Möglichkeit der Liebe – Birgit Rabisch

AutorBirgit Rabisch
VerlagFISCHER Taschenbuch
Datum15. Juni 2015
AusgabeTaschenbuch
Seiten112
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3596302680

„Angenehm zu wissen, daß er in ihr nur die anregende Gesprächspartnerin sieht wie sie in ihm den anregenden Gesprächspartner.“ (Zitat Seite 19)

Inhalt

Vera, einundvierzig Jahre alt, eine erfolgreiche Lektorin, hat sich ihr Leben ohne Männer  gut eingerichtet, alleine und für sich selbst verantwortlich. Seelische Blessuren vergangener Erfahrungen bleiben tief in ihr vergraben. So genießt sie ihre besondere Freundschaft mit dem Astronomen Armin, den sie seit der Kindheit kennt. In diesem Frühjahr treffen sie sich an seinem Bootsplatz und er lädt sie ein, ihren nächsten Urlaub gemeinsam mit ihm auf seiner BONDESTAVE auf dem nordfriesischen Wattenmeer zu verbringen. „Stell dir vor: Eine Hallig, ganz bedeckt mit einem lila Teppich, leuchtend im Sonnenschein, dunkelviolett unter den Schatten der ziehenden Wolken.“ (Zitat Seite 40) Schließlich sagt sie zu, sieben Tage, danach Philippinen. Doch das lila Meer der Hallig, das Sommermeer vieler Vogelarten, dazu Nähe ohne Druck – so viele Eindrücke, so viele Möglichkeiten.

Thema und Genre

In diesem Roman, 1998 in der Rubrik „Die Frau in der Gesellschaft“ des Fischer Taschenbuch Verlages erschienen, geht es um eine Frau im mittleren Lebensalter, erfolgreich und auf Grund prägender Erfahrungen von ihrem Singleleben überzeugt. Themen sind Literatur und Verlagswesen, Beziehungen und natürlich das Wattenmeer.

Erzählform und Sprache

Die Geschichte beginnt mit Vera, ihrem Tagesablauf, einfache, normale Tätigkeiten, doch alles ist in ihren Gedanken mit Literatur hinterlegt. Sieht sie am Himmel rosa Wolken, überlegt sie, welche Geschichte sich daraus ergeben könnte, ihr Leben erfasst sie als mögliche Szenen eines Romans und Worte sind ihre Barriere gegenüber ihren Gefühlen. Die Handlung verläuft chronologisch, Vera und Armin im Präsens, doch diese Ebene fließt, unterbrochen von Abschnitten, Veras Gedanken und Erinnerungen, die Sprache wechselt ins Imperfekt, dazu Texte im Text, neue Varianten, neue Geschichten. So gelingt es der Autorin, auf diesen im Grunde wenigen Seiten eine Fülle unterschiedlicher Informationen in die Handlung einzubinden, bevor die Reise Tag für Tag erzählt wird. Die Schilderungen der beeindruckenden Schönheit, aber auch der Unberechenbarkeit der Natur der Halligen und des Wattenmeers sind ein eindrucksvoller Teil dieser Geschichte. Es ist unglaublich, wie es Birgit Rabisch gelingt, mit ihrer klaren, knappen Sprache solche Bilder zu malen.

Fazit

„Ist Freiheit ein Ersatz für Liebe?“ (Zitat Seite 42). Dieser lesenswerte Roman ist eine der möglichen Antworten auf diese Frage.

Wackelkontakt – Wolf Haas

AutorWolf Haas
VerlagCarl Hanser Verlag
Datum9. Januar 2025
AusgabeGebundene Ausgabe
Seiten240
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3446282728

„Sie vermutete, Madrisa hätte ihr sagen wollen, man weiß nie, was geschrieben steht, bevor man den letzten Satz gelesen hat. Bevor man am Ende des Buches angekommen ist.“ (Zitat Pos. 2474)

Inhalt

Seit Franz Escher, von Beruf Trauerredner, zu seinem neunzehnten Geburtstag sein erstes Puzzle bekommen hat, tausend Teile, kamen viele weitere dazu. An diesem Tag, über dreißig Jahre später, wartet er auf den Elektriker. Die Wartezeit vertreibt er sich mit dem Puzzle „Die große Welle“, fünfhundert Teile. Das Puzzle ist fertig, der Elektriker noch nicht da, also greift er zu dem Roman, den er am Vorabend zu lesen begonnen hat, ein Mafia-Roman, sein bevorzugtes Genre. Elio Russo, ein junges Mitglied der Mafia, wurde zum Kronzeugen. In einigen Tagen soll Russo mit einer neuen Identität in ein neues Leben in Deutschland entlassen werden, doch er ist überzeugt, nicht vor der Rache der Mafia sicher zu sein. Er kann nicht schlafen und liest weiter in einem Buch über einen Mann namens Escher, der auf den Elektriker wartet.

Thema und Genre

Eine Roman im Roman im Roman, parallel und gleichzeitig gespiegelt, spielt er mit den Möglichkeiten des Erzählens, OFF-ON, diffus wie ein Wackelkontakt.

Erzählform und Sprache

Was mit zwei parallelen Handlungssträngen beginnt, die Geschichte des Puzzle-begeisterten Eigenbrötlers Franz Escher und die Geschichte des jungen Kriminellen Elio Russo, entwickelt sich rasch zu einem spannenden, genialen Verwirrspiel, je weiter Escher und Elio lesen, desto mehr verwischen die Grenzen zur Realität, kommen sie einander im Gelesenen näher, bis sie rasant durch die aktuellen Ereignisse gleiten. Franz Escher denkt über die Formulierungen seiner Trauerreden nach: „Es ging darum, mit seinen Worten den Übergangsbereich zu berühren. Die unsichtbare Nahtstelle zwischen den Welten des tatsächlich Geschehenen und des möglich Gewesenen.“ (Zitat Pos. 1725) Genau darum geht es auch in diesem Roman.

Fazit

Dieser Roman ist eine Wundertüte aus vielen Geschichten, Kriminalroman, Lebensgeschichte, Liebesgeschichte und ein spannendes, amüsantes Verwirrspiel zwischen Romanfiguren und  Erzählebenen, überraschend bis zum letzten Satz.

Im Schnee – Tommie Goerz

AutorTommie Goerz
VerlagPiper Verlag
Datum10. Januar 2025
AusgabeGebundene Ausgabe
Seiten176
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3492073486

„Und er saß noch hier und ließ seine Gedanken im Halbschlaf treiben, hierhin und dorthin, vor und zurück, nein, eigentlich nur zurück.“ (Zitat Pos. 830)

Inhalt

Max ist über achtzig Jahre alt, er ist in Austhal geboren, aufgewachsen und hier geblieben. Die Läden haben längst für immer zugesperrt, es sind kaum mehr Höfe bewirtschaftet. Max steht am Fenster und schaut dem Schnee beim Herabfallen zu, denkt an seine Apfelbäume, die im Frühjahr wieder blühen werden und im Herbst Äpfel tragen. Es hätte wieder ein schöner Tag werden können, wenn nicht plötzlich das Totenglöckchen für Georg geläutet hätte, für Schorsch, seinen bester Freund, und Max weiß, dass für ihn ohne diese besondere Freundschaft die Welt eine andere geworden ist.

Thema und Genre

In dieser Geschichte geht es um das Erinnern, um das einfache Dorfleben zwischen Vergangenheit und Gegenwart, um Verlust, Trauer und Freundschaft.

