„Erst schien es mir meine Aufgabe zu sein, Material zu sammeln, um ein Zeugnis der Zeit, der traurigen Wahrheit zu schaffen, dann suchte ich im Schreiben Halt, inzwischen ist es mir zur Gewohnheit geworden.“ (Zitat Pos. 1160)
Thema und Inhalt
Die polnische Schriftstellerin und Journalistin fühlt sich verpflichtet, diese Tagebuch-Aufzeichnungen als Chronistin des Besetzungsalltags in Warschau zu führen.
Als die deutsche Wehrmacht am 1. September 1939 Polen überfällt, macht Aurelia Wyleżyńska gerade Urlaub in der malerischen Landschaft am Fluss Dnister, nahe der rumänischen Grenze, weit weg von der Hauptstadt. Doch während die Menschen aus dem besetzten Warschau fliehen, entscheidet sie sich für das Gegenteil. Sie kehrt am 3. September 1939 bewusst in ihre Warschauer Wohnung zurück und beginnt, Tagebuch über ihre täglichen Eindrücke in der besetzten Stadt zu führen. Wiederholt besucht sie nun auch wieder das Landgut der Familie in Wielgolas, genießt die Ruhe, um zu schreiben, sich zu erholen. Die Aufzeichnungen in der vorliegenden deutschsprachigen Ausgabe beginnen am 10. August 1939 und enden mit einem letzten Eintrag am 29. Juni 1944. Aurelia Wyleżyńska erlebt die Vorbereitungen zum Warschauer Aufstand noch mit und stirbt am 3. August 1944 an einer Schussverletzung.
Umsetzung
Aurelia Wyleżyńska berichtet von ihren täglichen Spaziergängen und Streifzügen durch Warschau, erlebt die Entstehung des Warschauer Ghettos mit, die Verfolgung und Deportationen. Sie hilft, furchtlos, unermüdlich und wo sie kann, bleibt Anlaufstelle für alle, die Hilfe benötigen, stellt aber die wachsende Angst im Bekanntenkreis fest, wenn es darum geht, zu helfen und Menschen zu verstecken. Sie schreibt über ihre Erfahrungen und Eindrücke, beobachtet auch, wie sich die nicht-jüdische polnische Bevölkerung mit den Monaten verändert, den polnischen Antisemitismus, Denunziantentum und die gegenseitige Hetze. Immer wieder fragt sie sich, wie dieses Polen aussehen wird, wenn der Krieg zu Ende ist. Für Ereignisse, von denen sie gehört oder gelesen, die sie jedoch nicht selbst erlebt hat, verwendet sie bewusst so viele unterschiedliche Quellen wie möglich und spricht mit verschiedenen Personen.
Aurelia Wyleżyńska führt ihre Notizen und Aufzeichnungen handschriftlich und zunächst ungeordnet, um sie für mögliche spätere Artikel festzuhalten. Auch wenn ein Teil der Texte bereits mit der Schreibmaschine abgetippt wurde, hat sie eine Fülle von handschriftlichen Notizen und Artikeln hinterlassen, teilweise unleserlich. Die Aufzeichnungen mussten zunächst in mühevoller Kleinarbeit gesichtet, geordnet und, soweit möglich, in eine chronologische Reihenfolge gebracht werden. Die vorliegende, gekürzte Ausgabe ist eine Übersetzung auf Basis der 2022 erschienenen zweibändigen polnischen Ausgabe.
Fazit
Ein auf Grund der Authentizität der Berichte und Erfahrungen, der Einfühlsamkeit, der genauen Beobachtungsgabe und auch der sprachlichen Ausdruckskraft der Schriftstellerin und Reporterin Aurelia Wyleżyńska ein beeindruckendes, packendes Zeitdokument.
„Die Sprachlosigkeit liegt noch unter der Sprache, selbst wenn ein Text da ist. Die Sprachlosigkeit ist das Unbeschreibliche, und sie ist selbst Teil des Textes.“ (Zitat Pos. 93)
Inhalt
Die Schriftstellerin und Journalistin Ronya Othmann ist in Deutschland aufgewachsen, als Tochter eines êzîdischen Vaters und einer deutschen Mutter. Im August 2014 ist sie einundzwanzig Jahre alt, als sie vor dem Fernsehgerät sitzt und versucht, in Gedanken und Worte zu fassen, was an diesem 3. August 2014 in Shingal geschehen ist, der vierundsiebzigste Ferman, ein Massaker durch IS-Kämpfer an den andersgläubigen Jesiden. Menschen, die fliehen konnten, kommen in den Bergen von Shingal um, die Männer, die im Vertrauen auf ihre arabischen Nachbarn geblieben sind, werden getötet, junge Frauen und Kinder werden auf Sklavenmärkten verkauft. Nach und nach ergibt sich das Bild dieser Ereignisse und der Verbrechen während der Besatzungszeit durch den IS aus den vielen Gesprächen, die sie führt, Camps, die sie besucht, in denen auch Familien leben, die vor dem IS aus Shingal geflohen sind, Fragen, die sie stellt und die doch keine Fragen sind, als sie 2018 in den Irak fliegt und ihre Familie in Silêmanî in der Region Kurdistan besucht. Am ersten Oktober 2022 fliegt sie mit ihrem Vater wieder nach Erbil und gelangt auf abenteuerlichen Wegen von Bagdad über Mossul nach Shingal und damit findet dieser Roman ein formales Ende, auch wenn die Geschichte nicht abgeschlossen werden kann.
