironisch, die theoretisch-rhetorische Frage, ob nicht doch an den Zeitgeist angepasst werden sollte, besonders auch, was das Frauenbild betreffe, um zu begründen, warum genau das falsch wäre. Ihre Argumente und Ausführungen belegt sie durch Textzitate und fachlich fundierte Einblicke in das Leben, die Gesellschaft und die Gedankenwelt jener Zeit, in welcher die besprochenen Werke jeweils entstanden sind. Immer wieder erinnert sie daran, das reale Leben des Schriftstellers von seinem fiktiven Werk und den ebenso fiktiven Figuren zu trennen. So ergibt sich auch ein sehr interessanter Streifzug durch die Welt der Literatur und zum Beispiel auch die Problematik, die entsteht, wenn wir mit dem heutigen Wissensstand und Denkart literarische Frauenfiguren, Ausdrücke, Wortwahl, Sprache aus längst vergangenen Zeitaltern und völlig anderen Kultur- und Gesellschaftskreisen woke interpretieren wollen.

Fazit

Das vorliegende Buch ist kein Sachbuch, sondern definitiv ein Fachbuch. Es ist sicher eine Herausforderung für Leser wie mich, bei denen Latein und die Werke des klassischen Altertums (mit einer Ausnahme, Homers Illias, da mich der Themenkreis Troja nach wie vor fasziniert) mit dem Ende der Gymnasialzeit geendet haben. „Die Studie bemüht sich lediglich um einen weiträumigen Gang durch die Zeiten, um der Geschichte der Gewalt gegen die (in diesem Fall primär literarische) Kunst historische Tiefe und Breite zu verleihen.“ (Zitat Pos. 306). Dies ist der Verfasserin mit dieser lesenswerten Streitschrift gelungen.

Vierundzwanzigsieben kochen – Tim Mälzer

AutorTim Mälzer
Verlag Mosaik Verlag
Erscheinungsdatum 11. Oktober 2023
FormatGebundene Ausgabe
Seiten272
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3442394159

„Dieses Buch soll eine Hilfestellung für alle sein, die sich am eigenen Herd gerne aufs Wesentliche konzentrieren: gutes und unkompliziertes Essen. Eine Alltagsküche, die einem nicht alltäglich vorkommt.“ (Zitat Seite 9, Einleitung)

Thema und Inhalt

Auch in seinem neuen Kochbuch trägt jedes der über einhundert Rezepte die typische Handschrift von Tim Mälzer. Es geht bei den Rezepten um Anregungen und wie schon der Titel 24/7 sagt, sind sie rund um die Uhr alltagstauglich und können an den jeweiligen persönlichen Tagesablauf und die eigenen Vorlieben angepasst werden. Was die Rezepte verbindet, ist eine Rückkehr zum Wesentlichen, eine Küche mit je nach Saison überall erhältlichen Zutaten, Kochen mit Spaß statt Stress, schnörkellos und dennoch kreativ.

Gestaltung

Die gebundene Ausgabe liegt stabil in der Hand und macht einen robusten Eindruck, dieses Buch wird es verzeihen, den einen oder anderen Fleck während des Einsatzes zu erhalten. Doch es ist wesentlich mehr, als „nur“ ein weiteres Kochbuch, eine weitere Sammlung von Rezepten. In insgesamt neun Kapiteln von Frühstück bis zu Süßes & Dessert umfasst jedes Rezept eine Seite mit dem Text, Zutaten und Zubereitung, und auf der gegenüberliegenden Seite findet sich das passende, ganzseitige Foto. Besondere Tipps ergänzen die Rezepte und in der Buchmitte finden wir einige Textseiten, „Kulinarische Alltagsbeobachtungen“ von Thees Uhlmann. Was Vegetarierinnen wie mich und natürlich auch Vegetarier besonders freuen wird, ist die große Auswahl an vegetarischen Gerichten und ich wusste schon beim Lesen, dass zum Beispiel die Krautfleckerl mit Lammhack und Weintrauben auch ohne Lammhack schmecken werden.

Fazit

Auch dieses Kochbuch von Tim Mälzer ist wieder nicht einfach nur ein Kochbuch, sondern auch ein Lesebuch, eine anregende Gedankenreise mit genussvollen Bildern, die sofort zu neuen Ideen führen. Das Lesebändchen ist eine praktische Ergänzung, ich zähle allerdings schon jetzt zwölf eingelegte Zettelchen, nachdem ich dieses Buch begeistert von der ersten bis zur letzten Seite durchgeschmökert habe.

Mit Büchern das gefrorene Meer der Zeit löchern – Ruprecht Frieling

AutorRuprecht Frieling
Verlag Antheum Verlag
Erscheinungsdatum 26. November 2021
FormatTaschenbuch
Seiten516
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3959495318

„Ich bewerbe gern und gezielt Bücher, die teilweise ein Nischendasein führen. Dazu habe ich 222 unterschiedliche Bücher aus den verschiedensten Genres zusammengestellt, die in diesem bunten Lesebuch vorgestellt werden.“ (Zitat Seite 8)

Thema und Inhalt

Ruprecht Frieling stellt hier mit 222 ausführlichen Rezensionen ebenso viele Bücher vor. Bewusst, wenn auch mit Bedauern, verzichtet er auf die bekannten Klassiker, sondern beschränkt sich auf die Gegenwartsliteratur des 20. und 21. Jahrhunderts und hier wiederum nicht nur auf bekannte Autoren und Autorinnen, sondern auch auf bisher wenig bekannte.