Erzählform und Sprache

Die Handlung schildert die kurze Zeit zwischen dem Tod von Schorsch und dem Begräbnis, die Nacht der Totenwache und den Tag danach. Ein chronologischer Rahmen, in dessen Mittelpunkt der ruhige, beschauliche Alltag von Max steht, und seine Gedanken. In seinen Erinnerungen und durch die Geschichten, die von den Alten während der Totenwache erzählt werden, wird das einfache Leben in diesem Dorf lebendig, die Veränderungen zwischen damals und heute, der Zusammenhalt der Dorfgemeinschaft, wenn bei er Kartoffelernte alle zusammenhalfen, und auch, wenn es darum ging, über welche Vorkommnisse beharrlich geschwiegen wird.

Fazit

Es ist eine Geschichte der leisen Töne, mit einer besonderen Erzählsprache, die durch ihre schnörkellose, eindringliche Tiefe die perfekte Ergänzung zum Inhalt bildet, ein beeindruckendes Leseerlebnis.

Die Welt von Gestern: Erinnerungen eines Europäers – Stefan Zweig

AutorStefan Zweig
VerlagFISCHER Taschenbuch
Datum1. April 1085
AusgabeTaschenbuch
Seiten512
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3596211524

„Nie habe ich unsere alte Erde mehr geliebt, als in diesen letzten Jahren vor dem Ersten Weltkrieg, nie mehr auf Europas Einigung gehofft, nie mehr an seine Zukunft geglaubt als in dieser Zeit, da wir meinten, eine neue Morgenröte zu erblicken. Aber es war in Wahrheit schon der Feuerschein des nahenden Weltbrands.“ (Zitat Seite 223)

Inhalt

Dieses Buch entstand in den Jahren 1939 bis 1941, als Stefan Zweig bereits im Exil lebte, und es erschien erst nach seinem Tod, 1942 im Bermann-Fischer Verlag in Stockholm. Stefan Zweig erinnert sich an seine Kindheit, Jugend, die Zeit als Student in der Sicherheit eines bürgerlichen Elternhauses in der pulsierenden Weltstadt Wien, damals ein kulturelles Zentrum Europas. Sein weiteres Leben ist geprägt von den Umbrüchen durch den ersten Weltkrieg und die Zeit danach. Schon früh erkennt er die drohende Gefahr durch die Nationalsozialisten für ganz Europa, während die deutschen Intellektuellen Adolf Hitler noch als Bierstubenagitator belächeln.

Thema und Genre

Stefan Zweigs Erinnerungen an die Welt von gestern sind eine ausdrucksvolle, literarische Zeitreise des österreichischen Schriftstellers, der gleichzeitig ein überzeugter Europäer und Weltbürger ist. Dieses Buch ist mehr als ein autobiografisches Werk, es ist ein beeindruckendes, bis heute lebendiges Zeitbild einer Generation.

Erzählform und Sprache

Im Mittelpunkt dieser Erinnerungen stehen nicht die persönlichen Ereignisse im Leben von Stefan Zweig, diese bilden nur den Rahmen, oder auch den roten Faden. Genau genommen ist dieses Buch die Biografie Österreichs, Wiens, Europas vom Ende des 19. Jahrhunderts an bis zum Jahr 1939. Erzählt in der bekannt treffenden, klaren Sprache des Schriftstellers, entfaltet sich vor uns Lesern keine weitere historische Abhandlung, kein Sachbuch oder Geschichtswerk, sondern hier beschreibt jemand, der diese Zeit mit allen Sinnen selbst erlebt hat, mit allen begeisternden Höhen und die tiefsten Tiefen. Seine aufmerksamen Beobachtungen, seine Eindrücke, die lebhafte Schilderung des kulturellen, des gesellschaftlichen Lebens, aber auch der politischen Strömungen und des Alltagslebens der unterschiedlichen Bevölkerungsschichten, verbindet Stefan Zweig mit seinen eigenen Gedankenströmen, Überlegungen und Gefühlen, mit Freude, Hoffnung und tiefer Verzweiflung. „Nein, am Tage, da ich meinen Paß verlor, entdeckte ich mit achtundfünzig Jahren, daß man mit seiner Heimat mehr verliert als einen Fleck umgrenzter Erde.“ (Zitat Seite 466)

Fazit

Dieses Buch des österreichischen Schriftstellers, der in seiner Zeit einer der bekanntesten, meistgelesenen deutschsprachigen Schriftsteller war, holt diese für Europa prägende Zeit, die erste Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts, in die heutige Zeit. Es hilft uns Lesern, die Zusammenhänge besser zu verstehen und ist zeitlos aktuell und ebenso zeitlos lesenswert.

Biblioteca criminale: Pellegrinis vierter Fall – Dino Minardi

AutorDino Minardi
VerlagKampa Verlag
Datum23. März 2023
AusgabeTaschenbuch
Seiten224
SpracheDeutsch
ISBN-13 978-3311120582

„Sonia, das ist Commissario Marco Pellegrini aus Como. Der, den ich für die Ermittlung vorgeschlagen habe.“ (Zitat Seite 39)

Inhalt

Die Jahrestagung der Vereinigung Hominis et Tigris, in der es um Kriminologie und Aufklärung von Gewaltverbrechen geht, findet in der berühmten Bibliothek Angelo Mai in Bergamo statt. Commissario Marco Pellegrini aus Como ist seit vielen Jahren Mitglied und diesmal begleitet ihn seine Mitarbeiterin, Ispettrice Claudia Spagnoli. Doch als sie am Samstag, 22. Mai, zum ersten Vortrag kommen, wird den Teilnehmern der Zutritt verweigert. Am Vortag hatte der Archivar Bertoldo Novarese noch begeistert Claudia Spagnoli einen riesigen, alten Globus, kunstvoll aus Holz geschnitzt, erklärt, nun ist der Archivar tot. Er war in der Nacht in der Bibliothek ermordet worden und nur die Teilnehmer der Konferenz waren noch im Gebäude und hatten daher zur Tatzeit Zutritt zur Bibliothek. Dies macht den Fall besonders brisant und Marco Pellegrini wird mit den Ermittlungen beauftragt, da es jemand von außerhalb sein muss.

Thema und Genre

Dieser Kriminalroman handelt von der Aufklärung eines Mordfalls, der zunächst viele Fragen aufwirft. Doch auch Beziehungen, Liebe und Familie und natürlich wertvolle alte Bücher spielen eine Rolle.

Erzählform und Sprache

In diesem vierten und letzten Band der Serie geht es um die Frage nach Motiv und Tatperson. Die Geschichte wird chronologisch erzählt und findet innerhalb von wenigen Tagen statt. Dadurch ergibt sich eine straffe Handlung, die mit zwischenmenschlichen Themen und Konflikten ergänzt wird, und die dem Commissario dennoch manchmal Zeit lässt für einen guten caffè. Auch dieser Fall ist in sich abgeschlossen und kann gelesen werden, ohne die anderen drei Bücher zu kennen.

Fazit

Eine interessante, spannende Geschichte und sympathische Figuren ergeben ein unterhaltsames Lesevergnügen.