Thema und Genre
In dieser literarischen Form eines dokumentarischen Romans zwischen Fakten, Autobiografie, Erinnerungen und tagebuchartigen Aufzeichnungen geht es um den Genozid an den Jesiden, den Versuch, die Ereignisse in einen Text zu fassen, das unvorstellbare Leid, welches der IS über die Menschen in dieser Region gebracht hat und das sich für die Autorin nicht in Worte fassen lässt, aber auch um die karge Schönheit des Landes, um die gelebte Gastfreundschaft und darüber, was Familie bedeutet.
Erzählform und Sprache
Die Texte sind Fragmente, Ronya Othmann schreibt, fügt Worte zu Sätzen zusammen, die Gedanken und Eindrücke kommen und gehen. Wiederholt nähert sie sich und ihre Texte dem Jahr 2014 an, recherchiert in der Bibliothek, liest die Berichte, liest und hört ihre Aufzeichnungen, ergänzt mit ihren persönlichen Erinnerungen, nicht immer chronologisch, aber durch Jahreszahlen und Datumsangaben zuordenbar. Immer wieder die Frage an sich selbst als Schriftstellerin, wie sie über all das Unfassbare schreiben soll, das passiert ist. Sie bezweifelt das erzählerische „Ich“, da sie dies nicht persönlich erlebt hat, die Alltäglichkeiten, die sie beschreibt, eingebunden in die Texte über die Verbrechen an den Êzîden, über die sie aber schreiben muss, damit sie nicht vergessen werden. „Ich denke, dass eine Geschichte immer aus zweierlei besteht: dem, was erzählt wird, und dem, was unerzählt bleibt. Die verborgenen und aufklaffenden Lücken, nicht unter dem Text, sondern darin.“ (Zitat Pos. 5965)
Fazit
Vielfältig, literarisch ungewöhnlich, eine tief beeindruckende Leseerfahrung.
„Moni saß neben mir, nachdem sie ihre Ikea-Tasche in den Gang gestellt hatte. Daraus lugten ein kleiner, bunter Gummistiefel und mehrere Stangen Lauch hervor.“ (Zitat Pos. 91)
Inhalt
Semesterbeginn, die erste Vorlesung Analysis hat schon begonnen, als Moni Kosinsky in den Hörsaal kommt und sich auf den freien Sitz neben Oscar setzt. Oscar, Graf von Ebersdorff, ist erst sechzehn Jahre alt, hochbegabt und sagt immer, was er denkt, da soziales Verhalten und das Knüpfen von Kontakten definitiv kein Thema für den leicht autistischen Einzelgänger sind. Moni, dreiundfünfzig, als Großmutter von drei Enkeln und Inhaberin mehrerer Nebenjobs immer unter Zeitdruck, will sich endlich den Traum vom Mathematik-Studium erfüllen. Da sie in einigen Fächern Zweiergruppen bilden müssen, für Oscar ein notwendiges Übel, das er gerne umgangen hätte, denn „Gut bin ich selber“ (Zitat Pos.134) scheint ihm Moni die beste Lösung zu sein. Womit er Recht hat, denn bald stellt sich heraus, wie gut sie als Zweiergruppe auch die nicht immer einfachen Anforderungen des Alltags meistern.
Thema und Genre
In diesem Roman geht es um zwei Menschen aus unterschiedlichen Generationen und Gesellschaftsschichten, beide sind auf ihre Art Außenseiter. Themen sind Familie, Freundschaft, Vorurteile, Träume und Wünsche an das eigene Leben und natürlich die Mathematik.
Erzählform und Sprache
Oscar ist der Ich-Erzähler der Geschichte und schildert die Ereignisse chronologisch. Da er ein extrem guter Beobachter ist und gewohnt ist, alle Ereignisse, auch die alltäglichsten Kleinigkeiten, in seinen Gedanken genau zu analysieren, erfahren wir nicht nur viel über ihn selbst, sondern auch über Moni und deren Familie. Spannend sind Oscars innere Gedankenströme, denn so können wir besser nachvollziehen, wie einfach für ihn auch sehr komplexe mathematische Fragen zu lösen sind, aber wie herausfordernd es für ihn wird, wenn es um menschliches Miteinander und emotionale Empathie geht. Diese völlig gegensätzlichen Charaktere und ihr ebenso unterschiedliches persönliches Umfeld funktionieren großartig, füllen die Geschichte mit Leben und Spannung. Die mit der Handlung vernetzten mathematischen Themen werden interessant und allgemeinverständlich erklärt. Die Erzählsprache ist eine überzeugend ausgewogene Mischung zwischen einfühlsam, nachdenklich, frech und sehr witzig.