Gestaltung

Der Autor teilt seine Vorschläge in zwölf Kapitel ein, wobei jedes Kapitel einem Genre entspricht, beginnend mit Roman und endend mit Sachbuch. Kapitel wie zum Beispiel Underground und Szene, Kriminalliteratur, Fantastische Literatur und Biografisches zeigen die Vielfalt der Lesetipps, natürlich fehlen auch Liebesromane und Science Fiction nicht. Den Abschluss bildet ein Kapitel mit zehn negativen Bewertungen, um zu zeigen, dass Rezensenten nicht nur begeisterte Reaktionen schreiben.

Fazit

Die Vielfalt der Literaturvorschläge in Kombination mit den informativen, lebhaften und durchaus unterhaltsam zu lesenden Rezensionen machen dieses Buch per se zu einem Lesebuch, zum Schmökern von der ersten bis zur letzten Seite. Das genussvolle, lesende Stöbern in dieser Schatzkiste der modernen Literatur lässt auch den persönlichen Wunschzettel wachsen und es könnten sich unerwartete Nebenwirkungen einstellen. In meinem Fall ist es Thomas Bernhard, von dem ich niemals etwas lesen wollte – und nun liegt sein Roman „Holzfällen“ schon auf meinem Bücherstapel.

Das Fundament des Eisbergs: Eine arktische Sehnsucht – Stefan Moster

AutorStefan Moster
Verlag mareverlag
Erscheinungsdatum 20. September 2022
FormatGebundene Ausgabe
Seiten320
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3866486805

„Wenn ich in mich gehe und suche, was den Reiz der Arktis für mich verkörpert, stoße ich nicht auf ein mathematisches Resultat, sondern auf das Bild einer weißbauen Eisformation bei Windstille und gutem Wetter. Ich sehe kaltglattes Meer, auf dem Eis in unterschiedlicher Gestalt treibt, illuminiert von einer Sonne, deren Strahlen von keinem Feinstorbkorn gebrochen werden.“ (Zitat Seite 66)

Thema und Inhalt

Dieses Buch behandelt die vielfältigen Aspekte der geheimnisvollen Anziehung, welche die eisigen Landschaften rund um die beiden Pole seit Jahrhunderten auf die Menschen haben, wobei es hier, wie schon der Titel sagt, um die Arktis geht. Von den authentischen Berichten der berühmten Entdecker über Reiseberichte und literarische Annäherungen  bis zu den Daten der Arktis-Expedition des Forschungsschiffs Polarstern 2019/2020 reicht der Bogen, den Stefan Moster als Erzähler zwischen seiner eigenen Sehnsucht und seinen Erfahrungen und fundiertem Wissen und Fakten spannt.

Umsetzung

In sieben großen Abschnitten lesen wir Ausschnitte aus den Berichten der Polarforscher über die Suche nach dem Nordpol, das oft mehrjährige Driften, monatelang umgeben von Dunkelheit und undurchdringbarem Eis. Dazu erzählt der Autor von seinen eigenen Annährungen an die Arktis, von der Weite, dem einzigartigen Licht und den Farben. Wir blicken mit Amundsen aus der Luft auf den Pol, lernen die Vielfalt der Vogelwelt und die eindrückliche Tierwelt kennen, das Leben der frühen Jäger und Walfänger in diesem Gebiet, verfolgen die Entwicklung des Arktistourismus von den Anfängen bis zu den heutigen Kreuzfahrten, Spitzbergen mit seinen einst einsamen Bergarbeiter-Siedlungen wurde zum neuen, vielbesuchten Sehnsuchtsziel. Doch auch mit den Fakten und den zahlreichen Auswirkungen der Klimaveränderungen, nicht nur auf die Eisbären, sondern auf das gesamte ökologische Gefüge der Erde, beschäftigt sich dieses Buch. Interessant, packend und eindrücklich stellt Stefan Moster dabei die Berichte der früheren Polarforscher und Entdecker den Berichten und Erfahrungen der Polarstern-Expedition gegenüber, denn deutlicher lassen sich diese Veränderungen nicht beschreiben. „Naturschutz ist für den Planeten unverzichtbar. Im Hinblick auf die Arktis kann man es auf die Formel bringen: Naturschutz ist das Fundament des Eisbergs.“ (Zitat Seite 304)

Fazit

Stefan Moster hat schon in seinen Romanen gezeigt, dass er ein wunderbarer, poetischer Erzähler ist und genau das spiegelt sich auch in diesem Buch wider. Wer bereits im hohen Norden unterwegs war, taucht sofort ein in Erinnerungen und die alte Sehnsucht erwacht. Eine Sehnsucht, die beim Lesen, Eintauchen in die eindrücklichen Beschreibungen und persönlichen Gedanken des Autors, in Verbindung mit dem interessanten Wissen, sicher auch in Lesern erwacht, die noch nicht dort waren und nun ihre Gedanken auf die Reise schicken, lesend einen Blick auf die Schönheit der Arktis und unseres Planeten zu werfen.

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