Putzfrau bei den Beatles – Birgit Rabisch

AutorBirgit Rabisch
Verlagduotincta GbR
Datum14. März 2018
AusgabeBroschiert
Seiten168
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3946086307

„Alle vier nicken. 275 Jahre geballte Lebenserfahrung finden, dass die Jugend einen guten Vorschlag gemacht hat.“ (Zitat Seite 49)

Inhalt

Die „Yellow Submarine“ ist eine renovierte, prächtige Gründerzeitvilla in Hamburg Eimsbüttel und die Fassade ist tatsächlich leuchtend gelb. John, Paul, George und Ringo nennen sich die vier älteren Herren, die in dieser Villa leben. Nach wie vor kritisch und oft unterschiedlicher Meinung zum aktuellen Zeitgeschehen und ebenso oft in Erinnerungen an die 1968 zurückblickend, verbindet sie eine lange Freundschaft und die gemeinsame, ebenso zeitlos lange Liebe zur Musik, besonders zu den Songs der Beatles. Als Jana, vierundzwanzig Jahre alt, an einem Ampelmast einen Zettel entdeckt, dass eine zuverlässige Reinigungskraft gesucht wird und das in der engen Nachbarschaft, ist es der perfekte Job für sie, denn sie will Schriftstellerin werden und träumt davon, einen erfolgreichen Debütroman zu schreiben. Nun ist sie bereits seit sechs Monaten Putzfrau bei den Beatles, doch es fehlen ihr zündende Ideen für ihrem Roman – bis ein Junge vor der Tür steht. Leander ist zwölf Jahre alt, laut Oma Monis Tagebuch ist Paul sein Großvater und Leander will bei ihm wohnen.

Thema und Genre

In diesem Roman geht es um die Beatles, die 68er Bewegung und die Frage, wie die aktiven Jugendlichen von damals heute leben, zwischen Erinnerung und den aktuellen politischen und gesellschaftlichen Veränderungen. Es geht um lebenslange Freundschaften, das Zusammenleben von mehreren Generationen, die Konflikte, aber auch das voneinander Lernen. Gleich einem roten Faden zieht sich das Thema Schreiben und Schreibprozess durch die Geschichte.

Erzählform und Sprache

Die Sprache versteht es, sich den Ausdrucksformen der unterschiedlichen Figuren anzupassen und wirkt dadurch natürlich, die Sympathie des Lesers, der Leserin, für die einzelnen Charaktere verstärkend. Man kann sich sofort in jeden der Protagonisten hineinversetzen, in ihre Sicht der Dinge, denn im Zuge der Geschichte werden Ereignisse bekannt, die jede der Figuren tief geprägt haben. Die Geschichte wird chronologisch erzählt, aus wechselnden Perspektiven, mal ist es Jana, die ihre Sicht der Dinge und ihr Leben in der Ich-Form schildert, mal steht Leander im personalen Mittelpunkt und so bildet diese Geschichte ein trotz der Vielfalt der Themen überzeugendes Ganzes.

Fazit

Eine originelle und abwechslungsreiche Geschichte mit aktuellen Fragen und Themen. Witzige Szenen und überraschende Wendungen machen diesen Roman zu einem Leseerlebnis, auch 2025, und somit inzwischen 57 Jahre 1968.

Tod der Autorin: Ein Leben in elf Romanen – Birgit Rabisch

AutorBirgit Rabisch
Verlag‎Verlag duotincta GbR
Datum16. Dezember 2024
AusgabeTaschenbuch
Seiten384
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3946086772

„Sie blättert in ihren Romanen, liest sich fest, reißt sich wieder los, macht sich Notizen zu ihren Romanfiguren, nimmt eine Figur in die Liste auf, streicht sie wieder, überlegt es sich, nimmt sie doch auf, streicht eine andere, bis die Gästeliste für ihr Dinner 70 endlich fertig ist.“ (Zitat Seite 19)

Inhalt

Zu ihrem siebzigsten Geburtstag hat die Autorin eine Idee, ein neues literarisches Projekt, ein festliches Dinner in einem eleganten, schönen Rahmen. Als Gäste lädt sie Figuren aus ihren elf Romanen ein, sechsundzwanzig Figuren, die sie gerne sehen will, ohne Unterscheidung in Hauptfigur oder Nebenfigur. Nicht nach Roman, sondern bunt gemischt platziert sie ihre Romanfiguren an sechs Tische, geht im Laufe des langen Dinners von Tisch zu Tisch. Sie diskutiert mit ihren Figuren, erinnert sich gleichzeitig an die Zeit in ihrem Leben, als sie zu der jeweiligen Geschichte inspiriert wurde, die sie in ihren Romanen und durch ihre Romanfiguren erzählen wollte.

Thema und Genre

Die Autorin erklärt selbst, keine Autobiografie schreiben zu wollen, sondern Autofiktion, genau genommen eine Autorinnenfiktion. „Selbst wenn ich um Wahrheit bemüht über mein Leben schreiben würde, wäre es nur die Fiktion, die sich in meinem Erinnerungsprozess verfestigt hat.“ (Zitat Seite 134) Im Mittelpunkt ihrer Geschichten stehen die Menschen, ihre Gefühle, Liebe, Freundschaft, Verlust, in Verbindung mit zeitlos wichtigen Fragen aus den Bereichen Wissenschaft, Forschung, Gesellschaftspolitik. Gleichzeitig geht es um das Schreiben selbst von der Idee bis zur fertigen Geschichte, um Erzählformen und Erzählperspektiven.

Erzählform und Sprache

Schon die Idee, prägende Ereignisse durch die Erinnerung der Autorin an die jeweils daraus entstandenen Romane und Figuren nochmals erlebbar zu machen, ist ungewöhnlich, originell und es macht Freude, diese Geschichte in Form eines Dinners mit vielen unterschiedlichen Tischgesprächen zu lesen. Gekonnt gibt Birgit Rabisch gerade so viel aus den elf Romanen preis, wie für die Gespräche mit den Figuren wichtig ist, um die Handlung auch für Menschen nachvollziehbar zu machen, welche keinen der zugrundeliegenden Romane gelesen haben. Die Erinnerungen der Autorin ergänzen diese Details und bieten so einen hervorragenden Einblick in die Tätigkeit von Schriftstellern, in das Schreiben, in die Entstehung und Ausformung von Romanfiguren. Natürlich sind die Figuren an die jeweilige Geschichte, Themen und Konflikte angepasst, die sie für uns spätere Leser erlebbar machen sollen, doch so wie hier in diesem besonderen Roman wirkt nichts konstruiert, man hat das Gefühl, die Figuren können und dürfen sich mit der Handlung entfalten, die auch nicht auf eine bestimmte Erzählperspektive festgelegt ist. Der Titel ist wohl eine Abwandlung der literaturtheoretischen These vom Tod des Autors und der Geburt des Lesers, im Sinne der Bedeutung, die ein Text erst durch die Gedanken des Lesers erhält. Der vorliegende Roman hat viele Facetten und Themen, ist für mich auch einer der unterhaltsamsten Rundgänge durch wichtige Grundlagen der Erzähltheorien, Fachwissen für literaturinteressierte Laien, knapp, interessant und lesbar präsentiert.

Fazit

Es macht Freude, dieses Buch zu lesen, selbst wenn man keinen der elf Romane von Birgit Rabisch kennt. Auf eine sichere Nebenwirkung sei jedoch hingewiesen: man wird ganz sicher Lust bekommen, den einen oder anderen Roman zu lesen, nachdem man die Figuren bei anregenden Tischgesprächen kennengelernt hat.