Fazit
Zwei liebenswerte Hauptfiguren und eine unterhaltsame, aber keineswegs triviale Geschichte, die man mit großem Vergnügen liest.
„Wir begruben unsere Lieben / unter einer dünnen Schicht Erde / in der Hoffnung / dass sie noch einmal nachwachsen.“ (Gedicht Aussaat, Seite 51)
Inhalt
Dies ist eine zweisprachige Ausgabe von Gedichten des syrisch-kurdischen Dichters und Journalisten Hussein Bin Hamza. Geboren in Al-Hasaka, Syrien, lebte er ab 1995 in Beirut, wo er als Schriftsteller, Literaturkritiker, Redakteur und Verlagsleiter tätig war und floh 2017 mit seiner Familie nach Deutschland. Dieser Gedichtband umfasst neunundfünfzig Gedichte, die eines gemeinsam haben: sie alle sind ab 2017 in Deutschland entstanden. „In Deutschland, wo ich seit 2017 lebe, fühle ich mich nicht wie einer, der nach langer Zeit wieder anfängt zu dichten, sondern wie einer, der zum ersten Mal schreibt. Hier in Deutschland wurde ich zu einem neuen Dichter.“ (Hussein Bin Hamza, Seite 88). Der Gedichtband schließt mit einem Nachwort des Schriftstellers und Dichters Michael Krüger.
Themen und Sprache
In einem Teil dieser Gedichte geht es um die Liebe, um Sehnsucht und um die Zerbrechlichkeit der Liebe. In dem Gedicht „Nach der Liebe“ stellt der Dichter fest, „Wenn wir lieben, hat die Poesie Pause“ (Seite 39), denn die richtig guten Gedichte entstehen erst, nachdem man verlassen wurde. Hussein Bin Hamza beobachtet aber auch erstaunt und skeptisch seine neue Heimat, seinen deutschen Nachbarn, die Natur, doch das Hauptthema dieser Texte sind Flucht, Fremde und vor allem Einsamkeit. „Ich kleidete meine Einsamkeit in einen Wollschal / gab ihr zwei dicke Handschuhe / und zerrte sie nach draußen“ (Zitat aus „Zwei Flecke“, Seite 70). Es ist die poetische Sprache, die, oft lyrisch-metaphorisch knapp, mit einer unglaublichen Intensität ihrer Worte Bilder malt, die sich sofort tief in unsere Gedanken und Gefühle prägen und die uns einzelne Sätze und Gedichte immer wieder lesen und mit neuen Facetten entdecken lässt.
Fazit
Es sind Gedichte, die ihren Gedanken- und Gefühlsreichtum oft in wenig Worte und kurze Sätze fassen, dies so poetisch leise und eindringlich, dass wir beim Lesen Tränen in den Augen, gleichzeitig aber ein Lächeln auf den Lippen spüren.
„Gute Literaturkritiker müssen genau wie gute Buchhändler und gute Bibliothekare auch über dieses intuitive Einschätzungsvermögen verfügen, welches Buch zu welcher Leserin, zu welchem Leser passt.“ (Zitat Seite 33)
Thema und Inhalt
Dieses Buch ist ein literarischer und zeitgeschichtlicher Rückblick auf die vergangenen zwanzig Jahre und zugleich eine fundierte Auseinandersetzung des Literaturkritikers Denis Scheck mit den monatlichen Spiegel-Bestsellerlisten Belletristik und Sachbuch.
Umsetzung
Schecks Bestsellerbibel beginnt treffend mit den zehn Geboten des Lesens, gefolgt von einem Vorwort, ein persönlicher literarischer Rückblick des Lesers Denis Scheck. Interessant ist die Liste der zehn meistverkauften Bücher aller Sprachen und Zeiten, erstellt im Jahr 2013, wobei alle religiösen Schriften und Comics ausgenommen wurden.
Daran schließt der Hauptteil dieses Buches an. Jeder große Abschnitt umfasst ein Jahr von 2023 bis 2003, und beginnt mit einem Essay zu einem bestimmten Thema. Weit gefächert geht es um Literaturkritiker, Bücher als mögliche Therapie, Leser und das Lesen.
Alle Artikel, einer pro Jahr, schließen mit einem kurzen Überblick über die wichtigsten Ereignisse des betreffenden Jahres, einer Aufstellung der Preisträger aller Literaturpreise, der im jeweiligen Jahr verstorbenen literarischen Persönlichkeiten und kurzen Statements von Denis Scheck zur Situation auf dem Büchermarkt.
Die detailliert besprochenen Spiegel-Bestsellerlisten beginnen mit der Sachbuch-Liste Februar 2023, der Belletristik-Liste März 2023 und schließen mit der Belletristik-Liste Juni 2003 und der Sachbuchliste November 2003 ab. Am Ende des Buches findet sich ein alphabetisches Namensregister alle genannten Autoren und Autorinnen.
