In Dschungeln. In Wüsten. Im Krieg. – Gabriele Riedle
Autor | Gabriele Riedle |
Verlag | Aufbau Verlage – Die andere Bibliothek |
Erscheinungsdatum | 15. September 2022 |
Format | Gebundene Ausgabe |
Seiten | 259 |
Sprache | Deutsch |
ISBN-13 | 978-3847720508 |
„Die liebe Leserin und der liebe Leser, der Kunde, der Endverbraucher, der Markt brauchte Zuversicht in diesen schwierigen Zeiten, er brauchte helle Bilder statt dunkle und leuchtende Farben selbst aus den finstersten Gebieten, wobei das nicht nur für Fotos galt, sondern auch für das, was wir schrieben.“ (Zitat Seite 213)
Inhalt
Die Ich-Erzählerin ist als Berichterstatterin und Fotografin in allen Krisengebieten der Welt unterwegs und darüber berichtet sie in diesem Roman. Immer, wenn der Chefredakteur sie wieder losschickt, schaut sie zuerst in ihren Diercke-Weltatlas aus dem Jahr 1973, bevor sie dann von Berlin aus aufbricht, wo sie in der Goethestraße in Berlin-Charlottenburg wohnt. Sie erzählt von ihren Reisen nach Afghanistan, Papua-Heuguinea, nach Inguschetien, Libyen, Liberia, von den Menschen, dir ihr auf diesen Reisen begegnen, und sie nimmt uns mit in die großen Medienzentralen in Hamburg und Manhattan. Durch alle Schilderungen begleiten sie auch die Erinnerungen an den britischen Kriegsfotografen Tim H., der bei einem Feuergefecht zwischen Gaddafi-Anhängern und Rebellen in Misrata ums Leben gekommen war.
Thema und Genre
Die Autorin selbst nennt ihr Buch einen modernen Abenteuerroman, doch es geht weit um mehr als die Erfahrungen einer Reporterin In Dschungeln. In Wüsten. Im Krieg, Es ist eine kritische Auseinandersetzung mit der journalistischen Berichterstattung, die in vielen realen Facetten schildern will, was Krieg und kriegerische Auseinandersetzungen für die betroffenen Menschen bedeuten, während die Redaktionen der Auftrag gebenden Medienkonzerne sich von der Berichterstatterin berührende Erzählungen mit ebenso berührenden Kinderfotografien wünschen, um die Leserschaft nicht zu verschrecken und damit auch die großen Anzeigenkunden.
Charaktere
Die Autorin betont, dass es sich bei diesem Roman tatsächlich um literarische Prosa handelt und nicht um eine Autobiografie. Natürlich fließen ihre persönlichen Erfahrungen und die Erfahrungen von anderen Menschen mit ein und verbinden sich mit dem fiktiven Text.
Handlung und Schreibstil
Die Ich-Erzählerin schildert nicht nur ihre abenteuerlichen Reisen durch die Krisengebiete, darunter eine Reise mit Tim H. nach Liberia, sie verbindet diese auch mit einem weiten Bogen an persönlichen Eindrücken, Erfahrungen, Erinnerungen, findet neue literarische Gedankenverbindungen, nicht nur durch ihre Wohnadresse Goethestraße. Begegnungen mit bekannten Persönlichkeiten, bekannten Kriegsreportern, füllen ihre Schilderungen mit vielen unterschiedlichen Personen. Es ist jedoch die besondere Sprachintensität der Autorin, die sofort begeistert. In langen Sätzen reiht sie Ereignis um Ereignis, Gedanken und Gedanken aneinander, rasant, wie atemlos, verknüpft alle mit völlig anderen Themen, zu manchmal skurrilen Situationen und Überlegungen und dies alles nicht ohne satirischen Humor, so böse, dass sie uns damit zum Lachen bringt, trotz der ernsten Themen. „Hallo, ja, stehe im Stau auf der Third Mainland Bridge in Lagos, jemand will mir durch‘s Autofenster ein Bügelbrett verkaufen, und vermutlich stürzen wir alle gleich samt Brücke ins Wasser, aber falls in der Brühe da unten Empfang ist, rufe ich später zurück, woraufhin der Chefredakteur offenbar irgendjemandem im Raum zurief: unter unserer Frau Soundso stürzt in Lagos gerade irgendeine Brücke ein, aber vielleicht kauft Frau Soundso dort auch nur ein Bügelbrett, ich habe es nicht richtig verstanden, und sicher hatte der Chefredakteur dann noch hinzugefügt, dass Lagos jetzt the place to be sei, auch wenn er selbst dort niemals auch nur eine Sekunde hätte verweilen wollen.“ (Zitat Seite 154, 155)
Fazit
Komplex und gleichzeitig vielseitig, eine kritische Auseinandersetzung mit dem modernen Journalismus, großartig erzählt in einer beeindruckenden sprachlichen Vielfalt, einer der Titel der Longlist zum Deutschen Buchpreis 2022.