Ein Espresso für den Commissario: Pellegrinis erster Fall – Dino Minardi

AutorDino Minardi
VerlagKampa Verlag
Datum13. Juni 2024
AusgabeTaschenbuch
Seiten240
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3311155409

„Richtig, er war Commissario der Polizia di Stato von Como, der ab und zu in der Bar seines Vaters die Espressomaschine bediente, und kein Barista. Es gab diese Tage, an denen er sich wünschte, es wäre anders, und heute schien ein solcher zu sein.“ (Zitat Seite 12)

Inhalt

Als Commissario Marco Pellegrini nach einer Auszeit von etwa vier Jahren wieder nach Brunate zurückgekehrt war, ein Ort über dem Comer See, wo seine Familie ein Albergo besitzt, hatte er sich auf eine ruhigere Zeit bei der Polizia di Stato gefreut. Auch an diesem Dienstagmorgen, es ist der 15. Mai, genießt der den wunderbaren Blick über den See bei einem perfekten caffè, natürlich selbst zubereitet, in der Bar della Funicolare, die ebenfalls der Familie gehört. Doch kaum betritt er etwas später die Questura, ist es mit der Ruhe vorbei. Ein Student wurde in seiner Wohnung tot aufgefunden, im Bett erwürgt. Die ungewöhnlich hohe Anzahl an unterschiedlichen Fingerabdrücken, die sich in dieser Wohnung finden, ist bald geklärt, die Wohnung wurde immer wieder über Airbnb an Touristen untervermietet. Doch das Vermögen, über das dieser Student verfügt, lässt sich damit nicht erklären und das Ermittlerteam steht zunächst vor eine Reihe von unterschiedlichen Vermutungen und vielen Fragen.

Thema und Genre

Dieser Kriminalroman, der erste Band einer Serie, spielt am Comer See. Es geht um Verbrechen und Ermittlungen, Umwelt, Forschung, Investment, und viele Facetten von zwischenmenschlichen Beziehungen.

Erzählform und Sprache

Die straffe Handlung spielt zwischen dem 15. und 18. Mai und durch diesen knappen Zeitraum wirkt die Arbeit der Ermittler realistisch und nachvollziehbar. Pellegrinis enges Team besteht aus zwei Personen: Vice Ispettore Fabio Cunego und der jungen, ehrgeizigen Ispettrice Claudia Spagnoli. Die Spannungen zwischen diesen beiden Mitarbeitern machen die Ermittlungsarbeit für den Commissario nicht einfacher, andererseits ergibt sich daraus für den Autor die Möglichkeit, die Tage in viele unterschiedliche Ereignisse an teilweise unterschiedlichen Orten zu splitten, die gleichzeitig stattfinden, was die Spannung erhöht. Die Handlung wird ergänzt durch persönliche Erlebnisse und Probleme der unterschiedlichen Figuren, so ergibt sich zum Beispiel aus den Erinnerungen und Gedanken des Commissario eine eigene Geschichte und nach und nach die Erklärung für seine Auszeit. Bildintensiv und eindrücklich schildert die Sprache auch das italienische Lebensgefühl und die Schönheit der Landschaft.

Fazit

„Gleich einer hellen Ameisenspur blinkten am gegenüberliegenden Ufer die Lichter von Cernobbio und den kleineren Nachbarorten. Der See strahlte erhabene Ruhe aus, samtschwarzen Frieden.“ (Zitat Seite 90) Schilderungen wie diese machen diesen vielseitigen Kriminalroman zu einem überzeugenden Lesevergnügen, am besten mit mehreren Espressi zu genießen.

Über allen Bergen – Valentine Goby

AutorValentine Goby
VerlagList Hardcover
Datum28. November 2024
AusgabeGebundene Ausgabe
Seiten352
SpracheDeutsch
ÜbersetzerinMarlene Frucht
ISBN-13978-3471360699

„Ein Sonnenstrahl, die Sonne, die draußen auf den Schnee schien, der Schnee, der gleich von den Skiern zur Seite gedrückt werden würde, er musste die ganze Zeit daran denken.“ (Zitat Pos. 963)

Inhalt

Als Vadim verlässt er mit dem Zug Paris, als Vincent Dorselles trifft er in dem kleinen, abgelegenen Ort Vallorcine ein. Die klare, frische Luft der Natur zwischen den hohen, ihn tief beeindruckenden  Bergspitzen der Aiguilles Rouges lässt das Asthma des zwölfjährigen Jungen rasch verschwinden. Als er ankommt, ist das Bergdorf durch hohe Schneemassen von der Außenwelt getrennt. In der zehnjährigen Moinelle findet er bald eine Freundin, die ihn mit dem Alltag des einfachen Lebens in und mit der Natur vertraut macht. Bald fühlt er sich in der ruhigen Freundlichkeit seiner Gastfamilie zu Hause, das Weiß des Winters wird langsam zum Grün des Frühlings und zum Gelb des Sommers. Dann kommt der Herbst und die Realität erreicht auch diese kleine, abgeschiedene Gemeinde.

Thema und Genre

Dieser Coming-of-Age Roman spielt während des Zweiten Weltkriegs in einem zwischen hohen Bergspitzen versteckten Dorf nahe der Schweizer Grenze. Themen sind Familie, Freundschaft, Flucht, Erinnerungen, Einsamkeit und Phantasie, Landleben und die Natur im Laufe der Jahreszeiten.

Erzählform und Sprache

Im Mittelpunkt der Geschichte stehen der zwölfjährige Vincent und die Menschen in diesem abgelegenen, von hohen Gipfeln umgebenen Bergdorf. Chronologisch führt uns die Autorin durch die Wochen und Monate, indem Vadim-Vincent als Ich-Erzähler uns seine Erlebnisse und Eindrücke schildert. Er lässt uns an seiner Gedankenwelt teilhaben, an seiner Phantasie, die alle Eindrücke und Gefühle in Farbe umsetzt. Als stiller Beobachter denkt er über die Menschen in dieser kleinen Dorfgemeinschaft nach, vor allem jedoch ist er tief beeindruckt von den bizarren, hohen Gipfeln, die das kleine Tal zwischen den bewaldeten Hängen umgeben und die mit den klaren Frühlingstagen immer sichtbarer werden. Auch wenn das eigentliche Thema, der Krieg und die Besetzung Frankreichs durch die Nationalsozialisten, im Hintergrund immer präsent ist, prägt es diese Geschichte nicht. Hier geht es tatsächlich um die Eindrücke eines zwölfjährigen Jungen aus der Großstadt Paris, der heimlich und mit einer neuen Identität in ein entlegenes Dorf in den Bergen gebracht wird, um in Sicherheit zu sein. Die schnörkellos-klare Ausdrucksform der Sprache ist angenehm zu lesen und passt zum Alter des Ich-Erzählers.

Fazit

Es sind die einfühlsamen und eindrücklichen Beschreibungen der Menschen und die beeindruckenden, anschaulichen Stimmungsbilder der großartigen Natur dieser Bergwelt, die den besonderen Charme und Sog dieses Romans ausmachen.

Eins + eins = drei: Jahrbuch Nr. 2 – Lutz Flörke & Vera Rosenbusch

AutorLutz Flörke
AutorinVera Rosenbusch
Verlag BoD – Books on Demand
Erscheinungsdatum 15. September 2024
FormatTaschenbuch
Seiten152
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3759723550

„Buchstaben, Wörter, Sätze sind nicht nur optische Zeichen, sie haben auch eine akustische Dimension. Besonders in der Lyrik, wo schon das Wort an ein Musikinstrument erinnert, trägt der Klang zur Bedeutung bei, aber auch in der Prosa.“ (Zitat Seite 146, Kollektives Nachwort)

Thema und Inhalt

Dem am 27. Februar 2024 erschienenen Jahrbuch Nr. 1 folgt nun das Jahrbuch Nr. 2. des Dichter-Duos Vera Rosenbusch & Lutz Flörke. Manche Texte sind einzeln entstanden, andere kollektiv. Es sind unterschiedliche Texte, die sich aus alltäglichen Überlegungen, spontanen Einfällen und aktuellen Fragen unserer Zeit ergeben und die immer wieder mit ungewöhnlichen Formen des Erzählens spielen und auch das Schreiben selbst zum Thema machen.