Fazit
„Literatur ist Zauberei. Wortmagie. Für mich die größte Kunstleistung der Menschheit.“ (Zitat Seite 13) So ist auch dieses Buch eine magische, literarische Fundgrube mit vielen interessanten Informationen, eine kritische, und dennoch unterhaltsame, Auseinandersetzung mit dem wirtschaftlich erfolgreichen belletristischen Massenmarkt der letzten zwanzig Jahre. Man muss mit Denis Scheck nicht immer einer Meinung sein, entdeckt durch ihn aber auf jeden Fall Bücher für die persönliche Wunsch-Leseliste, die man in der Vielfalt des Buchmarktes übersehen hatte.
„Seit einem Jahr geistern Informationen über die Bildung einer vierten Generation der RAF durchs Darknet. Die Gruppe hat aus ihren Fehlern der Vergangenheit gelernt und formiert sich gerade still und heimlich und völlig anonym.“ (Zitat Seite 40)
Inhalt
Dr. Paul Conrad hat Soziologie, Psychologie und Philosophie studiert und der ehemalige Universitätsprofessor ist dem BND als Sympathisant der RAF-Nachfolger bekannt. Jetzt, in dieser Gewitternacht auf Sonntag 19. Mai stellt er plötzlich fest, dass alle seine Konten gesperrt sind. Ein Blitz erhellt das Heck eines Wagens, Kennzeichen WI, hinter einer Hecke auf dem Nachbargrundstück und Dr. Paul Conrad startet eine Reihe von blitzschnellen Aktionen. So gelingt es ihm, einem Spezialeinsatzkommando der BKA-Ermittler zu entkommen und damit verliert Maarten S. Sneijder die bisher wichtigste Spur zu der neuen RAF-Terrorgruppe Vierte Generation, deren erster Anschlag erst der Beginn einer geplanten großen Anschlagserie ist. Warum aber hält Dr. Paul Conrad unter dem Alias Ron D. Pacula Seminare für positives Denken ab, wie passt das zu einem RAF-Terroristen. Die Zeit drängt, Maarten S. Sneijder hat eine Idee, die ihn und sein Team in ein Luxusressort auf Mallorca führt.
Thema und Genre
In diesem achten Band der Thrillerserie um die BKA-Ermittler Maarten S. Sneijder und Sabine Nemez geht es um eine drohende Serie von Großanschlägen einer neuen RAF-Terrorgruppe und um eine spezielle Idee, an persönliche Daten zu kommen. Im Mittelpunkt der Ermittlungen stehen auch diesmal wieder eigenwillige Profiler Maarten S. Sneijder und sein erfolgreiches Ermittlungsteam.
Erzählform und Sprache
Die rasante Handlung findet auch diesmal in einem straffen Zeitrahmen von nur einer Woche statt, mit einem kurzen Epilog eine Woche danach, und spielt in der aktuellen Zeit. Es sind zwei parallel verkaufende Fälle, die abwechselnd in neun Teilen, jeweils mit Tag und Datum versehen, und insgesamt 106 Kapiteln geschildert werden. Diese Form des Erzählens macht die Geschichte packend und enthüllt gleichzeitig viele kleine Details, die sich langsam immer mehr zu einem Ganzen fügen. Die Ereignisse sind nachvollziehbar, die einzelnen Figuren sind auch in diesem neuen, achten Fall des Ermittlerteams, interessant und stimmig charakterisiert, auch die persönliche Entwicklung entspricht der Realität des Lebens. Die Sprache passt perfekt ins Genre.
Fazit
Auch dieser achte Band um den eigenwilligen, erfolgreichen niederländischen Profiler und forensischen Kripopsychologen Maarten S. Sneijder überzeugt durch aktuelle Themen, eine präzise durchdachte Geschichte, facettenreiche Figuren und Spannung. Es empfiehlt sich, mit dem Lesen an einem Samstag zu beginnen, denn eine „durchlesene“ lange Nacht ist mit diesem Page-Turner garantiert.
„Und so kam es also, dass ich jenen Artikel las, an dem mich ein ganz bestimmtes Detail interessierte, nämlich das Datum des darin geschilderten Vorfalls.“ (Zitat Seite 65)
Inhalt
Die junge Ich-Erzählerin hat gerade einen neuen Job begonnen und ist auch in eine neue Wohnung gezogen. An die Checkpoints und Kontrollen durch Militärstreifen hat sie sich längst gewöhnt, daher wäre die Geschichte, die sie zufällig in der Zeitung liest, trotz der Tragik für sie nichts Außergewöhnliches gewesen. Was ihr jedoch sofort auffällt, ist das Datum, der 13. August 1949, an dem sechs Schüsse das Leben eines Beduinenmädchen gewaltsam beendet haben, denn am 13. August, genau fünfundzwanzig Jahre später, wurde sie geboren. Da sie generell unfähig ist, Grenzen zu erkennen, ist ihr sofort klar, dass sie wegen dieses besonderen Datums wieder einmal Grenzen überschreiten wird, denn sie will wissen, was damals wirklich geschehen ist und macht sich auf die Suche nach der Wahrheit hinter der Geschichte des Mädchens.
