Die Wirtinnen“ von Silvia Pistotnig
Autor | Silvia Pistotnig |
Verlag | Elster & Salis Verlag |
Datum | 9. Mai 2023 |
Ausgabe | Gebundene Ausgabe |
Seiten | 360 |
Sprache | Deutsch |
ISBN-13 | 978-3039300464 |
„Nur nicht an das Orgelspielen und die Musik denken. Das war nichts, womit sich ein Essen auf den Tisch stellen oder ein Mann finden ließ.“ (Zitat Seite 62)
Inhalt
Es sind die Arbeit und die Verantwortung für das familieneigene Gasthaus in einem Kärntner Dorf, welche das Leben der beiden Frauen, Johanna und Marianne, ihre Tochter, prägen. Sowohl die hochbegabte Johanna mit ihrer Liebe zur Musik und zu den Tasteninstrumenten, als auch Marianne mit ihrer Affinität für Zahlen und Mathematik, haben keine Chance, ihre Träume und Wünsche an das Leben verwirklichen zu können. Mariannes Tochter, die junge, rebellische Getrud „Trudi“, schämt sich für ihr Zuhause in diesem in die Jahre gekommenen Familiengasthof und plant, dieses sofort nach der Matura verlassen, nach Wien zu gehen und dort zu studieren. Dieser Wunsch kann sich erfüllen, denn ihr älterer Bruder Thomas studiert bereits, nicht jedoch ihr Traum von einer Fußball-Karriere als Mädchen in diesen frühen 1990er Jahren. Noch aber lebt Trudi bei ihrer altmodischen, verschlossenen Großmutter Johanna und ihrer Mutter Marianne, die auf Grund der Arbeit im Gasthaus kaum Zeit für sie hat, und versucht, sich in dem eigenartigen, komplizierten Gefüge der Generationen ihrer Familie zurechtzufinden. „Kann mir irgendwer irgendwas erklären?“ (Zitat Seite 309)
Thema und Genre
In diesem Familien- und Generationenroman geht es um traditionelle Rollen der Frau, Gehorsam und Pflichtgefühl. Diese starren Gefüge lassen keine Veränderungen und schon gar kein Ausbrechen zu, Begabungen und eigene Lebensträume sind unerfüllbare Wünsche, geopfert der Verantwortung für die Familie.
Erzählform und Sprache
Die Geschichte erstreckt sich über die Jahre 1936 bis 2022 und ist in Kapitel eingeteilt, wobei jeweils eine der drei Frauen, Johanna, Marianne oder Gertrud, im personalen Mittelpunkt steht. Die einzelnen Erzählstränge der drei Hauptfiguren verlaufen in sich chronologisch, jedes Kapitel trägt als Überschrift den entsprechenden Namen und die Jahreszahl. Dadurch ergibt sich eine vielschichtige Handlung, sehr klar strukturiert und nachvollziehbar. Gleichzeitig wird die Geschichte dadurch packend, da sich Details, die wir als Leser bereits aus den Schilderungen der Geschehnisse in Johannas Vergangenheit kennen und über die in der Familie geschwiegen wird, für Marianne und Getrud erst viel später durch Antworten auf ihre Fragen zumindest teilweise enthüllen. Doch wichtige Ereignisse, besonders in Johannas Leben, bleiben ungesagt, dadurch können wir Johannas Verhalten besser verstehen, als ihre Tochter und Enkelin. Die Autorin verändert auch ihre Erzählsprache passend zur jeweiligen Zeit und Figur. So sehen wir mit Johannas Augen die Großstadt Wien im Jahr 1938, wo sie eine Stelle als Dienstmädchen antritt, und Trudi, oder wie sie genannt werden will, Geri, wird 1994 durch ihre Sprache sofort zur erfrischend unangepassten Jugendlichen, die sie ja auch ist.
Fazit
Eine facettenreiche Familien- und Generationengeschichte, in deren Mittelpunkt drei Frauen stehen, von denen jede auf ihre Art besonders ist, die sich jedoch auf Grund des Umfeldes und der Lebensumstände nicht so entfalten können, wie es ihren Begabungen und Wünschen entspricht. Skurrile Momente und die genaue, aber dennoch einfühlsame, liebevolle Zuwendung, mit der die Autorin auf ihre Figuren blickt, machen diese Geschichte zu einem überzeugenden Leseerlebnis.