Umsetzung

Die sechsundzwanzig Geschichten sind den Monaten eines Jahres zugeordnet, das im Oktober beginnt und im darauffolgenden September endet. Der erste Text ist ein Kollektivtext, in dem die beiden Jahrbücher sich direkt an die Leser wenden und darüber diskutieren, welches das bessere Buch ist, bis sie einen gemeinsamen Vorschlag finden. „Beide Bücher: Am besten Sie lesen uns selbst.“ (Zitat Seite 10) Mit diesem humorvollen Augenzwinkern beginnt eine abwechslungsreiche Reise durch Geschichten, die durch die Jahreszeiten führen, Alltagsereignisse, Erinnerungen, Begegnungen, Erlebnisse mit komischen, skurrilen und ernsten Momenten, und oft mit überraschenden Wendungen und Ergebnissen. Was alle Texte eint ist die Lust am Erzählen und das Spielen mit der Vielfalt der sprachlichen Ausdrucksformen. Das Buch schließt mit einem kollektiven Nachwort und Informationen über das Schaffen des Dichter-Duos.

Fazit

Ein literarischer Jahreskreis aus Texten von Oktober bis September, Geschichten die oft unvermutet den erwarteten Weg verlassen, die neugierig machen und die man mit großem Vergnügen, von ernst-nachdenklich bis belustigt schmunzelnd, liest.

Mission Arktis – James Rollins

AutorJames Rollins
VerlagUllstein Taschenbuch Verlag
Datum13. Februar 2006
AusgabeTaschenbuch
Seiten656
SpracheDeutsch
ÜbersetzungChristine Strüh
ISBN-13978-3548263441

„Auf der untersten Ebene der Station bewegte sich etwas und verschwand dann in den tieferen Regionen des Eisbergs jenseits der Reichweite des Sonars. Obwohl es nur einen Moment zu  sehen gewesen war, gab es keinen Zweifel.“ (Zitat Seite 27, 28)

Inhalt

Am 6. Februar ist das USS Forschungs-U-Boot Polar Sentinel, Teil des Arktis-Projekts Driftstation Omega, in der Dunkelheit des arktischen Winters im nördlichen Eismeer unterwegs. Da taucht unter Wasser ein gigantischer Eisberg auf. Als plötzlich eine riesige Eisklippe abbricht, sehen sie im Eis ein russisches U-Boot, eindeutig aus der Zeit des 2. Weltkriegs, und eine unterirdische Eisstation. Ihre Entdeckung, welche die Biologen begeistert und Techniker tief erschüttert, zwingt beide Großmächte, Amerika und Russland, zum sofortigen Handeln unter Einsatz aller Mittel. Denn was das amerikanische Forschungsteam hier findet, hätte für immer unter den dicken Eismassen ruhen sollen.

Thema und Genre

In diesem Wissenschaftsthriller, der in der Arktis spielt, geht es um Forschung um jeden Preis, geheime Experimente, Fortschritt und Forschungsethik, Geheimdienste und Militäreinsätze.

Erzählform und Sprache

Die Geschichte beginnt mit einem Prolog Anfang Februar und geht dann Anfang April chronologisch weiter. Die Kapitel sind in Abschnitte unterteilt, wobei die Ereignisse teilweise zeitgleich an verschiedenen Punkten stattfinden. Durch die Angabe von Ort, Datum und Uhrzeit bleibt die rasante Handlung übersichtlich und klar, eine perfekte Gliederung, welche die Spannung noch erhöht. Die einzelnen Personen werden am Beginn des Buches kurz vorgestellt, sowie Lagepläne der Forschungsstation. Am Buchende erläutert der Autor in Anmerkungen Details und Fakten zu den Kernthemen, welche die Grundlage für diese fiktive Geschichte bilden. Die Sprache passt zum Gene und erweitert die Handlung mit bildintensiven Schilderungen der Arktis, der Lebensbedingungen in der eisigen Kälte. Auch Erklärungen der wissenschaftlichen Hintergründe werden gekonnt in die Ereignisse eingebaut, ohne jedoch den Spannungsbogen zu unterbrechen.

Fazit

Ein interessanter, actionreicher Wissenschaftsthriller mit brisanten Themen, der packendes Lesevergnügen garantiert.

Ein Wunschzettel voller Bücher – Aleksia Sidney

Autor20 Autoren, Autorinnen
HerausgeberinAleksia Sidney
Verlag OKTOPUS bei Kampa
Erscheinungsdatum 22. September 2022
FormatGebundene Ausgabe
Seiten272
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3311300366

„Nicht dass ein Buch jemals ein liebloses Geschenk sein könnte. Jedes Buch hat eine Seele, jedes hat einen Sinn, erklärt einen Sachverhalt oder erzählt eine Geschichte. Aber der Akt des Schenkens kann lieblos sein.“ (Zitat Seite 169, aus „Bücherseele“ von Diana Menschig)

Thema und Inhalt

Dieses Buch umfasst zwanzig Texte, von ebenso vielen modernen oder zeitlos aktuellen Autoren und Autorinnen, von Hans Fallada bis Carlos Ruiz Zafón. Was diese magischen, spannenden oder nachdenklichen Geschichten gemeinsam haben, sind drei Themen: Weihnachten, Bücher, und der Ort der Handlung ist immer auch eine Buchhandlung.

Umsetzung

Den Anfang macht ab Seite 9 Petra Hartlieb mit ihren „Weihnachten in der wundervollen Buchhandlung, ein Gedicht von Joachim Ringelnatz „Über ein Buch hinweg …“ schließt diesen facettenreichen Textreigen. Das Buch endet mit einem Nachweis bzw. Quellenangabe zu allen Geschichten. Manche wurden extra für diese Anthologie geschrieben, andere stammen aus einem Roman, einer Erzählung, einer Sammlung, und schon finden sich neue Ideen für die eigene Bücher-Wunschliste.

Fazit

Weihnachtsgeschichten für alle, die das Lesen lieben, so lautet der Untertitel dieser Geschichtensammlung und besser kann man dieses Buch nicht beschreiben, ein Garant für wunderbare, entspannte Lesestunden.

Schneesturm und Mandelduft – Camilla Läckberg

AutorCamilla Läckberg
VerlagUllstein Verlag
Datum30. November 2012
AusgabeKindle-Ausgabe
Seiten160 (Print-Ausgabe)
SpracheDeutsch
ASINB009T3LGXY

„Der Duft von Mandeln. Von etwas, das es hier nicht geben durfte.“ (Zitat Pos. 229-240)

Inhalt

Kommissar Martin Molin, der junge Kollege von Patrik Hedström, wird von seiner neuen Freundin Lisette von Liljecrona eingeladen, sie auf die Weihnachtsfeier ihrer Familie zu begleiten. Lisettes Großvater, der Milliardär Ruben von Liljecrona, hatte alle auf die kleine, abgelegene Insel Valö eingeladen und sie alle lassen die Launen des despotischen Familienoberhauptes über sich ergehen, auf einen möglichst großen Teil des Erbes hoffend. Doch der alte Patriarch hat andere Pläne, er teilt den geschockten Familienmitgliedern mit, er werde sein Erbe an wohltätige Organisationen spenden. Kurz darauf bricht er während des Essens tot zusammen, ermordet. Gleichzeitig ist die Insel durch einen Schneesturm von der Umwelt abgeschnitten und Kommissar Molin muss alleine ermitteln, denn die Tat kann nur von einer der anwesenden Personen begangen worden sein.  