Thema und Genre
Dieser Roman greift zeitlos brisante Themen auf, Gewalt an Frauen in Kriegszeiten, kriegerische Auseinandersetzungen, Einengung durch Kontrollpunkte und Gebietsgrenzen, Alltagsleben zwischen Palästina und Israel. Vor allem geht es um die Möglichkeiten des erzählenden Schreibens, um Wahrheit und Medienethik, besonders in der Kriegsberichterstattung.
Erzählform und Sprache
Adania Shibli erzählt diese Geschichte in zwei Teilen und wählt dafür auch zwei unterschiedlichen Erzählformen. Im ersten Teil berichtet ein auktorialer Erzähler über eine zur Grenzsicherung eingeteilte Einheit israelischer Soldaten am Rande der Negev-Wüste und den Ablauf der Ereignisse zwischen dem 9. und 13. August 1949. Im zweiten Teil beginnt eine junge Ich-Erzählerin, deren Namen wir nicht kennen, auf Grund eines Zeitungsartikels mit eigenen Nachforschungen, die sie bis an den Ort des damaligen Geschehens führen.
Trotz oder gerade wegen der für einen Roman relativ wenig Seiten ist dies eine Geschichte von hoher sprachlicher und inhaltlicher Dichte. Spannend sind auch besondere Parallelen, die nur wir Leser erkennen, da die Ich-Erzählerin gewöhnt ist, auf Details zu achten und diese in ihrer Schilderung auch immer wieder erwähnt. Die Sprache ist einfühlsam, poetisch und die Ich-Erzählerin überzeugend authentisch.
Fazit
Eine beeindruckende, auch in der Erzählform intensive Geschichte, in der es um wesentlich mehr geht, als das Einzelschicksal eines bis heute unbekannten Beduinenmädchens. Dieser Roman ist keine Nebensache, fiktiv an keine Grenzen gebunden, zeigt er die Auswirkungen von kriegerischen Auseinandersetzungen und Gewalt auf und regt zum Nachdenken an.
„Nur nicht an das Orgelspielen und die Musik denken. Das war nichts, womit sich ein Essen auf den Tisch stellen oder ein Mann finden ließ.“ (Zitat Seite 62)
Inhalt
Es sind die Arbeit und die Verantwortung für das familieneigene Gasthaus in einem Kärntner Dorf, welche das Leben der beiden Frauen, Johanna und Marianne, ihre Tochter, prägen. Sowohl die hochbegabte Johanna mit ihrer Liebe zur Musik und zu den Tasteninstrumenten, als auch Marianne mit ihrer Affinität für Zahlen und Mathematik, haben keine Chance, ihre Träume und Wünsche an das Leben verwirklichen zu können. Mariannes Tochter, die junge, rebellische Getrud „Trudi“, schämt sich für ihr Zuhause in diesem in die Jahre gekommenen Familiengasthof und plant, dieses sofort nach der Matura verlassen, nach Wien zu gehen und dort zu studieren. Dieser Wunsch kann sich erfüllen, denn ihr älterer Bruder Thomas studiert bereits, nicht jedoch ihr Traum von einer Fußball-Karriere als Mädchen in diesen frühen 1990er Jahren. Noch aber lebt Trudi bei ihrer altmodischen, verschlossenen Großmutter Johanna und ihrer Mutter Marianne, die auf Grund der Arbeit im Gasthaus kaum Zeit für sie hat, und versucht, sich in dem eigenartigen, komplizierten Gefüge der Generationen ihrer Familie zurechtzufinden. „Kann mir irgendwer irgendwas erklären?“ (Zitat Seite 309)
Thema und Genre
In diesem Familien- und Generationenroman geht es um traditionelle Rollen der Frau, Gehorsam und Pflichtgefühl. Diese starren Gefüge lassen keine Veränderungen und schon gar kein Ausbrechen zu, Begabungen und eigene Lebensträume sind unerfüllbare Wünsche, geopfert der Verantwortung für die Familie.
Erzählform und Sprache
Die Geschichte erstreckt sich über die Jahre 1936 bis 2022 und ist in Kapitel eingeteilt, wobei jeweils eine der drei Frauen, Johanna, Marianne oder Gertrud, im personalen Mittelpunkt steht. Die einzelnen Erzählstränge der drei Hauptfiguren verlaufen in sich chronologisch, jedes Kapitel trägt als Überschrift den entsprechenden Namen und die Jahreszahl. Dadurch ergibt sich eine vielschichtige Handlung, sehr klar strukturiert und nachvollziehbar. Gleichzeitig wird die Geschichte dadurch packend, da sich Details, die wir als Leser bereits aus den Schilderungen der Geschehnisse in Johannas Vergangenheit kennen und über die in der Familie geschwiegen wird, für Marianne und Getrud erst viel später durch Antworten auf ihre Fragen zumindest teilweise enthüllen. Doch wichtige Ereignisse, besonders in Johannas Leben, bleiben ungesagt, dadurch können wir Johannas Verhalten besser verstehen, als ihre Tochter und Enkelin. Die Autorin verändert auch ihre Erzählsprache passend zur jeweiligen Zeit und Figur. So sehen wir mit Johannas Augen die Großstadt Wien im Jahr 1938, wo sie eine Stelle als Dienstmädchen antritt, und Trudi, oder wie sie genannt werden will, Geri, wird 1994 durch ihre Sprache sofort zur erfrischend unangepassten Jugendlichen, die sie ja auch ist.
Fazit
Eine facettenreiche Familien- und Generationengeschichte, in deren Mittelpunkt drei Frauen stehen, von denen jede auf ihre Art besonders ist, die sich jedoch auf Grund des Umfeldes und der Lebensumstände nicht so entfalten können, wie es ihren Begabungen und Wünschen entspricht. Skurrile Momente und die genaue, aber dennoch einfühlsame, liebevolle Zuwendung, mit der die Autorin auf ihre Figuren blickt, machen diese Geschichte zu einem überzeugenden Leseerlebnis.
„Ich war lange Zeit nicht mehr in der Villa Sternbald gewesen, aber ich hatte sie mir oft vergegenwärtigt, als müsste mir die Erinnerung etwas zeigen, das bisher verborgen gewesen ist.“ (Zitat Seite 7)
Inhalt
Seit Generationen stellt das Familienunternehmen Finck Schulmöbel her. Gegründet von Ferdinand „Ferry“ Heinrich Finck, ging es auf seinen Sohn Johann „Jean“ Finck über, obwohl dieser viel lieber Insektenforscher geworden wäre. Jeans Sohn Heinrich „Henry“ jedoch ist der geborene Unternehmer. Die Beziehungen der jeweiligen Söhne zu ihren Vätern ist in dieser Familie immer problematisch, es sind die Großväter, die sich um die Enkel kümmern. Daher entscheidet sich der schon als Junge phantasievolle Drehbuchautor Nikolas Finck, der vor vielen Jahren den Familiensitz, die Villa Sternbald, verlassen und seither nicht mehr betreten hat, nun doch an den Ort seiner Kindheit zurückzukehren, zum 103. Geburtstag seines Großvaters Henry. Obwohl es das Verhalten und die Entscheidungen seines Großvaters waren, die dazu geführt hatten, dass es zum Bruch kam, als Nikolas ein Jugendlicher war, der viele Fragen stellte, Fragen, die nicht oder ausweichend beantwortet wurden. Konkret ging es um die Übernahme des Unternehmens der Familie Stein, das ebenfalls Schulmöbel herstellte, im Jahr 1935. Aus den geplanten Tagen werden Wochen und Monate, in denen Nikolas in die Vergangenheit der Familie, in die Familiengeheimnisse und in seine eigenen Erinnerungen eintaucht. „Ist es, dachte ich, das Gedächtnis, das die Sanduhr umdreht und die Zeit immer wieder verrieseln lässt?“ (Zitat Seite 53)
Thema und Genre
In diesem deutschen Generationen- und Familienroman, geht es um Familiengefüge, Familiengeheimnisse, Halbwahrheiten, Erinnerungen, Kindheit, Erziehung, Gesellschaftsnormen, Philosophie, Religion, Konflikte und Gefühle – und Insekten in vielen Varianten. Ein wichtiges Kernthema ist das Verhalten der Familie während der Jahre des Nationalsozialismus.
Erzählform und Sprache
Monika Zeiner passt die gewählte Erzählform dieses Romans, der aus aneinandergereihten Episoden besteht, den Personen an, Nikolas Finck, die Hauptfigur, ist der Ich-Erzähler in der aktuellen Zeit. Die Geschichte seines Großvaters, Urgroßvaters, Ururgroßvaters wird in der personalen Form geschildert, mit jeweils einer der Figuren im Mittelpunkt. Die Rahmenhandlung, der Besuch von Nikolas in seinem Elternhaus, verläuft chronologisch, wird jedoch von eigenen Erinnerungen an seine Kindheit und Jugend, und von den zahlreichen Episoden aus dem Leben seiner Vorfahren unterbrochen. Die Erzählform ordnet die Handlung den Figuren und Anliegen unter, schildert nicht so sehr die Ereignisse, sondern vielmehr die Hintergründe, Konflikte und Befindlichkeiten der einzelnen Figuren, wodurch sich neben Dialogen, die nicht unbedingt mit einem realen Gegenüber geführt werden, es kann auch Gisberta, eine tote Feuerwanze sein, viele innere Monologe und Gedankenströme ergeben. Die Kernthemen der Autorin, Familiengefüge, Väter und Söhne, fehlende Mütter, Literaturverweise, Philosophische Abhandlungen, Religion, Kindheit und Erziehung im Wandel der Zeit, die Deutschen während der Zeit des Nationalsozialismus, ergänzt durch umfassendes Wissen über Insekten, füllen die Seiten. Sprachlich hat mich dieser Roman sehr angesprochen, die gekonnten Sätze, Formulierungen und die brillanten Vergleiche machen Freude beim Lesen.