Thema und Genre

Diese weihnachtliche Geschichte ist ein typischer Whodunit-Kriminalroman. Die Tat, ein Kreis von möglichen Tatpersonen, ein Ermittler. Es geht um mehrere Generationen einer Familie, Zwistigkeiten, und um ein großes Erbe.

Erzählform und Sprache

Auch die Erzählform ist klassisch, eine chronologisch fortlaufende Handlung, Details über die einzelnen Personen ergeben sich aus den Gesprächen. Starker Schnellfall, Kälte und Eis verstärken die Stimmung von winterlicher Abgeschiedenheit.

Fazit

Ein unterhaltsamer weihnachtlicher Kriminalroman.

Das Echo der Träume – María Dueñas

AutorMaría Dueñas
VerlagBlanvalet Taschenbuch Verlag
Datum18. Februar 2013
AusgabeTaschenbuch
Seiten736
SpracheDeutsch
ÜbersetzungBarbara Reitz
Maria Zybak
ISBN-13978-3442380398

„Die Normalität war nur das, was mein eigener Wille, mein Engagement, mein Wort als normal akzeptierten, und von daher war sie auch immer bei mir. Sie an einem anderen Ort suchen oder sie aus dem Gestern zurückgewinnen zu wollen, hatte keinen Sinn.“ (Zitat Seite 581, 582)

Inhalt

Sira Quiroga Martín, geboren am 25. Juni 1911 in Madrid, beginnt mit zwölf Jahren eine Lehre in dem Modeatelier, in dem auch ihre Mutter arbeitet. Sie ist eine junge Frau, die ihre Hochzeit plant, als eine Schreibmaschine alles verändert. „Eine Schreibmaschine stellte mein Leben auf den Kopf. Es war eine Hispano-Olivetti und von ihr trennte mich über Wochen eine Schaufensterscheibe.“ (Zitat Seite 9) Denn in diesem Geschäft trifft sie auf Ramiro Arribas und verliebt sich leidenschaftlich. Ende März 1936 verlassen die beiden Madrid, um mit dem Geld, das Sira von ihrem Vater erhalten hat, in Marokko ein neues Leben aufzubauen. Als Ramiro mit ihrem Geld und wertvollem Familienschmuck spurlos verschwindet und sie mit hohen Schulden sitzen lässt, besinnt sie sich ihres Berufs und ihrer Begabung und eröffnet einen Schneidersalon, in dem sich bald die Damen der Gesellschaft einfinden, Deutsche, Spanierinnen und Engländerinnen. Als man an sie herantritt, nach Madrid zurückzukehren und dort neben einem eleganten Atelier, das für sie eingerichtet wird, auch besondere, allerdings sehr gefährliche Aufgaben zu übernehmen, sagt sie zögernd zu und damit nimmt ihr Leben nochmals eine unvorhersehbare Wende.

Thema und Genre

Dieser Roman mit historischem Hintergrund gibt interessante Einblicke in Gesellschaft und Politik in Marokko, während Europa bereits am Rande des zweiten Weltkriegs steht. Vor allem jedoch geht es um die politische Lage Spaniens zur Zeit der Bürgerkriege, Francos Weg an die Macht und die Zeit des Franco-Regimes. Es geht um die Haltung Spaniens gegenüber den deutschen Nationalsozialisten, um die Interessen Englands und den Widerstand. Gleichzeitig geht es um Frauenfreundschaft und Zusammenhalt.

Erzählform und Sprache

Es ist Sira selbst, die rückblickend ihre Geschichte erzählt und auch die Lebensumstände in dieser ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts beschreibt, die gesellschaftliche Schere zwischen Armut und Reichtum. Im Mittelpunkt steht neben ihren persönlichen Erfahrungen und Erinnerungen die Rolle, die sie während dieser gefährlichen Jahre des politischen Franco-Regimes in Madrid spielt, über Intrigen, Vertrauensbrüche und wie sie selbst sogar ungewöhnliche Situationen spontan meistert. Durch Sira lernen wir ihre Kundinnen kennen und die Faszination besonderer Stoffe und exquisiter Entwürfe. Die Sprache schildert packend und macht diese Geschichte zu einem Page-Turner.
 

Fazit

Die spannende Geschichte einer Frau in einer geschichtlich brisanten Zeit.

Die Totgesagten – Camilla Läckberg

AutorCamilla Läckberg
VerlagList Taschenbuch
Datum10. März 2010
AusgabeTaschenbuch
Seiten416
SpracheDeutsch
ÜbersetzerinKatrin Frey
ISBN-13978-3548609614

„Wenn ihr – ich nehme an, Molin wird dich unterstützen – einen Hinweis findet, das wirklich etwas nicht stimmt, macht weiter. Falls ihr allerdings nichts Berauschendes findet, verschwendet ihr keine weitere Zeit damit.“ (Zitat Seite 72)

Inhalt

Der Termin der Hochzeit von Erica Falck und Patrik Hedström rückt rasch näher, zum Glück wird Erica von ihrer Schwester Anna tatkräftig unterstützt, denn Patrik und sein Team sind intensiv mit den Ermittlungen zu zwei völlig unterschiedlichen Fällen beschäftigt. Da ist der tödliche Autounfall von Marit Kasperson, Inhaberin eines kleinen Ladens. Warum hatte die Frau, die keinen Tropfen Alkohol angerührt hat, einen extrem hohen Alkoholspiegel im Blut? Patrik erinnert sich an einen ähnlichen Fall, der inzwischen drei Jahre her ist, ein angeblicher Selbstmord eines Mannes, der nie Alkohol getrunken hat, jedoch stark alkoholisiert war. Genaue Untersuchungen zeigen Details, die eindeutig auf Mord hinweisen, dennoch gibt es offenbar keine Verbindung zwischen den beiden Fällen, außer einer Seite aus einem Märchenbuch.  Gerade wird in Tanum die beliebte Reality-Soap ‚Raus aus Tanum‘ gedreht und nach einem heftigen Streit unter den Teilnehmern wird die Leiche eines jungen Mädchens, eine Teilnehmerin, in einer Mülltonne gefunden. Die Ermittler vermuten, dass eine der teilnehmenden Personen diesen Mord begangen hat, doch wer?

Thema und Genre

In diesem schwedischen Kriminalroman geht es um Mordermittlungen, Kindheitserinnerungen, Familienbeziehungen, Traumata, Reality-Fernsehshows, aber auch das Alltagsleben in einer überschaubaren Gemeinde.

Erzählform und Sprache

Auch dieser Band 4 der Falck-Hedström-Serie spielt in der Gemeinde Tanum, in Fjällbacka und in Tanumshede, wo sich das Polizeikommissariat befindet. Die Geschichte wird chronologisch erzählt, immer wieder unterbrochen von Abschnitten mit den Erinnerungen und Gedanken der unbekannten Tatperson. Sehr gut gelingt der Autorin der Wechsel zwischen den Schilderungen der brutalen Morde und dem Familienleben von Erica und Patrik mit den Hochzeitsvorbereitungen, sowie dem Leben in der Gemeinde mit den vielen unterschiedlichen Charakteren und Schicksalen. Lebhaft und anschaulich sind auch die Schilderungen des Umfeldes und der medienwirksamen Dreharbeiten von Reality-Soaps. Auch wenn man als Leser eigene Vermutungen anstellt, sobald sich durch die Informationen der Ermittlungsarbeit Puzzleteil um Puzzleteil zusammenfügt, sorgen überraschende Wendungen für eine durchgehend packende Geschichte, die glaubwürdig und nachvollziehbar ist.