Fazit
„Von fließender Zeit kann in der Villa Sternbald keine Rede sein. Sie hat es nicht eilig, sie hat sich hier eingerichtet wie die Schnecke in ihrem Haus.“ (Zitat Seite 345)
Diese Aussage beschreibt meiner Meinung nach auch perfekt den vorliegenden Roman, eine Geschichte, die sich breit und behäbig fließend statt packend über sechshundertfünfzig Seiten ergießt. Für mich nicht das richtige Buch, andere Leser begeistert es, wie die positiven Fachbewertungen zeigen.
„Sie war nicht einfach nur verliebt in diesen Mann, und ich habe erst später Worte dafür gefunden: Mit ihm glaubte sie in den Himmel aufzusteigen und alles darunter überließ sie der Hölle.“ (Zitat Pos. 1552)
Inhalt
1919 ist Hans Kesselbach zwölf Jahre alt, als er von seinem gleichaltrigen Schulfreund Hellmut Quandt in die Villa der Industriellenfamilie eingeladen wird und dessen Stiefmutter kennenlernt. Magda Quandt ist damals erst neunzehn Jahre alt, und obwohl Hans heimlich in Hellmut verliebt ist, beeindruckt ihn auch dessen junge, schöne Mutter. Als er diese nach beinahe zehn Jahren auf Grund eines schweren persönlichen Verlustes, der sie beide betrifft, wieder besucht, beginnen sie eine Affäre. Zwischen Hans und Magda entsteht eine Verbindung, die trotz aller Konflikte auch bestehen bleibt, als aus Magda Quandt Frau Magda Goebbels geworden ist und Hans diese Verbindung und die völlig veränderte Magda nicht verstehen kann. Hans verlässt Deutschland im Herbst 1938 und ist als deutscher Diplomat im Mailänder Generalkonsulat tätig. Er passt sich an, ist vorsichtig und versucht, sie möglichst unauffällig zu verhalten. „Weniges wollen wir so sehr wie betrogen werden, und Meisterschaft bedeutet ja nichts anderes, als zu wissen, wie man täuscht.“ (Zitat Pos. 2362)
Thema und Genre
Im Mittelpunkt dieses Roman, Fiktion mit zeitgeschichtlichem Hintergrund, stehen die Menschen, Familiengefüge, Konflikte, zwischenmenschliche Beziehungen, Freundschaft und die Facetten der Liebe. Die Kernthemen persönliche Entscheidungen, die Möglichkeit, dass eine andere Wahl des Lebensweges das gesamte nachfolgende Leben vielleicht hätte verändern können, Schuld, Mitschuld und Mitwissen ziehen sich durch den gesamten Roman. „Es war ja nicht so, dass wir nichts sahen oder hörten oder wussten.“ (Zitat Pos. 1923)
Erzählform und Sprache
Die Handlung dieser Geschichte umfasst die Jahre 1919 bis 1945, doch es geht nicht um historisch bekannte Ereignisse und Fakten, sondern Nora Bossong will mit diesem Roman die Entwicklungen dieser Jahre aus der Sicht der Menschen, besonders ihrer beiden Hauptfiguren Hans und Magda, nachvollziehen und legt ihren präzise beobachtenden Blick auf die persönliche Haltung der Menschen. Magda Goebbels aus unterschiedlichen, nuancierten Blickwinkeln darzustellen, nahe an den bekannten Fakten, aber mit erzählerischer Freiheit, die sich aus einigen vagen Einträgen in Goebbels privaten Tagebüchern ergab, wonach Magda bereits während ihrer Ehe mit Quandt eine Affäre mit einem jungen Studenten hatte und diese Beziehung weiterführte, als sie bereits mit Joseph Goebbels zusammen war. Daraus entstand die fiktive Figur Hans Kesselbach, der die Ereignisse als Ich-Erzähler schildert, ergänzt durch seine Erinnerungen, seine Beobachtungen und die eigenen Gedanken, mit denen er sein Verhalten und auch das seiner Umgebung hinterfragt und die Entscheidungen, die sie treffen. Somit ist er die eigentliche Hauptfigur dieses Romans. Die Handlung verläuft chronologisch und die einzelnen Kapitel sind in übergeordneten Abschnitten zusammengefasst, die den jeweiligen Zeitrahmen angeben und die teilweise einige Jahre überspringen, da es kein historischer Roman ist. Auch die nachdenkliche, präzise Sprache, mit der Nora Bossong auf ihre Figuren blickt und ihnen folgt, ist interessant und packend zu lesen.