Fazit

Auch dieser Teil der Serie um den sympathischen Ermittler Patrik Hedström und seine Frau, die Autorin Erica Falck, garantiert spannende Unterhaltung, deren Vielschichtigkeit für ein abwechslungsreiches Leseerlebnis sorgt.

The Light in the Ruins – Chris Bohjalian

AutorChris Bohjalian
VerlagVintage Contemporaries
Datum9. Juli 2013
AusgabeKindle Ausgabe
Seiten322
SpracheEnglish
ASINB00B3GMIBY

„She might even take two days and visit the Rosati villa in Monte Volta. Maybe she would learn something from its ghosts.” (Zitat Seite 86)

Inhalt

Das alte Landgut der adeligen Familie Rosati, die Villa Chimera, liegt versteckt zwischen Weinbergen etwas außerhalb des toskanischen Ortes Monte Volta und damit auch abseits des direkten Kriegsgeschehens im zweiten Weltkrieg. Bis im September 1943 die Nationalsozialisten weite Teile Italiens besetzen und erfahren, dass sich nahe der Villa eine antike etruskische Grabstätte befindet. Zunächst interessiert den deutschen Oberst Erhard Decker, immer auf der Suche nach Kunstschätzen für Berlin, vor allem das Grabgewölbe, doch rasch auch für die große Villa selbst.

1955 findet Cristina Rosati den toten Körper ihre Schwägerin Francesca Rosati, das Herz wurde aus der Brust geschnitten und wirkungsvoll in einem Aschenbecher vor dem Frisierspiegel präsentiert. Rasch zeigt sich, dass es jemand offenbar auf die noch lebenden Mitglieder der Familie Rosati abgesehen hat. 1943 kämpfte Serafina Bettini trotz ihrer Jugend aktiv auf der Seite der Partisanen. Heute ist sie die erste Frau in der Mordkommission von Florenz. Sie ist überzeugt, dass der Tathintergrund in der Vergangenheit zu suchen ist, obwohl sie und ihr Chef Paolo Ficino sich fragen, warum erst jetzt, nach elf Jahren.

Thema und Genre

In diesem Roman mit geschichtlichem Hintergrund geht es um Italien im zweiten Weltkrieg zwischen Nationalsozialisten, Angriffen der Alliierten und Widerstand, Familiengeheimnisse, Verlust, Liebe und Rache. Die Geschichte zeigt viele Facetten zwischen Kriminalroman, Familiengeschichte und Generationenroman.

Erzählform und Sprache

Die Geschichte wird in zwei Handlungssträngen und auf zwei tatsächlichen Zeitebenen erzählt, die einander abwechseln und in sich chronologisch verlaufen. Die aktuellen Ereignisse schildern die Mordfälle, die Ermittlungsarbeit und Recherchen im Jahr 1955, ergänzt durch Erinnerungen. Das Geschehen in der Vergangenheit spielt während der Kriegsjahre 1943 und 1944. Wirklich spannend und interessant wird die Geschichte jedoch durch einen dritten Erzählstrang, den Gedankenströmen der Tatperson. Damit beginnt das Buch und die Schilderungen der Ermittlungen und Befragungen im Jahr 1955 werden wiederholt durch die Gedanken, Überlegungen und Planungen der nächsten Schritte dieser unbekannten Person ergänzt, wodurch wir aus einer anderen Perspektive auf das Geschehen blicken. Der Roman in englischer Sprache wurde nie übersetzt, doch die elegante, klare Erzählsprache, eindrucksvoll und lebhaft in den Schilderungen, ist sehr gut zu lesen.

Fazit

Ein packender Roman mit zeitlos gültigen Themen und Fragestellungen und einer Vielfalt an Charakteren, menschlichem Verhalten und Gefühlen. Spannende Unterhaltung und Lesevergnügen.

Kafkas Sohn – Szilárd Borbély

AutorSzilárd Borbély
VerlagSuhrkamp Verlag
Datum26. März 2017
AusgabeGebundene Ausgabe
Seiten200
SpracheDeutsch
ÜbersetzungHeike Flemming
Laszlo Kornitzer
ISBN-13978-3518425909

„Alle Gestalten, denen ich während des Schreibens begegnet bin, alle Figuren meiner Schriften irrten durch das Nichts, und ich versuchte sie aus ihm herauszuführen.“ (Zitat Seite 138, Kafkas vierzigster Geburtstag)

Inhalt

In diesem Romanfragment aus einzelnen Prosatexten nähert sich ein junger, osteuropäischer Schriftsteller seinem berühmten Vorbild Franz Kafka an, nicht nur dem Schriftsteller, sondern vor allem dem Menschen, dessen Gefühle und Erfahrungen er auch in sich spürt und teilt. So spaziert er immer wieder an Kafkas Seite durch dessen Prag, schafft eine imaginäre Gegenwart, in der sich Kafkas Schilderungen und Erfahrungen mit den eigenen verbinden.  Er beschreibt Kindheitserinnerungen, die geprägt sind durch eine problematische Vater-Sohn-Beziehung, und die stete Suche von eigenen Ausdrucksformen als Schriftsteller.

Thema und Genre

Kafkas Sohn sind Prosatexte, in deren Mittelpunkt der Schriftsteller Franz Kafka steht. Es ist ein unvollendeter Roman aus dem Nachlass von Szilárd Borbély, auch dies eine Parallele zu Franz Kafkas Romanen. Kernthemen sind Reisen und Wege, schriftstellerische Ausdrucks- und Erzählformen, Väter und Söhne, Glaube, Religion und die intensive Suche nach sich selbst, wenn man sich im eigenen Leben immer wieder verliert.

Erzählform und Sprache

Die einzelnen Geschichten sind in sich abgeschlossene Episoden, denen teilweise Kafkas Erzählungen zugrunde liegen, seine Briefe und seine Tagebuchaufzeichnungen. Die Reihenfolge ist keiner Chronologie unterordnet, manche Episoden wiederholen sich, aber aus neuen Gesichtspunkten, abgewandelt, verfremdet. Auch in dieser Erzählform in Fragmenten spiegelt sich Franz Kafkas Art zu schreiben wider. Schon der Titel lässt verschiedene Deutungen zu, Szilárd Borbély sieht Franz Kafka als prägendes schriftstellerisches Vorbild und sieht sich gedanklich manchmal als Kafkas Bruder, aber auch als Kafkas Sohn. Doch auch Franz ist Kafkas Sohn, Sohn von Hermann Kafka, der seinem Sohn Franz, den er nie verstanden hat, streng und kritisch, beinahe ablehnend, gegenüberstand, eine Beziehung, die das schriftstellerische Schaffen von Franz Kafka entscheidend geprägt hat.

Bewusst wurde in der vorliegenden Übersetzung auf alle Interpretationsmöglichkeiten verzichtet, die Übersetzung richtet sich nach dem Manuskript in Originalsprache, Kafka Fia, und unvollendete Sätze und Texte blieben unvollendet, scheinbare Unstimmigkeiten wurden ebenfalls nicht verändert. Dies geht aus den Kommentaren von Heike Flemming und Laszlo Kornitzer im Anhang hervor.

Fazit

Dieses Buch ist eine ungewöhnliche, intensive Auseinandersetzung mit Franz Kafka, seinem Leben und Werk, in einer interessanten, auch sprachlich spannenden Erzählform.