Fazit
Ein sehr kluger, vielschichtiger und auf Grund der Erzählform und der Figuren überzeugender Roman zwischen Fakten und Fiktion, in dessen Mittelpunkt die Menschen stehen, ihr Verhalten und die Entscheidungen, die sie treffen. Die Konflikte, Fragenstellungen und Themen sind gerade heute wieder von brisanter Aktualität und regen zum weiteren Nachdenken an. „ … und man entkommt nicht der Geschichte, die man selbst schreibt.“ (Pos. 3231)
„Tauben stammen von Raben ab. Aber die Tauben lieben die Sanftmut und die Unterwürfigkeit, während die Raben die Rebellion und die Weisheit lieben, weil sie klüger sind und einen reineren Geist haben.“ (Zitat Seite 17, 18)
Inhalt
Der Sudanese Ahmad Al-Nur, genannt Nuri, hatte an der Universität in Khartum Maschinenbau studiert, doch in Europa werden seine Zeugnisse nicht anerkannt. Als sein Asylantrag in Paris angenommen wird, macht er sich als Schrotthändler selbstständig und seine Geschäftsreisen führen ihn durch ganz Europa. Adam Inglitz dagegen, Nuris bester Freund aus Jugendtagen, mit dem er gemeinsam die Fluchtwege quer durch Europa bis nach Calais gemeistert hatte, will nur eines, heimlich nach Großbritannien übersetzen, an der Universität Oxford studieren und anschließend dort Universitätsprofessor werden. Ihre Wege trennen sich. Nun trifft Al-Nur auf einer Dienstreise in Graz ein und sieht dort auf dem Hauptbahnhof zufällig seinen Freund Adam Inglitz nach zwei Jahren wieder, dünn, sichtbar gealtert, bettelnd. Adam scheint ihn nicht wiederzuerkennen und läuft weg. Nuri versucht, seinen Freund zu finden.
Thema und Genre
In diesem Roman geht es um Flucht, das Leben der Migranten im Untergrund, um Fluchtrouten, Schleuser, Asylgesetze, die Dublin-Verordnung, aber auch um Zusammenhalt und Freundschaft. Im Mittelpunkt stehen die Menschen mit ihren Träumen, Hoffnungen, mutigen Entscheidungen, aber auch Entbehrungen und Verzweiflung.
Erzählform und Sprache
Zu Beginn der Geschichte schildert Al-Nur als Ich-Erzähler das Wiedersehen mit Adam Inglitz, ergänzt durch viele Erinnerungen an die gemeinsame Zeit im heimatlichen Dorf und am Gymnasium. Er erinnert sich an prägende Episoden auf ihrer Fluchtroute, die Gefahren und die erste Zeit in Europa. Die Ich-Perspektive bleibt, doch es sind nun unterschiedliche Personen, die jeweils ihren Teil der Geschichte, ihre eigenen Erinnerungen und persönlichen Erlebnisse mit Adam Inglitz erzählen, in denen auch die Liebe einen Platz hat. So ergibt sich ein eindrückliches, vielschichtiges Gesamtbild, ein besonderer Blick auf einen besonderen Menschen, geschrieben in einer präzise beobachtenden und gleichzeitig sehr poetischen Sprache.
Fazit
Eine einfühlsame Geschichte über die harte Realität der Migration und des illegalen Lebens ohne Aufenthaltsstatus, aber auch über Hoffnungen, Träume, Freundschaft und Liebe. „Ohne ihn hätte der Dschungel mich umgebracht, die Hoffnungslosigkeit des Dschungels, seine salzige Luft und seine giftigen Winde.“ (Zitat Seite 131)
„Handlung ist das, was in einer Geschichte passiert – nicht Sprache, nicht Form, nicht Gestaltung, sondern das, was tatsächlich vor sich geht. Handlung ist also das in der Literatur, was selbst nicht Literatur ist.“ (Zitat Pos. 83)
Thema und Inhalt
Dieses Buch ist das sechste Buch aus der Serie „Bücher meines Lebens“, herausgegeben von Volker Weidermann. Daniel Kehlmann schreibt über den österreichischen Schriftsteller Leo Perutz, der ihn begeistert und geprägt hat. Im Vorwort, verfasst von Volker Weidermann, erfahren wir, dass Daniel Kehlmann in seinem Roman „Ruhm“ einer seiner Figuren bewusst den Namen Leo gegeben hat und diesen Roman in der Form des Werkes „Nachts unter der steinernen Brücke“ von Leo Perutz verfasst hat.
Umsetzung
Leo Perutz wollte nicht durch die Biografie seines Lebens bekannt sein, sondern durch sein literarisches Werk. Dieser Einstellung folgt Daniel Kehlmann auch in diesem Buch. In neun Kapiteln bringt er uns Leo Perutz über vier seiner Romane wie „Der schwedische Reiter“ und vor allem „Nachts unter der steinernen Brücke“ näher, ein Roman, den Daniel Kehlmann als metaphysisches Puzzle bezeichnet. Daniel Kehlmann schildert, wie Leo Perutz an den einzelnen Romanen gearbeitet hat, definiert dessen Herangehensweise an die Stoffe, Handlung, Erzählformen und sprachliche Umsetzung. Punktuelle Besprechungen und Erläuterungen der Inhalte werden durch kurze Auszüge präzisiert und ergänzt. Eine Aufstellung der Lebensdaten von Leo Perutz, das Quellenverzeichnis und die Angaben zu den Fußnoten im Text finden sich am Ende dieses Buches.
Fazit
Ein Schriftsteller schreibt über einen Schriftsteller. Dies bedeutet nicht nur viel interessantes, neues Wissen, das dazu anregt, die Romane von Leo Perutz zu lesen, sondern auch sprachliches Lesevergnügen.
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