Der Roman des Jahres 2005 – 2024 – Deutscher Buchpreis

HerausgeberDeutscher Buchpreis
Börsenblatt MVB GmbH
Erscheinungsdatum 5. November 2024
FormatTaschenbuch
Seitenca. 135
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3-7657-3441-0

„Welche sind in besonderer Erinnerung geblieben? Welches möchten Sie vielleicht noch einmal lesen und für welches, das Sie noch nicht kennen, ist genau jetzt der richtige Moment?“ (Zitat Pos. 31-35, Einleitung)

Thema und Inhalt

Der Deutsche Buchpreis wurde in diesem Jahr 2024 zum zwanzigsten Mal vergeben. Die vorliegende Jubiläumsausgabe stellt nochmals alle mit dem deutschen Buchpreis ausgezeichneten Romane von 2005 bis 2024 vor.

Gestaltung

Auf die Titelseite folgen Seiten mit Collagen aller Buchcover und ein Inhaltsverzeichnis mit Autor, Buchtitel, Seitenangabe. Nach dem Vorwort werden die zwanzig Romane einzeln vorgestellt. Die Reihung erfolgt chronologisch nach dem Jahr der Auszeichnung, beginnend mit dem Roman des Jahres 2005, Arno Geiger: Es geht uns gut, und endend mit dem Roman des Jahres 2024, Martina Hefter: Hey guten Morgen, wie geht es dir?. Jede Präsentation beginnt mit einem Foto des Autors oder der Autorin bei der Preisverleihung. Daran schließt die ausführliche Leseprobe an, gefolgt von der Inhaltsbeschreibung des Verlages, einer kurzen Biografie, dem Buchcover, und den Informatonen wie Verlag, ISBN, Seitenzahl und Preis.

Fazit

Auch diese Jubiläumsbroschüre liegt in vielen Buchhandlungen auf und ist kostenlos. Es ist ein spannender Rückblick, eine Erinnerung für alle Lesebegeisterten, die tatsächlich die jährlichen Nominierungen und Preisträger bereits seit 2005 verfolgen. Es ist aber auch eine  interessante Möglichkeit, alle Titel kennenzulernen und durch die ausführlichen Auszüge das eine oder andere Buch zu finden, das man bisher nicht beachtet hatte.

Mondlabyrinth – André Schinkel

AutorAndré Schinkel
Verlag Mitteldeutscher Verlag
Erscheinungsdatum 9. September 2024
FormatTaschenbuch
Seiten160
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3963116865

„Ein Stift huscht über die Fasern. Wir aber/ Sitzen, schauen, schweigen, denken und sehn/ In den Bäumen: So einfach könnte es sein.“ (Aus: Südpark, Seite 62)

Inhalt

Diese Gedichtsammlung, Teil drei einer Tetralogie, besteht aus vier voneinander unabhängigen Abschnitten: Versunkener Kontinent, Mondbucht, Stille Bewegung, Das Porphyrne Land. Diese Abschnitte umfassen jeweils zwischen sechzehn und zweiunddreißig Gedichte und Texte, die großteils in den Jahren 2014 bis 2024 entstanden sind.

Themen und Sprache

Es ist immer wieder die Natur, beobachtende Augenblicke, Stimmungen, welche die Gedanken zwischen Mitteldeutschen Hängen, Flüssen und Orten einfangen und loslassen, auf Reisen schicken zwischen Tag und Nacht, Erde und Mond. Eine weite Gefühlswelt mit allen Höhen und Tiefen, Liebe, glückliche Momente und Erinnerungen, fragende Zweifel, Träume, Sehnsucht und immer wieder der Wunsch nach Innehalten in der Stille. „Es ist diese wundersame Stille im Gesang / Der Gestirne und Vögel, unten am Fluß.“ (Aus. Gedicht bei den Bäumen am Fluss, Seite 107). So vielfältig wie die Themen sind auch die Texte selbst, von Gedichten in unterschiedlicher Dichte und Länge bis zu kurzen Prosatexten. Die Sprache nützt viele Ausdrucksmöglichkeiten, Wörter, Sätze, immer wieder Brüche, manchmal rastlos, manchmal in getragener Tiefe, und  drängt sich so in unsere Gedanken.

Fazit

Diese Gedichtsammlung ist, wie schon das Wort ‚Labyrinth‘ im Titel besagt, kein Buch für eine schnelle Lesestunde, rasch mal ein Gedicht zwischendurch, sondern es ist Lyrik, angesiedelt im Raum zwischen Erde und Mond, die in ihrer Vielfalt und Dichte der Beobachtungen und Gefühle unsere Aufmerksamkeit fordert, manchmal öfter gelesen werden will, um erfasst zu werden. Eine Herausforderung und gleichzeitig eine faszinierende Leseerfahrung, da sich in den Sprachbildern immer neue Gedankenspiele entdecken lassen.

Erzählungen und Romane – Franz Kafka

AutorFranz Kafka
Verlag Anaconda Verlag
Erscheinungsdatum 5. Oktober 2020
FormatGebundene Ausgabe
Seiten1504
SpracheDeutsch
ISBN-13978-3730609255

„Als der sechzehnjährige Karl Rossmann, der von seinen armen Eltern nach Amerika geschickt worden war, weil ihn ein Dienstmädchen verführt und ein Kind von ihm bekommen hatte, in dem schon langsam gewordenen Schiff in den Hafen von New York einfuhr, erblickte er die schon längst beobachtete Statue der Freiheitsgöttin wie in einem plötzlich stärker gewordenen Sonnenlicht.“ (Zitat Seite 569, aus: Der Verschollene- Amerika)

Thema und Inhalt

Diese Ausgabe enthält alle Erzählungen von Franz Kafka, nicht nur die von ihm selbst veröffentlichten Bücher, sondern auch einzeln veröffentlichte Texte und die Erzählungen aus dem Nachlass, herausgegeben von Kafkas Freund May Brod, sowie die drei Romane.

Gestaltung

Diese in Leinen gebundene Ausgabe mit Lesebändchen und Schutzumschlag ist auf Dünndruckpapier gedruckt, daher ist sie vom Gewicht und von der Dicke her noch handlich und auch bei längeren Lesestunden angenehm zu halten. Die verwendete Schriftgröße ist sehr gut zu lesen und die Papierqualität der einzelnen Seiten überzeugt, da nichts durchscheint.

Besonders an dieser Ausgabe ist auch die inhaltliche Vollständigkeit, denn neben Franz Kafkas bekannten Romanen „Der Prozess“ und „Das Schloss“ ist in dieser Sammlung auch der wenig bekannte, unvollendete Roman „Amerika (Der Verschollene)“ inklusive der erhaltenen Fragmente zu finden, der in anderen Sammelausgaben fehlt. Der Beginn dieses Romans war 1913 von Franz Kafka bereits als die Erzählung „Der Heizer“ veröffentlicht worden und ist daher auch in dieser Ausgabe in beiden Varianten vorhanden.

Das Buch beginnt mit einem Inhaltsverzeichnis. Daran schließen die Erzählungen an und umfassen die Seiten 13 bis 565. Die Romane bilden ab Seite 567 bis Seite 1501 den zweiten Teil dieser Ausgabe, gefolgt von einem kurzen Quellenverzeichnis.

Fazit

Diese Sammlung ist vermutlich kein Buch, das man von Seite 1 bis Seite 1501 liest, lädt aber dazu ein, es immer wieder zur Hand zu nehmen und entweder einen der Romane, oder einige der Erzählungen zu lesen und so auch neue Texte und Facetten des vielseitigen Schriftstellers Franz Kafka zu entdecken.

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